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Das Komplott der Senatoren (German Edition)

Das Komplott der Senatoren (German Edition)

Titel: Das Komplott der Senatoren (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansjörg Anderegg
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mit stechendem Blick. »Was tun Sie dann hier?«
     
    »Ich – suche Rajiv, den Bauführer.«
     
    »Rajiv, ha!« Das Männchen spuckte verächtlich auf den Boden. »Bauführer, dass ich nicht lache.«
     
    »Kennen Sie ihn denn?«
     
    Der Alte schaute kopfschüttelnd zu ihm auf, als hätte er den Verstand verloren. »Was glauben Sie, warum ich hier bin? Um zuzuschauen?« Prustend stieß er die Luft aus, dermaßen e n trüstete ihn diese Vorstellung. »Arbeiten tu ich hier. Arbeiten natürlich! Aber Ihr Rajiv, der feine Herr, hat ja seit zwei Wochen keine Arbeit mehr für u n sereinen, und jetzt sind sie ganz verschwunden. Wovon soll ich noch leben? Können Sie mir das sagen, junger Mann?« Wollte der Sonderling einfach Geld von ihm? Sayed glaubte es nicht. Er war kein Bettler.
     
    »Seit wann steht denn die Baustelle still?«, fragte er, um vom heiklen Thema abzulenken. Die Antwort kam wie aus der Pistole geschossen:
     
    »Seit letzten Donnerstag, zwölf Uhr mittags.«
     
    »Wissen Sie warum?«
     
    Das Gesicht des Alten verzog sich zu einer Grimasse unendlichen Abscheus. »Keine Ahnung, mir sagt man ja nichts.« Wieder spuckte er auf den Boden. »Rajiv macht nicht einmal die Tür auf, wenn ich klopfe.«
     
    Sayed horchte auf:
     
    »Sie wissen, wo er wohnt?«
     
    »Klar, nicht weit von hier, aber er macht nicht auf.«
     
    »Können Sie mich hinführen? Ich bezahle gut.«
     
    So könnte er dem Mann ein wenig unter die Arme greifen, ohne seinen Stolz zu ve r letzen. Erst musterte ihn der Alte misstrauisch, doch dann wandte er sich um und sagte: »Kommen Sie.«
     
    Ein paar Straßenzüge weiter betrat er eine Gasse, deren eine Seite schäbige Holzschuppen bildeten, hin und wieder überragt von den staubigen Kronen der Kokospalmen. Die Seite gegenüber gehörte in eine vollkommen andere Welt. Schmucke, zweistöckige Wohnhäuser reihten sich hier aneinander, frisch verputzt, wie es schien, mit grünen Fensterläden, bunten Fähnchen und Blumen neben den Eingängen.
     
    »Das ist sein Auto«, rief der Alte und zeigte heftig gestikulierend auf den einzigen Wagen in der Gasse.
     
    »O. K. Sie lassen mich jetzt besser allein mit ihm sprechen. Vielen Dank.« Er gab dem Mann den versprochenen Lohn und wartete, bis er sich entfernt hatte.
     
    Die Klingel schien nicht zu funktionieren. Jedenfalls rührte sich nichts im Haus, bis er lau t stark an die Tür klopfte. Er hörte Schritte und sah, wie sich der Vorhang hinter einem der Fenster bewegte.
     
    »Rajiv, ich bin’s, Sayed. Mach bitte auf, ich muss unbedingt mit dir reden!« Es da u erte ein paar Sekunden, bis jemand den Schlüssel drehte und die Tür einen Spalt au f stieß.
     
    »Bist du allein?«, fragte Rajiv ängstlich, bevor er ihn einließ. Misstrauisch überprüfte er das Treiben auf der Gasse, dann schloss er die Tür schnell wieder und verriegelte sie.
     
    »Ist alles in Ordnung?«
     

»Ja – ja – woher hast du überhaupt meine Adresse?«
     
    »Es gibt Adressbücher«, log Sayed. Der Vorarbeiter hatte Angst, das war ihm deu t lich anzusehen. »Ich komme gerade von der Baustelle«, sagte er vorsichtig.
     
    »Und, warum bist du hier?«
     
    »Du warst nicht da.«
     
    Rajiv senkte den Blick und schwieg.
     
    »Was ist passiert?«
     
    »Nichts ist passiert. Man hat unsere Leute für dringendere Arbeiten gebraucht. Das ist alles.«
     
    »Dringender als genügend sauberes Trinkwasser?« Die Skepsis stand ihm wohl ins Gesicht geschrieben, denn Rajiv entgegnete trotzig:
     
    »Darum geht es ja. Man hat eine Bande von Wasserdieben entdeckt, die Leitungen angezapft haben. Die müssen jetzt dringend geflickt werden.«
     
    Sayed hatte von dieser Art Piraterie gehört, doch Rajivs Tonfall klang alles andere als übe r zeugend.
     
    »Und warum hockst du hier zu Hause und drehst Däumchen?«
     
    Mit dieser naheliegenden Frage hatte sein Gegenüber offensichtlich nicht gerechnet. Statt zu antworten, wies er seinen kleinen Jungen aus dem Zimmer, der den Fremden neugierig bestaunte. Etwas stimmte hier nicht. Er blickte den Vorarbeiter nachden k lich an, während er auf ihn einredete: »Diese Zuleitung ist nicht nur für uns wichtig, sondern vor allem für die Leute, die hier wohnen. Das weißt du, Rajiv. Warum sagst du mir nicht einfach, was wirklich los ist?«
     
    Der Kleine steckte nochmals den Kopf zur Tür herein.
     
    »Bleib draußen! «, herrschte Rajiv ihn an, »Papa kommt gleich.« Er fragte lange stumm seine Fingernägel um Rat, dann endlich

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