Das Komplott der Senatoren (German Edition)
hinaus.
Sie beugte sich verdrossen wieder über den Entwurf ihrer Rede, doch das Läuten des Tel e fons unterbrach sie noch vor der ersten Korrektur. Verärgert hob sie den Hörer ab und schnauzte: »Ich sagte doch, ich will nicht gestört werden!«
»Entschuldigen Sie, Governor«, antwortete ihre Sekretärin schüchtern. »Aber es scheint eine dringende persönliche Angelegenheit zu sein, Ihre Schwester.«
»Geben Sie sie mir.« Es knackte in der Leitung, doch niemand meldete sich. »Marcia, bist du das? Wie geht es dir, was ist los?« Statt einer Antwort hörte sie, wie ihre Schwester jämme r lich zu weinen begann. Es dauerte lange, bis sie das Schluchzen einigermaßen unter Kontrolle brachte und zu erzählen begann. Es war ihre Tochter, die letzte Nacht auf dem Hof der Moynihans verbrachte und nun nie mehr nach Hause zurückkehren würde. Sie war zusammen mit ihrer Freundin am frühen Morgen ve r brannt.
Lucy sah und hörte nicht mehr, was der Sender berichtete, die Rede blieb unkorrigiert vor ihr liegen. Der Anruf hatte sie völlig aus der Bahn geworfen. Den Kopf in die Hände gestützt saß sie weinend am Schreibtisch, als ihr Gatte den Kopf zur Tür hereinstreckte. Sie wehrte sich nicht gegen seine Umarmung, obwohl sie beide längst jeden Körperkontakt mieden.
»Furchtbar«, murmelte er. »Und ausgerechnet jetzt ist da draußen die Hölle los.«
»Einzelschicksal hab ich es genannt«, seufzte sie tonlos.
»Ist es, Darling, ist es, aber – furchtbar.« Auch dem gewieften Anwalt fehlten die Worte. Sie richtete sich auf, trocknete die Tränen mit dem Taschentuch, das er ihr reichte und sagte:
»Ich muss weitermachen. Die Rede vorbereiten. Und ich habe immer noch keine A h nung, was ich diesen Leuten versprechen soll. Sie brauchen billiges Wasser, das es nicht mehr gibt.«
Ein leises Lächeln erschien auf seinem Gesicht, als er antwortete: »Wasser gibt es schon, das weißt du. Vielleicht solltet ihr doch einmal mit den Spezialisten reden.«
»Mamot?« Er zuckte die Achseln, dann sagte er beiläufig:
»Sie sind groß in Nevada. Du weißt, ich habe gute Kontakte.« Sie blickte ihn nac h denklich an. Sie war unendlich müde, ausgepumpt, ergriff jeden halbwegs erfolgve r sprechenden Re t tungsanker, den man ihr zuwarf.
»Meinetwegen, zieh deine Strippen, aber diskret, wenn’s geht.«
Business District, Washington DC
Sie konnte immer noch nicht glauben, dass man auf sie geschossen hatte. Marion L e grand, die biedere Anwältin aus Washington, im nächtlichen Kugelhagel. Ein Al p traum, der ihr vor allem deshalb nicht mehr aus dem Kopf ging, weil sie ihn liebte. Wie sonst sollte sie die b e hagliche Wärme erklären, die sie jedes Mal durchfloss, wenn sie an ihr Abenteuer im Hinte r land von Fountain Hills dachte? Ein wenig Stolz schwang sicher auch mit, denn ohne ihr beherztes Eingreifen hätte die Sache schlimm enden können. Das musste auch ihr überdrehter Mandant einsehen, wenn er ehrlich war. Sie hatte diesen Lee O’Sullivan gründlich falsch eingeschätzt. Vielleicht lag das an ihrer besonderen Gabe, das andere Geschlecht grundsätzlich nicht zu verstehen, vielleicht war es auch einfach Lees Arroganz, die ihr a n fänglich auf die Nerven ging. Jedenfalls kannte sie jetzt auch einige seiner anderen Seiten. Er konnte Gefühle ze i gen, sich freuen, witzig sein. Wie er sie mir nichts, dir nichts in die Arme geschlossen und beruhigt hatte, war stark. Dieser Lee nahm schon beinahe menschliche Züge an. Vorsicht, Mädchen, nicht übertreiben.
»Marion, können wir?«, holte sie die Stimme des Trainers aus ihren Gedanken.
»Sicher.«
»Dann solltest du auf die Matte kommen«, lächelte Dennis. Er schwebte offe n sichtlich auf Wolke sieben, denn sie hatte seit langem wieder einmal eine Do p pelstunde gebucht. Au f frischen ihrer Judokünste wäre gut investiertes Geld unter den aktuellen Umständen, hatte sie beschlossen. Und da er immerhin den Yon-dan, den zweithöchsten schwarzen Gürtel trug, konnte sie in dieser Hinsicht einiges von ihrem entzückten Trainer lernen. »Alles klar?«, strahlte er, als sie sich gegenüberstanden. »Wir machen es wie besprochen. Ich greife dich frontal an und du zeigst mir, was du noch nicht vergessen hast, O. K.?« Sie nickte und ve r suchte locker zu bleiben.
Er machte einen Ausfallschritt und packte sie am linken Oberarm. Sie sah plötzlich das hässliche Gesicht des schießwütigen
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