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Das Komplott der Senatoren (German Edition)

Das Komplott der Senatoren (German Edition)

Titel: Das Komplott der Senatoren (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansjörg Anderegg
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sie.
     
    »Mein Gott, bist du O. K.?« Sie antwortete nicht, rieb sich benommen den Kopf.
     
    »Blut – Scheißvieh«, schimpfte sie schließlich. Er hielt ihr ein Taschentuch hin und half ihr auf die Beine.
     
    »Geht’s wieder?«
     
    »Wunderbar«, sagte sie und wankte weiter.
     
    Der Inspektor stand oben an der Treppe, vor einer Mauer. Nur durch einen Spalt an der Decke, zu schmal um hindurchzukriechen, strömte modrige Luft in den Tunnel. Hinter der Öffnung flackerte das Licht, das ihnen den Weg gewiesen hatte. Sie hörten gedämpfte Sti m men und das klappernde Geräusch von Absätzen auf Steinplatten. Aber die Mauer verwehrte ihnen den Zugang zum belebten Raum. Lee unterdrückte einen Fluch. Er wagte seine Mita r beiterin nicht anzusehen, während er sich an ihr vorbei zwängte. Die Mauer machte einen soliden Eindruck. Trotzdem rüttelte er an einem der Steine und zuckte erschrocken zurück, als er sich bewegte.
     
    »Achtung, vielleicht können wir das Loch vergrößern«, rief er erregt. Er stieß den Block mit aller Kraft nach hinten. Wieder bewegte er sich ein paar Zentimeter. Der schwere Stein po l terte erst mit lautem Krach auf der anderen Seite zu Boden, als sich auch der Inspektor gegen die Mauer stemmte. »Scheiße, wer sagt’s denn!«, fluchte er keuchend und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Das Loch war noch nicht groß genug. Ein Stein, nur ein einziger Stein trennte sie noch vom Weg ans Tageslicht. Es war Schwerstarbeit, aber nach minutenlangem Reißen, Stemmen und Stoßen gelang es ihnen, mit einem gemeinsamen Urschrei auch den zweiten Block aus der Mauer zu lösen. Im gleichen Augenblick, als der Felsbrocken zu Boden krachte, ertönte ein vielstimmiges Geschrei auf der anderen Seite der Mauer, das sich blitzschnell en t fernte. Es hörte sich an, als flüchteten Leute in wilder Panik aus der unbekannten Kammer. Während Lee und der Inspektor sich noch verwundert anschauten, kroch Kiera bereits durch den Spalt. Kurz nachdem ihre Beine verschwunden waren, hörten sie ihr lautes Gelächter.
     
    »Kein – kein Wunder, haben wir die Touristen erschreckt«, rief sie außer Atem. »Das hier ist eine Grabkammer.«
     
    »Die Krypta von St. John’s«, murmelte der Inspektor ehrfürchtig. »Der Tunnel hat uns nach Nordosten geführt. Das muss die Krypta der Kathedrale sein.«
     
    Sie fanden Kiera staunend zwischen zwei Sarkophagen stehen.
     
    »Zwölf Särge«, sagte sie wie zu sich selbst. »Wer hier wohl liegen mag?«
     
    »Die ersten zwölf Großmeister sind hier begraben«, antwortete der Inspektor mit belegter Stimme. Für ihn war dies ein heiliger Ort, das hörte man. Die weihevolle Stille der jahrhu n dertealten Krypta, für einmal ohne hüstelnde, tuschelnde und albern kichernde Besucher, ergriff auch Lee, der nichts mit Religion und ihrer Geschichte anfangen konnte.
     
    Die Gesichter grau vom Staub, die Kleider verschmutzt und zerrissen, mit Dreck und gar Blut an den Händen stiegen sie die Treppe hoch in die Kapelle des Seitenschiffs. Verängstigte Touristen stoben entsetzt auseinander, als sie sich wortlos, mit finsteren Gesichtern, den Weg zum Ausgang der St. John’s Co-Cathedral bahnten. Wie ein unwirklicher Spuk huschten sie über den belebten Vorplatz in die Strasse, die zur St. Paul’s hinunter führte. Erst als sie im Wagen saßen, Fenster geschlossen und Türen verriegelt, atmete Kiera hörbar auf.
     
    »Das nächste Mal werde ich etwas anderes anziehen«, seufzte sie.
     
    »Und ich erst«, lachte der Inspektor mit einem wehmütigen Blick auf seinen r u inierten Anzug. Lee grinste. Er fand die Ausbeute des Tages ganz in Ordnung und sagte es auch:
     
    »Der Ausflug hat sich gelohnt, meine ich.«
     
    »Allerdings«, nickte der Inspektor. »Vor allem weiß ich jetzt, dass diese Sache ein paar Nummern zu groß für uns in St. Julian’s ist. Tut mir leid, Herrschaften, aber mit dem Staa t sanwalt kann ich mich nicht anlegen.«
     
    Kieras Gedanken waren offenbar schon wieder einige Schritte voraus, denn sie b e merkte nüchtern:
     
    »Diesen Kaptan müsste man finden. Dann könnte der gute Dr. Balzan zuschlagen.«
     
    »Das wäre tatsächlich die Lösung, aber ...«
     
    »Festhalten!«, schrie sie unvermittelt, startete den Motor und gab Vollgas. Mit quie t schenden Reifen schoss der Wagen nach vorn, Richtung Melita Street. Lee stemmte sich krampfhaft gegen den Vordersitz und wunderte sich, welcher Teufel seine Ko l legin nun wieder ritt. Der Wagen schrammte

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