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Das Komplott der Senatoren (German Edition)

Das Komplott der Senatoren (German Edition)

Titel: Das Komplott der Senatoren (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansjörg Anderegg
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allerlei technischen Details zur Rauchgasentstickung und Entschw e felung zu beeindrucken und mied das Thema CO2 so gut es ging. Ungeduldig folgten sie ihm durch die Hallen, während er sich redlich bemühte, sie von der Wirksamkeit der Filter und Reinigungsanlagen zu überzeugen. Seine Schilderungen wollten a l lerdings ganz und gar nicht zum Bild passen, das sich ihnen darbot. Die Zuleitung s rohre der Entstickungsanlage etwa waren derart rostzerfressen, als träte laufend Salpetersäure aus. Ein Eindruck, den der stechende Gestank nach Stickoxiden in ihren Nasen nach Kräften unterstrich. Lees geübtes Auge entdeckte keine einzige neue Schweißstelle, kein einziges Rohr oder Ventil, nichts, was aussah, als hätte es nicht schon Jahre auf dem Buckel. Mit einem Wort, die ganze Einrichtung machte einen reichlich abgewirtschafteten, verlotterten Eindruck. Nach Marions säuerlichem G e sichtsausdruck zu schließen, empfand sie nicht a n ders.
     
    Sie traten ins Freie. Der Werkmeister blieb vor einer Reihe riesiger Silos stehen und erklärte: »In diesen Türmen werden dem Rauchgas die Schwefelanteile entzogen. Nach dem mehrstufigen, sehr effizienten Waschprozess können wir das Abgas getrost zum Kamin hinauslassen, ohne die Umwelt mit Schwefeldioxid, sprich Schwefe l säure, zu vergiften. In diesem Kraftwerk hat Clearwater eine der ersten Entschwef e lungsanlagen eingesetzt. Wir sind Pioniere in Sachen saubere Kohle.«
     
    »Offensichtlich«, bemerkte Lee zweideutig, denn auch dieser Werksteil machte nicht den Eindruck, kürzlich revidiert worden zu sein.
     
    »Diese Lkws, was transportieren sie?«, wollte Marion wissen, als ein Konvoi dreier auffällig blauer Lastwagen das Gebäude neben den Waschtürmen verließ und in die Zufahrtstrasse einschwenkte.
     
    »REA-Gips«, antwortete der Werkmeister beflissen, dankbar wie es schien, dass sie ein u n verfängliches Thema ansprach. »Gips aus der Rauchgas-Entschwefelungsanlage, entsteht durch Beimengung von Kalkstein zum ausg e waschenen Schwefeldioxid.«
     
    »Und wer braucht all diesen Gips?«
     
    »Die Bauindustrie. Unser REA-Gips ist ein hochwertiger Rohstoff, identisch mit dem Gips, der in der Natur vorkommt. Wir leisten damit einen bescheidenen Beitrag zur Schonung der natürlichen Vorkommen, wenn ich das erwähnen darf.«
     
    Alles schön und gut, dachte Lee, aber wo versteckte Clearwater ihr fortschrittliches CCS-System? »Wenn ich richtig verstehe, ist die Entschwefelung die letzte R e inigungsstufe der Abgase?«, fragte er beiläufig.
     
    »Sehr richtig, das letzte Glied in der Kette.«
     
    »Aber – ich bin etwas verwirrt. Ich dachte, sie betreiben ein CCS?«
     
    Der Werkmeister nickte und betrachtete verlegen seine Zehen. »Werden wir, Sir, werden wir. Leider ist die Anlage noch im Bau, und ich kann Ihnen nicht viel ze i gen.«
     
    »Dann zeigen Sie uns doch bitte das Wenige«, warf Marion mit ihrem entwaffnenden Lächeln ein, das keine Widerrede duldete.
     
    Was ihr Führer als nicht viel bezeichnete, erwies sich schnell als gar nichts, ein Stück Ödland am Rand des Werksgeländes, noch nicht einmal ein Baugespann oder ein Kieshaufen waren zu sehen.
     
    »Hier wird die Pilotanlage gebaut.« Die Stimme des Werkmeisters klang wesentlich weniger selbstsicher als zuvor.
     
    »Hier also«, murmelte Lee nachdenklich. »Und wann beginnen die Bauarbeiten?«
     
    Die Antwort des Werkmeisters kam sehr zögernd:
     
    »Das – müssen Sie Ken Holden fragen. Es gab kürzlich Änderungen an der Planung, die ich nicht kommentieren kann, tut mir leid.«
     
    Auf Eis gelegt, warum wundert mich das nicht?, dachte Lee, ebenso verärgert wie erfreut. Sie hatten den Beweis. Mehr brauchten sie nicht zu erfahren. Seine Begl e iterin sah das auch so, denn plötzlich tippte sie ihm auf die Schulter und deutete stumm auf ihre Uhr.
     
    »Oh, ja, der Termin, danke«, rief er aus, als hätten sie die Szene einstudiert. Zum Werkmei s ter gewandt sagte er: »Tut mir leid, wir müssen los. Bitte entschuldigen Sie uns bei Mr. Ho l den.« Sie bedankten sich artig und beeilten sich, das Reich von Clearwater am Fuß des Te u felskopfs zu verlassen.
     
    Das gelbe Haus mit seinem Türmchen und dem roten Ziegeldach an der 89, ganz in der Nähe der Buchhandlung, glich eher einer mexikanischen Missionsstation als einem Hotel. Aber die bescheidene Herberge besaß einen Garten mit altem Baum b estand, in dessen Schatten ein verlassener Pool döste. Lee schloss die Augen und dr e hte

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