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Das Komplott der Senatoren (German Edition)

Das Komplott der Senatoren (German Edition)

Titel: Das Komplott der Senatoren (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansjörg Anderegg
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allem gab es Wasser, auch wenn die alten Brunnen nach und nach versiegten. Die Fremden, die hier das nur noch spärlich fließende Wasser des Falémé Flusses für die Erdnussbauern aufber e iteten und Trinkwasser tief aus der Erde pumpten, hatten ein weit verzweigtes Netz von Tanks angelegt, aus denen sich Mensch und Tier mit sauberem Wasser ve r sorgten. Ein Segen für die Bewohner des nordöstlichen Zipfels von Senegal, eine Einrichtung, auf die sein Land mit Recht stolz war und von der die Leute jenseits der Grenze nur träumen konnten. Sein Vieh war so genügsam wie er selbst, aber ohne dieses Wasser würden sie nicht lange überleben, das wusste Babukar wie jeder, der hier wohnte.
     
    Die aufgehende Sonne goss loderndes Feuer über das Land, die vereinzelten Dor n büsche und den einsamen Baobab zuoberst auf dem flachen Hügel. Es war die schö n ste Zeit des Tages, wenn die Vögel erwachten und der Boden selbst glühend rot leuchtete während der kurzen Morgendämmerung. Er warf einen prüfenden Blick auf die Tränke, bevor er die sanfte A n höhe zum Baum hinaufstieg. Von dort hatte man das ganze Dorf, die Brücke und einen schönen Teil des Landes hinter der Grenze im Auge. Auch das Blechdach seines Hauses am Dorfrand glänzte in der Sonne. Die Silhouetten der Frauen, die mit ihren Kesseln und Töpfen zu den Wassertanks pilgerten, warfen lange Schatten. Still und friedlich lag das verschlafene Nest zu seinen Füssen. Es würde noch eine oder zwei Stunden dauern, bis sich die Lastwagen wieder vor dem Grenzposten stauten, die Hämmer, Sägen und Bohrer in den Wer k stätten erneut zum Leben erwachten. Er wollte sich eine Weile hinsetzen, den Kühen genügend Zeit geben zu trinken, denn wie es aussah würde auch heute kein Wölkchen die unbarmherzigen Sonnenstrahlen mildern. Wie jeden Morgen schloss er für kurze Zeit die Augen, konzentrierte sich ganz auf die Geräusche und Gerüche des neuen Tages.
     
    Sonderbar, etwas war anders als sonst. Er verstand erst nicht, was es war, das ihn störte, aber der Tag begann nicht wie die anderen zuvor. Ein neues Geräusch drang an seine Ohren, ein fernes Fauchen und Donnern, das er noch nie gehört hatte. Es kam von der anderen Seite des Flusses, von der Strasse, die nach Kayes in Mali führte. Er stand auf, um besser zu sehen, aber die Sonne blendete ihn. Da war nur das Geräusch, bis plötzlich, wie aus dem Nichts, ein riesiger Sandwurm die Strasse entlang auf die Brücke zu kroch. Das Ungeheuer begann zu kreischen wie die Tür des Schlossers neben seinem Haus, vielstimmig wie Wehklagen, das ihm durch Mark und Bein fuhr. Es rasselte, rumpelte und knirschte immer lauter, als fräße es mit stählernen Zähnen die Strasse auf. Babukars Knie begannen zu zittern. Ihm wurde übel, als er begriff, was sich da unten abspielte. Tanks, Panzer und andere Militärfahrzeuge so weit das Auge reichte rollten auf die Brücke zu, und sie machten nicht den Eindruck, als ließen sie sich durch den Grenzposten aufhalten.
     
    »Krieg«, murmelte er mit erstickter Stimme. Sein Herz pochte heftig, Schweiß trat ihm auf die Stirn, der kalte Schweiß der Angst. Seit seiner Kindheit hatten sie hier in Frieden gelebt, aber er erinnerte sich nur allzu lebhaft an die Gräuel, von denen sein Vater erzählt hatte. An den gnadenlosen Kampf ums Weideland gegen die nördlichen Nachbarn, damals, vor fast einem Menschenleben. Die Beine wollten ihn nicht mehr tragen. Hilflos sank er zu Boden. Das hier war kein Kampf verzweifelter Bauern, es war eine schwer bewaffnete Armee, die auf sie zu rollte.
     
    Wie um seine schlimmsten Ängste zu bestätigen, tauchten unvermittelt vier Heliko p ter auf. Die gefleckten Riesenheuschrecken flogen geradewegs auf ihn zu. So dicht schwirrten sie über seinen Kopf hinweg, dass er glaubte, die Erde bebte. Eine u n durchdringliche Stau b wolke hüllte ihn ein. Eine Weile sah er nichts mehr, hörte nur die Flügelschläge der tödlichen Insekten, das immer lauter werdende Brummen der schweren Motoren, das Knirschen und Rasseln der Stahlketten auf der Strasse. Für einen Augenblick wagte er zu hoffen, alles wäre nur ein böser Alptraum, aber die Wirklichkeit holte ihn sofort wieder ein, als sich der Staub legte. Der vorderste Pa n zer überquerte unbehelligt die Brücke über den Falémé, der die Grenze markierte. Wie gelähmt schaute er zu, wie der stählerne Koloss die Autos auf der Strasse, deren Fahrer in wilder Panik die Flucht ergriffen, wie Spielzeuge zur Seite

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