Das Komplott der Senatoren (German Edition)
beleuchten, genau wie er es in seinem Beruf auch tat.
»Haben Sie es sich doch anders überlegt, Dr. O’Sullivan?«, begrüßte ihn Alicia mit der A n deutung eines Lächelns.
»Dazu müsste ich erst ihren Konzern besser verstehen.«
»Das kann allerdings dauern«, antwortete sie mit spöttischem Unterton. »Mamot ist groß. Ich selbst habe noch längst nicht alles begriffen.«
»Fällt mir schwer, das zu glauben.«
Sie musterte ihn kühl. Ihre Lippen bewegten sich kaum, als sie fragte: »Was führt Sie diesmal zu mir?«
»Aquifer Trucking.« Zu seiner Enttäuschung zeigte sie keinerlei Reaktion. Kein G e sichtsmuskel zuckte, kein Aufblitzen in den kalten Augen. Sie schien angestrengt nachzude n ken, wiederholte den Namen leise, als versuchte sie vergeblich, sich zu erinnern. Sie war eine ausgezeichnete Schauspielerin, das musste er ihr zugestehen. Endlich rief sie aus:
»Ach ja, ich erinnere mich. Das ist eine der kleinen Transportfirmen, die für uns a r beiten.«
»Exklusiv für Mamot, wie ich weiß. Das Unternehmen gehört dem Konzern.«
»Schon möglich. Wie ich gesagt habe, auch ich überblicke nicht alles in unserer Firma. Was ist mit Aquifer?«
Langsam wurde ihm klar, dass es ein Fehler war, nochmals hier aufzukreuzen. Dieser ebenso aalglatten wie stahlharten Kreatur würde er keine Informationen entlocken. Ernüchtert beschloss er, die fruchtlose Unterhaltung abzukürzen und stellte die einzig wichtige Frage ohne Umschweife:
»Wozu dient der Gips, den Aquifer seit Jahren aus Kohlekraftwerken abtranspo r tiert?«
Sie bedachte ihn mit einem Blick, als spräche er von Außerirdischen, dann antwortete sie kopfschüttelnd, mit dem Gesicht des Psychiaters, der die nächste Sitzung verei n bart:
»Dr. O’Sullivan, ich habe nicht die leiseste Ahnung, wovon Sie sprechen, tut mir leid. Bitte entschuldigen Sie mich, aber ich sollte dringend ...«
»Ich werde Sie nicht länger aufhalten, aber vielleicht können Sie mir einen Kontakt vermi t teln, der darüber Bescheid weiß?«
»Tut mir leid.« Die Antwort war endgültig, wie sie ihm mit ihren Augen unmissve r ständlich zu verstehen gab. Sie wartete, bis sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte, dann griff sie verdrießlich zum Telefon.
»Geben Sie mir Senator Douglas, sofort!«
Kidira, Senegal, Grenze zu Mali
Babukar schaute über die rechte Schulter zum Engel seiner guten Taten und grüßte ihn: »As Salaamu 'alaikum wa rahmatulaah« - »Friede und Gottes Segen sei mit dir.« Der Engel würde ihm wohlgefällig zunicken, seine größte Tat nicht vergessen, dessen war er sich sicher. Als einfacher, mausarmer Hirte hatte er durchgesetzt, dass sein Sohn die Schule besuchen konnte, gegen den Willen seines Herrn, und sogar den Marabout vermochte er zu überzeugen, dass dies eine gute Sache war. Vielleicht hatte geholfen, dass den Weisen damals wichtigere Dinge beschäftigten. Man munkelte, eine der beiden Frauen seines Herrn hätte die andere als Hexe überführt und den Marabout zu einem kleinen Juju überredet. Wie auch immer, Allah hatte es gefallen, dass sein Oumar zur Schule ging und nun gar in der Hauptstadt im Erziehungsmini s terium arbeiten durfte. Ein kleiner Babukar würde auch schon bald seinen ersten Schultag feiern. Lächelnd drehte er den Kopf, schaute über die linke Schulter zum Engel seiner Vergehen und grüsste auch ihn: »As Salaamu 'alaikum wa rahmatulaah«, wie es das geheiligte Ritual des Salaat vorschrieb.
Das Fajr war beendet. Höchste Zeit, denn als er sich erhob, trafen die ersten Sonne n strahlen sein Gesicht. Er hatte unruhig geschlafen, jeden seiner alten Knochen gespürt, als ihn die Frau mit dem Scheppern der Wasserkessel weckte. Ihm war, als herrschte in seinen Gelenken die gleiche Dürre, die das Land seit zwei Jahren hei m suchte. Aus dem Grasland war vie l erorts rote Wüste geworden, und dort, wo die Kühe noch Gras fanden, war es gelb und trocken. Vorbei die Zeiten, als hier noch Warzenschweine grasten und den Perlhühnern die Eier stahlen. Ihm taten die abg e magerten Gestalten auf seiner Weide leid, unter deren weißer Haut sich bald jede Rippe abzeichnete. Aber er beklagte sich nicht. Im Grunde ging es ihm noch gut, wenn er hörte, wie die armen Leute jenseits des Flusses und oben in Mauretanien verhungerten und verdursteten. Allah schenkte ihm und seiner Frau jeden Tag genug Mais oder Hirse und hin und wieder gar einen Fisch. Vor
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