Das Komplott (German Edition)
Hause habe.
Sie stopft ihre Einkäufe in die Kabine des Pick-ups und fährt wieder auf die Interstate. Eine Stunde später hält sie an einem Autohof in der Nähe von Staunton, Virginia, und parkt neben den Sattelschleppern. Nachdem sie sich davon überzeugt hat, dass sie unbeobachtet ist, fängt sie an, die Zigarrenkisten rasch in die Rucksäcke zu verpacken, von denen zwei übrig bleiben.
Sie tankt, holt sich ein Mittagessen am Drive-in-Schalter eines Fast-Food-Restaurants und fährt ziellos die Interstate 81 auf und ab, von Maryland im Norden bis nach Roanoke im Süden. Die Stunden ziehen sich in die Länge. Sie darf auf keinen Fall das Auto abstellen und den Jackpot aus den Augen lassen. Er muss ununterbrochen bewacht werden, also schwimmt sie im Verkehr mit, während sie auf den Einbruch der Dunkelheit wartet.
Ich gehe in einem überfüllten, feuchtwarmen Flügel des Flughafens von San Juan auf und ab und warte auf meinen Delta-Flug nach Atlanta. Das Ticket habe ich auf den Namen Malcolm Bannister gekauft, und der alte Pass ist problemlos durchgegangen. Er läuft in vier Monaten ab. Zum letzten Mal habe ich ihn benutzt, als ich mit Dionne spontan eine preisgünstige Kreuzfahrt zu den Bahamas gemacht habe. In einem anderen Leben.
Zweimal rufe ich Vanessa an, wobei wir nur verklausuliert sprechen. Ich habe die Ware. Mit den Paketen ist alles in Ordnung. Sie bleibt ständig in Bewegung, wie wir es geplant haben. Wenn uns irgendein Spion belauscht, wird er sich wundern.
Um 15.30 Uhr gehen wir endlich an Bord, und dann sitzen wir eine Stunde lang in der Bruthitze der Kabine, während ein Sturm um den Flughafen heult und von den Piloten kein Mucks zu hören ist. Hinter mir brüllen mindestens zwei Babys. Während die Stimmung immer gereizter wird, schließe ich die Augen und versuche einzudösen, aber ich leide schon so lange unter Schlafentzug, dass ich gar nicht mehr weiß, wie man ein Nickerchen hält. Stattdessen denke ich an Nathan Cooley und seine hoffnungslose Lage, wobei sich mein Mitgefühl in Grenzen hält. Ich denke an Vanessa und muss lächeln, weil sie unter Druck zu Hochform aufläuft. Wir sind ganz nah am Ziel, aber es gibt noch viel, woran wir scheitern können. Wir haben das Gold, aber können wir es auch behalten?
Ich wache auf, als die Maschine einen Satz vorwärts macht, um über die Startbahn zu rollen. Zwei Stunden später landen wir in Atlanta. An der Passkontrolle gelingt es mir, die mit schwarzen Zollbeamten besetzten Schalter zu vermeiden und stattdessen einen dicken jungen Weißen zu finden, der gelangweilt und gleichgültig wirkt. Er nimmt meinen Pass, wirft einen Blick auf ein neun Jahre altes Foto von Malcolm Bannister, vergleicht es kurz mit dem neuen Gesicht von Max Reed Baldwin und findet daran nichts Ungewöhnliches. Wir sehen sowieso alle gleich aus.
Ich gehe davon aus, dass der Zoll inzwischen das FBI darüber unterrichtet hat, dass ich vor zwei Tagen in einem Privatjet mit Ziel Jamaika das Land verlassen habe. Allerdings weiß ich nicht, ob das FBI noch die Bewegungen von Malcolm Bannister überwacht. Hoffentlich nicht, das FBI soll ruhig denken, dass ich mir immer noch in der Karibik die Sonne auf den Bauch scheinen lasse. Trotzdem verliere ich keine Zeit. Da Malcolm keinen gültigen Führerschein mehr besitzt, mietet Max bei Avis ein Auto, und fünfundvierzig Minuten nach der Landung in Atlanta verlasse ich in aller Eile die Stadt. In der Nähe von Roswell, Georgia, halte ich an einem Walmart und kaufe mir zwei weitere Prepaid-Handys, die ich bar bezahle. Als ich das Geschäft verlasse, werfe ich zwei alte Mobiltelefone in den Müll.
Nach Einbruch der Dunkelheit stellt Vanessa den Pick-up endgültig ab. Sie kurvt damit seit fast zwölf Stunden durch die Gegend und kann es kaum erwarten, ihn loszuwerden. Einen Augenblick lang bleibt sie auf dem Stellplatz neben ihrem Honda Accord hinter dem Steuer sitzen und beobachtet, wie eine Pendlermaschine zum Flughafengebäude von Roanoke rollt. Es ist kurz nach neun Uhr an einem Sonntagabend, und es gibt praktisch keinen Verkehr. Der Parkplatz ist so gut wie leer. Sie holt noch einmal tief Luft und steigt aus. In aller Eile schafft sie die Rucksäcke von Nathans Vordersitz in den Kofferraum ihres Autos, ohne die Umgebung aus den Augen zu lassen. Acht Rucksäcke, die immer schwerer zu werden scheinen, aber das stört sie nicht im Geringsten.
Sie schließt den Pick-up ab, nimmt den Schlüssel mit und verlässt den Parkplatz. Falls
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