Das Komplott (German Edition)
alles wie geplant läuft, wird es ein paar Tage dauern, bis Nathans Wagen auffällt. Wenn seine Freunde merken, dass er verschwunden ist, werden sie irgendwann zur Polizei gehen, die den Wagen finden und sich eine Geschichte zusammenreimen wird. Nathan hat mit Sicherheit damit geprahlt, dass er mit einem Privatjet nach Miami fliegt, und das wird die Polizei eine Weile beschäftigen.
Ich habe keine Ahnung, ob die Behörden den Vermissten mit Nathaniel Coley, dem Idioten, der kürzlich mit einem falschen Pass, vier Kilo Kokain und einer Pistole auf Reisen gegangen ist, in Verbindung bringen können, aber ich bezweifle es. Vielleicht wird er erst gefunden, wenn er von Jamaika aus endlich telefonieren darf. Wen er anruft und was er sagt, kann ich nur raten. Wahrscheinlich zählt er erst einmal die Stunden und Tage und wartet, dass ich mit einem Sack voll Geld zurückkomme und anfange, Leute zu bestechen. Nach Wochen, vielleicht einem Monat, wird er merken, dass ihn sein alter Freund Reed übers Ohr gehauen und sich mit dem Geld abgesetzt hat.
Fast könnte er mir leidtun.
Um ein Uhr morgens nähere ich mich Asheville, North Carolina, und sehe an einem viel befahrenen Autobahnkreuz ein Motelschild. Hinter dem Gebäude wartet außer Sicht ein kleiner blauer Honda Accord mit meiner geliebten Vanessa am Steuer und der Glock an ihrer Seite. Ich parke auf dem Stellplatz neben ihr, und wir gehen in unser Zimmer im Erdgeschoss. Wir küssen und umarmen uns, sind aber viel zu angespannt für mehr. Leise entladen wir ihren Kofferraum und werfen die Rucksäcke auf eines der Betten. Ich schließe die Tür ab, lege die Kette vor und klemme einen Stuhl unter den Türknopf. Dann ziehe ich die Vorhänge fest zu, hänge Handtücher über die Vorhangstangen, um Spalte und Schlitze zu verdecken, und vergewissere mich, dass niemand in unseren kleinen Tresorraum sehen kann. Unterdessen nimmt Vanessa eine Dusche, und als sie aus dem Bad kommt, trägt sie nur einen kurzen Frotteebademantel, der endlos lange Beine enthüllt – die schönsten, die ich je gesehen habe.
Vergiss es, bedeutet sie mir. Sie ist völlig erschöpft. Vielleicht morgen.
Wir entleeren die Rucksäcke, ziehen Latexeinweghandschuhe über und bauen die achtzehn Zigarrenkisten, von denen jeweils zwei sorgfältig mit silbernem Isolierband zusammengeklebt sind, ordentlich auf. Mir fällt auf, dass zwei geöffnet wurden, weil das Klebeband am Deckel aufgeschnitten ist, und wir legen die beiden beiseite. Mit einem kleinen Taschenmesser schlitze ich das Klebeband des ersten Behälters auf und öffne die Kiste. Wir nehmen die Minibarren heraus, zählen sie – es sind dreißig –, legen sie zurück und kleben den Deckel wieder fest. Vanessa schreibt die Menge auf, und wir öffnen die zweite Kiste. Sie enthält zweiunddreißig vollkommen geformte, glänzende Minibarren, die aussehen, als hätte sie nie ein Mensch berührt.
»Wunderbar, einfach wunderbar«, sagt sie immer wieder. »Das reicht für die nächsten hundert Jahre.«
»Für immer«, sage ich und tätschle einen Minibarren. »Wüsstest du nicht auch gern, aus welchem Teil der Welt der kommt?«
Sie lacht, weil wir es nie erfahren werden.
Wir öffnen alle sechzehn zugeklebten Kisten und zählen schließlich die Minibarren in den beiden bereits geöffneten. Sie enthalten etwa halb so viel wie die anderen. Insgesamt sind es fünfhundertsiebzig Barren. Da der Goldpreis um tausendfünfhundert Dollar die Unze schwankt, ist unser Jackpot um die 8,5 Millionen Dollar wert.
Wir liegen mit dem Gold zwischen uns auf dem Bett und grinsen unwillkürlich über das ganze Gesicht. Das müssten wir eigentlich mit Champagner begießen, aber um zwei Uhr früh an einem Montagmorgen in einem billigen Motel in North Carolina gibt es keinen Champagner. Unser Projekt ist eine große Sache, und besonders erfreulich ist, dass niemand nach diesem Schatz sucht. Bis auf Nathan Cooley weiß keiner, dass er überhaupt existiert. Wir haben das Gold einem Dieb abgenommen, der keine Spur hinterlassen hat.
Unsere Reichtümer zu sehen, zu berühren und zu zählen hat uns neue Energie verliehen. Ich reiße Vanessa den Bademantel vom Leib, und wir kriechen unter die Decke des anderen Betts. Obwohl wir uns große Mühe geben, fällt es uns schwer, beim Sex das Gold aus den Augen zu lassen. Als wir fertig sind, übermannt uns die Erschöpfung, und wir schlafen wie tot.
38
Um halb sieben am Montagmorgen spazierte Agent Fox in das großzügige Büro von
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