Das Komplott (German Edition)
Schatten einer Eiche stellt. Sie wirft einen Blick um sich, sieht niemanden bis auf den Hund, der nur noch lustlos bellt und knurrt. Dann zieht sie das Klebeband ab, öffnet die Kiste und nimmt vorsichtig eine mehrfache Schicht Zeitungspapier ab.
Minibarren. Kleine Ziegel. Dominosteine. Ein ganzer Sarg voll. Millionen und Abermillionen.
Sie nimmt einen davon heraus und untersucht ihn. Ein vollkommenes Rechteck, gerade einmal einen Zentimeter dick, mit einer kleinen, umlaufenden Kante, damit es sich besser stapeln und lagern lässt. Auf der Vorderseite trägt es die Aufschrift »10 Unzen«. Darunter steht die Zahl »999«. Das ist alles – kein Name einer Bank, kein Hinweis darauf, woher es kommt, aus welcher Mine es stammt. Keine Registrierungsnummer.
Mit einer Prepaid-Kreditkarte kaufe ich mir für dreihundert Dollar ein Ticket für einen Air-Jamaica-Flug nach Puerto Rico. Die Maschine geht in einer Stunde, also suche ich mir einen Sitzplatz in der Nähe des Gates und vertreibe mir die Zeit damit, mein Handy anzustarren. Es dauert nicht lange, bis es vibriert und das Display aufleuchtet.
»Er sagt die Wahrheit.«
»Erzähl mir mehr.«
»Aber gern, Schatz. Wir sind nun stolze Besitzer von achtzehn Zigarrenkisten mit wunderschönen Minigoldbarren, die ich noch nicht alle gezählt habe. Es müssen mindestens fünfhundert sein.«
Ich hole tief Luft und würde am liebsten in Tränen ausbrechen. Das Projekt ist seit zwei Jahren in Planung, und während eines Großteils dieser Zeit standen die Chancen höchstens tausend zu eins. Eine Reihe beinahe zufälliger Ereignisse musste eintreten, damit es möglich wurde. Wir sind noch nicht auf der Zielgeraden, aber zumindest auf dem Heimweg. Ich kann den Stall riechen.
»Fünfhundert bis sechshundert«, sage ich. »Meint unser Mann.«
»Er hat sich unser Vertrauen verdient. Wo bist du?«
»Am Flughafen. Ich habe mir ein Ticket gekauft, bin schon durch den Zoll und steige in einer Stunde ein. Soweit ist alles glattgegangen . Und du?«
»Ich verschwinde jetzt hier. Ich habe das Zeug eingeladen und alles andere wieder an seinen Platz getan. Das Haus ist abgeschlossen.«
»Kümmere dich nicht um das Haus. Das sieht er sowieso nie wieder.«
»Ich weiß. Ich habe seinem Hund einen ganzen Sack voll Futter gegeben. Vielleicht kümmert sich jemand um ihn.«
»Sieh zu, dass du wegkommst.«
»Bin schon unterwegs.«
»Halt dich an den Plan. Ich melde mich, sobald ich kann.«
37
Es ist Sonntag, der 24. Juli, kurz vor elf Uhr vormittags, ein heißer, sonniger Tag mit wenig Verkehr in der Gegend um Radford. Vanessa möchte jede Begegnung vermeiden, bei der jemand Nathans Pick-up erkennen und misstrauisch werden könnte. Sie fährt auf der Interstate nach Norden an Roanoke vorbei ins Herz des Shenandoah Valley und verhält sich dabei so vorsichtig wie nach menschlichem Ermessen möglich: Die Tachonadel wandert kein einziges Mal über hundert, und jeder Fahrbahnwechsel wird ordnungsgemäß mit dem Blinker angekündigt. Sie sieht immer wieder in den Rückspiegel, was ihr mittlerweile zur Gewohnheit geworden ist, und behält alle anderen Fahrzeuge im Auge, denn sie kann sich auf keinen Fall einen Zusammenstoß leisten. Auf der Beifahrerseite liegt im Fußraum und auf dem Sitz buchstäblich ein Vermögen in Gold, in nicht markierten und nicht nachverfolgbaren Barren, die sie soeben einem Dieb gestohlen hat, der sie wiederum von einem Betrüger hat, der sie einer Gangsterbande abgeknöpft hat. Wie sollte sie einem neugierigen State Trooper diese Edelmetallkollektion erklären? Gar nicht, und so fährt sie streng nach Vorschrift, während auf der linken Spur die Sattelzüge an ihr vorbeibrettern.
Bei einer kleinen Stadt fährt sie von der Interstate ab und kurvt durch die Gegend, bis sie einen Ein-Dollar-Discounter findet. Das Banner vor den Schaufenstern preist Sonderangebote für den nahenden Schulanfang an. Sie parkt in der Nähe des Eingangs und breitet eine dicke Decke, die sie bei Nathan hat mitgehen lassen, über die Zigarrenkisten. Die Glock schiebt sie griffbereit unter eine Ecke der Decke, dann sieht sie sich auf dem Parkplatz um. Am Sonntagmorgen ist er praktisch menschenleer. Schließlich holt sie tief Luft, steigt aus, schließt das Auto ab und läuft in den Laden. In weniger als zehn Minuten hat sie zehn Kinderrucksäcke mit Tarnmuster gekauft. Sie zahlt bar und reagiert nicht auf den Scherz des Kassierers, der fragt, ob sie eine ganze Fußballmannschaft Schulkinder zu
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