Das Komplott (German Edition)
unübersichtlichen Verfahren mit über hundert beteiligten Anwälten auf. Richter Fawcett lehnte die Anträge auf Klageabweisung ab und ordnete eine umfassende Offenlegung aller prozesswichtigen Dokumente an. Binnen Kurzem musste er neunzig Prozent seiner Zeit für dieses Verfahren aufbringen.
2004 trat das FBI in mein Leben, und ich verlor jedes Interesse an der Uranklage. Plötzlich gab es andere, wichtigere Dinge, mit denen ich mich beschäftigen musste. Mein Prozess begann im Oktober 2005 in Washington, D. C. Das von Armanna Mines angestrengte Verfahren wurde seit einem Monat in einem brechend vollen Gerichtssaal in Roanoke verhandelt. Zu diesem Zeitpunkt war mir schlichtweg egal, was mit dem Uran passierte.
Nach einem dreiwöchigen Prozess wurde ich schuldig gesprochen und zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt. In Roanoke entschied Richter Fawcett nach einem zehnwöchigen Prozess zugunsten von Armanna Mines. Zwischen den beiden Prozessen gab es keine Verbindung, so dachte ich jedenfalls, als ich ins Gefängnis ging.
Doch bald lernte ich den Mann kennen, der Richter Fawcett später töten sollte. Ich weiß, wer der Mörder ist. Und ich weiß, welches Motiv er hatte.
Was das Motiv angeht, steht das FBI vor einem Rätsel. In den Wochen nach dem Mord konzentriert sich die Taskforce auf den Prozess von Armanna Mines und vernimmt Dutzende Leute, die etwas mit dem Prozess zu tun haben. Am Rand des Verfahrens hatten sich damals einige radikale Umweltschutzgruppen gebildet, die unter scharfer Beobachtung des FBI standen. Fawcett hatte Morddrohungen erhalten, und während des Prozesses war Personenschutz für ihn angeordnet worden. Die Drohungen wurden gründlich untersucht und als nicht glaubwürdig eingestuft, doch die Personenschützer ließen den Richter nicht aus den Augen.
Einschüchterung als Motiv erscheint unplausibel. Fawcett hatte sein Urteil gefällt, und obwohl sein Name für Umweltschützer ein rotes Tuch ist, war der Schaden längst angerichtet. Seine Entscheidung wurde 2009 vom Vierten Bundesberufungsgericht bestätigt; der Fall ist jetzt auf dem Weg zum Obersten Gerichtshof. In Erwartung der Berufungen ist das Uran nicht angerührt worden.
Rache ist ein mögliches Motiv, obwohl das FBI nichts dazu sagt. Von einigen Reportern wird der Begriff »Auftragsmord« verwendet, doch bis auf die Professionalität, mit der die Morde ausgeführt wurden, haben sie anscheinend nichts, mit dem sie ihre Vermutung begründen könnten.
Angesichts des Tatorts und des leeren Safes, der so sorgfältig versteckt wurde, scheint Raub das wahrscheinlichere Motiv zu sein.
Ich habe einen Plan, den ich seit Jahren ausarbeite. Er ist meine einzige Möglichkeit, hier vor der Zeit rauszukommen.
5
Jeder körperlich gesunde Insasse eines Bundesgefängnisses muss einen Job haben; die Höhe des Lohns wird von der Justizvollzugsbehörde bestimmt. Seit zwei Jahren arbeite ich als Bibliothekar, für dreißig Cent die Stunde. Ungefähr die Hälfte dieses Geldes sowie die Schecks meines Vaters gehen in ein Programm, das die Gefangenen zu finanzieller Verantwortung erziehen soll. Die Justizvollzugsbehörde nimmt das Geld und bezahlt damit das für eine schwere Straftat festgesetzte Bußgeld, Geldstrafen und Entschädigungen. Zusätzlich zu meiner Haftstrafe von zehn Jahren wurde ich dazu verurteilt, hunderttausend Dollar für verschiedene andere Bußgelder zu zahlen. Bei dreißig Cent die Stunde werde ich bis zum Rest dieses Jahrhunderts und noch ein paar Jahre mehr brauchen, um meine Schulden zu begleichen.
Andere Jobs hier sind zum Beispiel Koch, Tellerwäscher, Tischputzer, Bodenreiniger, Klempner, Elektriker, Zimmermann, Schreibkraft, Krankenpfleger, Wäschereihilfskraft, Maler, Gärtner und Lehrer. Ich habe Glück gehabt. Mein Job ist einer der besten und zwingt mich nicht dazu, hinter anderen Leuten herzuputzen. Hin und wieder unterrichte ich Geschichte für Gefangene, die ihren Highschool-Abschluss nachholen. Als Lehrer verdient man fünfunddreißig Cent die Stunde, doch der höhere Lohn ist kein Anreiz für mich. Angesichts des geringen Bildungsniveaus der Gefängnispopulation finde ich Unterrichten ziemlich deprimierend. Schwarze, Weiße, Braune – egal. Viele der Gefangenen können kaum lesen und schreiben, und ich frage mich, was mit unserem Bildungssystem nicht stimmt.
Doch ich bin nicht hier, um die Mängel im Bildungssystem zu beheben, was auch für das Justiz-, das Rechts- und das Strafvollzugssystem gilt. Ich bin
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