Das Komplott (German Edition)
ich dabei tun, Bannister?«, fährt er mich an. Das Lachen ist schon lange verschwunden. »Soll ich das FBI anrufen und den Jungs sagen, dass ich hier jemanden habe, der den Mörder kennt und einen Deal machen möchte? Vermutlich bekommen sie hundert Anrufe am Tag, die meisten von irgendwelchen Spinnern, die scharf auf die Belohnung sind. Warum sollte ich meine Glaubwürdigkeit riskieren und bei diesem Spiel mitmachen?«
»Weil ich die Wahrheit kenne und Sie wissen, dass ich weder ein Spinner bin noch Märchen erzähle.«
»Warum schreiben Sie dem FBI nicht einfach einen Brief und lassen mich aus der Sache raus?«
»Das werde ich tun, wenn Sie das so wollen. Aber irgendwann werden Sie doch in diese Sache verwickelt werden, denn ich schwöre Ihnen, dass ich das FBI überzeugen werde. Wir handeln einen Deal aus, und ich verabschiede mich von hier. Sie kümmern sich dann um die Logistik.«
Er sinkt in seinem Stuhl zusammen, als würde ihn die Bürde seines Amtes überwältigen. Dann bohrt er mit dem Daumen in seiner Nase herum. »Bannister, zurzeit sitzen sechshundertzwei Männer in Frostburg, aber Sie sind der Letzte, von dem ich erwartet hätte, dass er sich unter einem Vorwand Zutritt zu meinem Büro verschafft und mir dann mit einer derart hirnverbrannten Idee kommt. Der Allerletzte.«
»Danke.«
»Keine Ursache.«
Ich beuge mich vor und starre ihn an. »Direktor Wade, ich weiß, wovon ich spreche. Und ich weiß auch, dass Sie keinem Häftling trauen, aber lassen Sie mich bitte ausreden. Ich habe äußerst wichtige Informationen, und das FBI brennt darauf, sie zu bekommen. Rufen Sie bitte an.«
»Ich weiß nicht, Bannister. Wir machen uns doch beide zum Idioten.«
»Bitte.«
»Ich denke vielleicht darüber nach. Und jetzt hauen Sie ab, und Officer Marvin sagen Sie, dass ich den Antrag für die Beerdigung abgelehnt habe.«
»Ja, Sir. Und danke.«
Mein Gefühl sagt mir, dass der Direktor der Aussicht auf ein bisschen Aufregung nicht widerstehen kann. Ein minimal gesichertes Gefängniscamp mit lauter kreuzbraven Häftlingen zu leiten ist langweilig. Was spricht dagegen, bei der aufsehenerregendsten Mordermittlung des Landes mitzumachen?
Ich verlasse das Gebäude, in dem die Verwaltung untergebracht ist, und gehe über den quadratischen Hof. Auf der Westseite sind zwei Zellenblocks, in denen jeweils hundertfünfzig Männer untergebracht sind, auf der Ostseite sieht es genauso aus. Ost-Campus und West-Campus, als würde man durch ein nettes kleines College spazieren.
Die Wärter haben einen eigenen Pausenraum in der Nähe der Kantine. Dort finde ich Officer Marvin. Wenn ich den Pausenraum betreten würde, würde man mich vermutlich erschießen oder aufhängen. Doch die Metalltür steht offen, und ich kann hineinsehen. Darrel thront auf einem Klappstuhl, in der einen Hand eine Tasse Kaffee, in der anderen ein Riesenstück Gebäck. Er unterhält sich gerade mit zwei anderen Wärtern und lacht schallend. Wenn man den dreien einen Fleischerhaken ins Genick hauen und sie an einer Waage aufhängen würde, kämen an die fünfhundert Kilo zusammen.
»Was wollen Sie, Bannister?«, knurrt Darrel, als er mich sieht.
»Ich wollte mich nur bedanken, Officer. Der Direktor hat Nein gesagt, aber trotzdem danke.«
»Alles klar, Bannister. Tut mir sehr leid wegen Ihrer Großmutter.«
Kaum hat er zu Ende gesprochen, gibt einer der Wärter der Tür einen Fußtritt und knallt sie mir vors Gesicht. Das Metall dröhnt und vibriert, und für den Bruchteil einer Sekunde bin ich zu Tode erschrocken. Dieses Geräusch habe ich schon einmal gehört.
Meine Verhaftung. Der Rotary Club von Winchester traf sich jeden Mittwoch zum Mittagessen im historischen George Washington Hotel, das nur fünf Fußminuten von der Kanzlei entfernt lag. Von den etwa fünfundsiebzig Mitgliedern waren bis auf drei alle weiß. An diesem Tag war ich zufällig der einzige Schwarze. Nicht, dass das etwas zu bedeuten hätte. Ich saß an einem langen Tisch und würgte das übliche zähe Hühnchen und die kalten Erbsen hinunter, während ich mit dem Bürgermeister und einem Versicherungsvertreter plauderte. Die gängigen Themen – Wetter und Football – hatten wir bereits abgehakt, auch mit Politik waren wir schon durch, die wie immer nur sehr oberflächlich und vorsichtig behandelt wurde. Es war ein typisches Mittagessen des Rotary Club: dreißig Minuten für das Essen, gefolgt von dreißig Minuten Vortrag von einem Redner, der in der Regel nicht besonders
Weitere Kostenlose Bücher