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Das Kopernikus-Syndrom

Das Kopernikus-Syndrom

Titel: Das Kopernikus-Syndrom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Loevenbruck
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Jahre entdeckte man, dass es im menschlichen Gehirn Magnetpartikel gibt. Es handelt sich um winzige Magnetitkristalle, ungefähr zehn Nanometer lang, also zehntausendmal kleiner als der Durchmesser eines Haars. Sie sind in bestimmten Gehirnregionen konzentriert. Heute fragt man sich immer noch, wozu sie dienen. Bei den Zugvögeln, deren Hirn Magnetit enthält, dienen diese Kristalle vermutlich als Kompass, mit dem sie sich im Verhältnis zum Magnetfeld der Erde orientieren können. Aber wie das beim Menschen funktioniert, ist noch rätselhaft … Manche meinen, diese Kristalle können von den Magnetfeldern berührt werden, die uns ständig umgeben wie die von Hochspannungsleitungen oder von elektrischen Geräten, Handys, Computerbildschirmen …«
    »Aber wenn das Gehirn Magnetfelder aussendet und empfängt, ist dann die Vorstellung, dass ein Gehirn fähig ist, die magnetische Signatur eines anderen Gehirns wahrzunehmen, völlig abwegig?«
    Liéna Rey lächelte, als ob sie endlich den Grund für meine seltsamen Fragen erkannt hätte.
    »Sie wollen mich fragen, ob die Telepathie eine minimale wissenschaftliche Glaubwürdigkeit besitzt?«
    Ich schwieg. Aber ja, das wollte ich wissen.
    »Nun, tut mir leid, nein«, sagte sie amüsiert. »Die magnetische Signatur des Gehirns ist viel zu schwach, um von einem anderen Gehirn empfangen zu werden. Wie ich bereits sagte, besteht das Prinzip der TMS darin, dass man, um ein lokales elektrisches Feld im Inneren des Gehirns zu erzeugen, ein sehr starkes Magnetfeld benutzt, das ohne zu große Abschwächung die Kopfhaut und den Schädel durchdringt. Und man darf nicht vergessen, dass die Spulen ganz nahe am Kopf angebracht werden, weil man nur so den Schädel durchdringen kann. Doch wenn es Sie beruhigt: Ihre Frage ist nicht komplett abwegig. Um auf den berühmten Persinger zurückzukommen: Er hat vor vielen Jahren einen brisanten Artikel über die Möglichkeit der Gehirnkontrolle aus der Distanz veröffentlicht. Er fasste, theoretisch natürlich, die Möglichkeit einer Manipulation des Bewusstseins mittels ultraausgefeilter Magnetsender ins Auge. Und er stützte sich im Übrigen auf das Vorhandensein von Magnetit in unserem Gehirn und folglich auf seine vermutliche Sensibilität gegenüber Magnetfeldern. Aber sich vorzustellen, dass ein Gehirn auf die minimale magnetische Aktivität eines anderen Gehirns sensibel reagieren könnte, nein, das ist reine Science-Fiction.«
    »Aber«, beharrte ich, »ist es nicht denkbar, dass ein TMS-manipuliertes Gehirn sensibler gegenüber den Magnetfeldern wird?«
    »Das wäre sehr ungewöhnlich«, sagte sie als Antwort.
    Vielleicht. Aber ich hatte es seit Tagen, ja seit mehreren Jahren, mit Ungewöhnlichem zu tun.
82.
    Als Liéna Rey gegangen war, schlug Louvel mir vor, in dem kleinen Zimmer zu übernachten. Ich ließ mich nicht lange bitten und zog mich umgehend auf die alte verblichene Matratze zurück. Der Tag war voller Ereignisse und Entdeckungen gewesen, ich brauchte den Rückzug und die Erholung. Trotz all dem, was mein Kopf zu verarbeiten hatte, schlief ich mühelos ein.
    Am nächsten Morgen wurde ich durch die Geräusche von Stimmen aus weiter Ferne geweckt. Ich blieb liegen und fragte mich, ob die Ereignisse vom Vortag – Gregs Tod, Morrains Tod, die Entdeckung des Protokolls 88 – lediglich die Hirngespinste eines verrückten Traums gewesen waren. Aber ich wusste genau, dass sie es nicht waren. Bestenfalls entstammten sie einem Wachtraum.
    Als ich zu den drei anderen in das große Wohnzimmer ging, sah ich an ihren Blicken sofort, dass sie mir etwas Neues zu sagen hatten.
    »Und?«, fragte ich und setzte mich zu ihnen an den Versammlungstisch.
    Auf einem großen schwarzen Tablett stand eine Kaffeekanne, in einem Brotkorb lagen Croissants.
    »Vigo«, ergriff Louvel das Wort, »Lucie hat die Identität von Commandant Laurens herausgefunden.«
    Beide blickten mich mit erwartungsvoller Besorgnis an. Unwillkürlich zeigten ihre Augen einen Glanz, den ich nur allzu gut kannte und der großem Mitleid entsprang. Ich konnte es ihnen nicht übelnehmen. Ich war lange Zeit der Schizophrene vom Dienst gewesen, ich war geprägt. Und ich wusste, in ihrem Fall steckte wahre Freundschaft dahinter. Aber ich wollte nicht, dass man mich schonte.
    Ich goss mir eine Tasse Kaffee ein.
    »Und?«, fragte ich mit neutraler Stimme.
    Lucie wollte gerade antworten, aber Louvel fiel ihr ins Wort.
    »Vigo … Es handelt sich um den Kerl, der für Ihre

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