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Das Kopernikus-Syndrom

Das Kopernikus-Syndrom

Titel: Das Kopernikus-Syndrom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Loevenbruck
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Welt sich weigert.«
    »Und Sie glauben, ich leide an diesem Syndrom?«
    »Das erscheint mir ziemlich plausibel. Sie sind davon überzeugt, etwas Ungewöhnliches entdeckt zu haben: die Fähigkeit, die Gedanken der anderen zu hören, und dass Ihnen diese Fähigkeit ermöglicht hat, dem schrecklichsten Attentat unserer Geschichte zu entgehen. Außerdem sind Sie davon überzeugt, dass niemand Ihnen glauben wird, dass die ganze Welt Ihre Wahrheit ablehnt, ja dass es sogar ein Komplott gibt, um Sie daran zu hindern, dass Sie Ihre Geschichte enthüllen. Damit sind alle Elemente des Kopernikus-Syndroms versammelt.«
    »Aber das ist ja grauenhaft.«
    »Nein, es ist ein ziemlich banales Symptom.«
    »Sagen Sie das, um mich zu beruhigen?«, fragte ich ironisch.
    »Keineswegs. Ich sage es Ihnen, weil es die Realität ist, und das müssen Sie jetzt wieder in Angriff nehmen: die Realität erkennen. Aber es wird nicht leicht sein, Monsieur Ravel. Wenn Sie begreifen, dass Ihr Gehirn Sie manchmal belügt, darf Sie das nicht ins andere Extrem treiben: Sie dürfen nicht das Gefühl für die Realität und Ihre eigene Person verlieren. Nicht alles ist Illusion, nicht alles ist Halluzination. In dem, was Sie sehen, was Sie fühlen, was Sie hören, steckt immer etwas Reales. Sie müssen neu lernen, das Reale zu begreifen. Den Unterschied zu machen.«
    Ich nickte.
    »Monsieur Ravel, jetzt, da wir uns kennen, frage ich Sie noch einmal, ob Sie nicht einen Psychiater aufsuchen wollen. Ihr Problem ist ernst und …«
    »Nein«, unterbrach ich sie. »Nein. Jedenfalls nicht im Augenblick. Ich möchte lieber weiter zu Ihnen kommen. Ich brauche Zeit. Und Orientierungspunkte. Sie, meine Eltern … Das sind Orientierungspunkte für mich.«
    »Ich verstehe. Gut. Sie werden also wieder Kontakt zu Ihrer Familie aufnehmen?«
    »Ja.«
    »Gut. Sollen wir das gemeinsam machen?«
    »Nein, nein. Ich hole meine Sachen aus dem Hotel, dann rufe ich sie ganz allein an.«
    »Sehr gut. Ich glaube, Sie treffen die richtige Entscheidung.«
    Sie schenkte mir ein zufriedenes Lächeln. Vermutlich dachte sie, dass wir Fortschritte gemacht hatten. Und sie hatte sicherlich recht. Allmählich wurde ich mir meiner Krankheit wieder bewusst. Die Krise würde sich bald legen, ich wollte es hoffen. Und dann würde ich wieder ein fast normales Leben führen, arbeiten, mich einer Behandlung unterziehen …
    »Gut«, sagte sie und legte die Hände auf den Schreibtisch. »Wir haben für heute mehr als genug getan. Sollen wir uns in zwei Tagen wiedersehen?«
    Eine Routine. Ein Orientierungspunkt? Ja, ich hatte Lust dazu, ich brauchte es.
    »Ich will gern«, sagte ich und rang die Hände.
    Sie warf einen Blick in ihren Terminkalender und gab mir einen neuen Termin.
    »Gut. Ich verabschiede mich von Ihnen. Nehmen Sie Kontakt zu Ihrer Familie auf und versuchen Sie, mit ihr einiges zu rekonstruieren. Versuchen Sie herauszufinden, welche Ihrer Erinnerungen real sind und welche Auswüchse Ihrer Phantasie. Aber lassen Sie sich Zeit. Es eilt nicht. Es ist unnötig, im Augenblick mehr tun zu wollen. Vielleicht können Sie damit anfangen, zu überprüfen, wer Ihr Psychiater war.«
    »Einverstanden.«
    »Und Sie erzählen mir Ihre Ergebnisse in zwei Tagen.«
    Ich nickte und zahlte das Honorar. Als ich den Scheck ausfüllte, studierte ich meinen Namen, den ich in Druckbuchstaben geschrieben hatte. Vigo Ravel. Zumindest hatte ich mir meinen Familiennamen nicht ausgedacht, auch wenn er noch so seltsam war. Offenbar kannte mich die Crédit Agricole unter diesem Namen. Vigo Ravel.
    Ich drückte meiner Psychologin die Hand und ging hinaus. Als ich durch das angrenzende Zimmer ging, sah ich die Frau, die ich vor zwei Tagen hier gesehen hatte. Ich erkannte sie sofort wieder. Diese schlanke Dreißigjährige mit den kurzen braunen Haaren, dem feinen, zarten Gesicht. Sie hatte grüne Augen, schmale Brauen und eine vermutlich von der Sonne des Maghreb gebräunte Haut. Sie saß da, unbeweglich, mit dem Herzen bereit, sich der Psychologin zu öffnen, die Seele im Wartezustand, die Tränen am Rand der Worte. Dieses Mal lag ihr Termin nach meinem. Ich vergaß, wer ich war, und nickte freundlich mit dem Kopf. Sie schenkte mir so etwas Ähnliches wie ein Lächeln.
    Auf dem Treppenabsatz schloss ich die Tür hinter mir und blieb reglos stehen, die Türklinke fest umklammert. Ich rührte mich nicht, als stünde ich im Bann der Medusa. Aber es war eher ein Engel, der mich erstarren ließ.
    Diese junge Frau,

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