Das Krähenweib
Schwierigkeiten bekam.
»Soso, mir scheint, dann könnten wir Sie auch gut auf dem Feld gebrauchen. Als Feldscher.« Ein Lächeln huschte über das Gesicht des Kurfürsten. Die Männer im Hintergrund brachen in pflichtschuldiges Gelächter aus, ohne dass er es zur Kenntnis zu nehmen schien. Er musterte sie noch eine Weile, dann wandte er sich seinen Begleitern zu. »Aber ich denke, es würde ziemliche Verwirrung bei meinen Männern stiften, wenn solch ein hübsches Ding in ihrer Mitte wäre. Was meint Ihr, meine Herren?«
Die Männer äußerten Zustimmung und wiederum folgte Gelächter. »Außerdem scheint sie kein Händchen für grobes Steinzeug zu haben. Ihre Talente müssen wohl auf anderen Gebieten liegen.«
Annalena ahnte, was er meinte, und wurde rot.
»Ich denke, sie wäre gut für den Salon meiner kleinen Türkin, was meint Ihr, Beichlingen?«
Der Angesprochene, ein ebenfalls stattlicher, gutaussehender Mann in Reiteruniform zögerte einen Moment lang, dann antwortete er: »Wie Eure Majestät meinen.«
»Wie ist Ihr Name?«, wandte sich August wieder an sie.
»Annalena … Habrecht«, antwortete sie, vollkommen überrascht.
»Nun, Annalena Habrecht, da Ihr Geschick für die Küche Sie nicht gerade auszeichnet, werde ich Sie zur Magd meines hochgeschätzten Fräuleins Fatime machen.«
Annalena durchlief es heiß und kalt. Hatte sie richtig gehört? Zunächst vermutete sie, dass der Kurfürst sich einen Scherz mit ihr erlaubte. Doch er nahm seine Worte nicht zurück. Stattdessen rief er einen seiner Männer zu sich.
»Feldhoff, nehmt Euch dieses reizenden Kindes an und bringt sie gleich morgen früh zu Mademoiselle Fatime. Richtet ihr meine Grüße aus und meinen Wunsch, dass dieses Mädchen ihr von nun an dienen möge, wie auch immer sie es für richtig hält.«
Der Mann nickte und trat dann neben Annalena. »Wie Ihr befehlt, Eure Majestät«, sagte er dann mit einer kleinen Verbeugung.
»Aber ich …«, entgegnete sie, verstummte aber augenblicklich, als der Mann ihr einen tadelnden Blick zuwarf.
Der Kurfürst lachte amüsiert auf, dann sagte er: »Wir werden uns sicher wiedersehen, Fräulein Annalena.«
Damit kehrte er zu den anderen Männern zurück. Die Gruppe setzte sich wieder in Bewegung und ließ Annalena und den Mann namens Feldhoff zurück. Dieser schien seine Aufgabe dermaßen erfreulich zu finden, dass er sie sogleich entrüstet anfuhr: »Dummes Ding! Seiner Majestät widerspricht man nicht!«
»Verzeiht, aber ich hatte nicht vor, zu widersprechen. Ich wollte nur sagen, dass ich Wein holen sollte.«
»Und mit welchem Krug?« Feldhoff deutete auf die Scherben.
»Ich werde sie aufsammeln, aber bitte, lasst mich das noch erledigen, damit mich der Küchenmeister nicht tadelt.«
Feldhoff ließ sie gehen, unter der Maßgabe, sich nach dem Bankett in seinem Arbeitszimmer einzufinden, damit er sie für den nächsten Tag instruieren konnte. In diesem Augenblick war ihr noch nicht klar, dass der Küchenmeister von nun an nicht mehr ihr Dienstherr war.
Nachdem er gespeist hatte, löste August die Tafel früher als gewöhnlich auf und kehrte in sein Arbeitszimmer zurück. Normalerweise zog er es vor, sich gleich zu seiner Mätresse zu begeben, damit sie ihn die Strapazen der Reise vergessen lassen konnte. Doch heute Abend war er von einer nervösen Unruhe erfüllt.
Der Goldmacher war noch nicht da. Eigentlich hatte er damit gerechnet, ihn bereits hier vorzufinden, denn er war zwei Tage nach Nehmitz aufgebrochen.
August durchstreifte rastlos den Raum, nahm einige Schriftstücke von seinem mit Papier überladenen Schreibtisch zur Hand und legte sie wieder ab. Schließlich stellte er sich ans Fenster seines Schreibkabinetts und blickte hinüber zu dem Teil des Schlosses, bei dem der Wiederaufbau in vollem Gange war. Im Dunkeln konnte er die hölzernen Baugerüste nur schemenhaft erkennen.
Es hatte ihn entsetzt, zu hören, dass das Schloss im März in Brand geraten war. Die Flammen hatten unter anderem Räume verzehrt, die sein Vater und Großvater angelegt hatten und in denen er als Kind umhergelaufen war, damals, als er noch glaubte, niemals Kurfürst zu werden, denn sein Bruder stand in der Erbfolge vor ihm. Sein Bruder, den die Liebe zu einer Frau das Leben gekostet hatte.
Er vertrieb den Gedanken, der ihn trotz aller damals vorhandenen Rivalität traurig stimmte, und sah wieder auf den Georgenbau. Der Aufbau ging gut voran, die Bauherren waren sogar so optimistisch zu behaupten, dass
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