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Das Krähenweib

Das Krähenweib

Titel: Das Krähenweib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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verloren?«
    »Das gewiss nicht. Doch in diesem Fall hat ein Mann Interesse an mir gezeigt.«
    Schraders Mund klappte auf. »Du … ich meine …«
    »Nein, du Holzkopf, nicht so«, entgegnete er und verpasste Schrader einen Stüber gegen den Hinterkopf. »Es ist jemand, der sich für meine Studien interessiert.«
    »Willst du dem Zorn etwa wieder davonlaufen?« Schraders Augen weiteten sich empört. »Du kannst von Glück reden, dass mein Vater dich hier reingebracht hat. Und ein noch größeres Glück ist es, dass dich der Zorn zweimal wieder aufgenommen hat. Ein anderer Lehrherr hätte dich gewiss fortgejagt.«
    Johann verdrehte die Augen. Natürlich hatte er Schraders Vater die Lehre hier zu verdanken. Doch musste ihm sein Freund dies immer wieder unter die Nase reiben? »Nein, natürlich werde ich nicht wieder fortlaufen! In ein paar Wochen werde ich zum Domicellus und kann dich dann nach Herzenslust herumscheuchen. Der Mann will mir nur Nachhilfe in einigen Dingen geben.«
    »Du willst wieder lernen, Gold zu machen«, entgegnete Schrader.
    »Das habe ich nicht gesagt«, entgegnete Johann, während er sich zum Ruhigbleiben zwang.
    »Aber gedacht.«
    »Was ich denke, ist meine Sache!« Böttger bemerkte, dass seine Stimme ärgerlicher klang, als er es wollte.
    Schrader duckte sich wie ein geschlagener Hund.
    »Verzeih bitte, ich habe nicht gut geschlafen«, lenkte Johann ein. »Was meinen geheimnisvollen Lehrmeister angeht …« Er brach kurz ab, als er merkte, dass Schrader nicht auf seine Worte reagierte. Dann sprach er mit Nachdruck weiter: »Es ist der Kaufmann Röber. Er hat einige seltene Bücher bekommen, so wertvoll, dass ich sie nicht kaufen kann, aber er gewährt mir Einblick. Du weißt doch, dass ich in einigen Wochen meine Prüfung vor der medizinischen Kammer habe. Da kann ich jede Hilfe gebrauchen.«
    »Warum denn gerade die vom Röber?«, fragte Schrader, ohne ihn anzublicken. »Mir ist zu Ohren gekommen, dass er sich für die Alchemie interessiert.«
    »Wofür er sich interessiert, ist seine Sache«, gab Johann zurück. Er wusste, dass sein Freund keineswegs auf den Kopf gefallen war, und hoffte, er würde die Sache auf sich beruhen lassen. »Der Röber ist Händler, er hat Bücher aus dem Griechischen, die unser Prinzipal nicht besitzt.«
    Johann wischte die Hand an seinem Kittel ab und legte sie auf die Schulter des Freundes. Eine Geste, die vielleicht helfen würde, dass Schrader wieder Vertrauen zu ihm fasste. »Ich bin mir sicher, dass er sie dir auch zeigen wird, wenn du geprüft wirst.«
    Schrader blickte ihn an, sagte aber nichts. Johann war sich noch immer nicht sicher, ob er ihm Glauben schenkte, aber er ließ es darauf bewenden und verrichtete stumm seine Arbeit.

    Annalena fühlte sich sonderbar leicht. Das Zusammentreffen mit Böttger, auch wenn es durch den Brief, den sie abgeben sollte, ein wenig merkwürdig geworden war, wollte ihr nicht aus dem Kopf. Sie malte sich aus, wie es wäre, sich aus dem Haus und zu ihm zu schleichen. Aber gleichzeitig wusste sie, dass sie es nicht wagen würde.
    Die Nachricht an Röber hatte sie wie gewünscht überstellt. Oder besser gesagt, sie hatte sie so vor die Tür des Verkaufsraumes gelegt, dass der Eindruck entstand, jemand habe sie durch den Türspalt geschoben.
    Als sie am Morgen nachgesehen hatte, war der Brief verschwunden gewesen. Da sie Röbers Gehilfen Paul nicht zutraute, dass er seinen Meister hinterging, hatte der Händler das Schreiben wohl erhalten. Zu gern hätte sie gewusst, was darin stand, doch die Neugierde wurde von anderen Gedanken verdrängt.
    Vor allem von dem Gedanken an Marlies.
    Annalena hatte seit der Nacht noch nicht wieder nach ihr geschaut, aber es war anzunehmen, dass ihr noch immer unwohl war. Sie war am Morgen nicht heruntergekommen, das Frühstück hatte ihr Hildegard aufgehoben, aber es ihr weder selbst gebracht noch Annalena hochgeschickt. Da sie ohnehin die Wäsche aufhängen sollte, konnte sie auch gleich nach ihr sehen.
    Kaum war sie die Treppe hinauf, vernahm sie ein Schluchzen. Ging es ihr wirklich so schlecht? Annalena setzte den Korb mit den nassen Laken und Hemden ab, trat vor die Kammertür und klopfte. Das Schluchzen verstummte schlagartig.
    »Ja«, rief Marlies, deren Stimme sich anhörte, als klebte ihre Zunge an einem Mehlkloß fest.
    Annalena trat ein und fand sie auf ihrem Bett. Ihre Gesichtszüge waren vom Weinen verquollen und rote Flecken brannten auf ihren Wangen.
    »Was ist geschehen?«,

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