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Das Krähenweib

Das Krähenweib

Titel: Das Krähenweib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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dann zum Wäschekorb zurück. Hinter Marlies’ Tür war alles still, entweder war sie nach unten gegangen oder eingeschlafen.

    Das Läuten der Türglocke lockte Johann aus der Defektur. Den ganzen Morgen über hatte er stumm neben Schrader gearbeitet und sich gefragt, wann wohl eine Antwort von Röber kommen würde.
    Zorn war noch immer nicht zurück, doch es konnte jetzt nicht mehr lange dauern. Er durfte auf keinen Fall mitbekommen, dass Röber ihm eine Nachricht sandte – wenn denn eine kommen würde.
    Jedes Bimmeln der Glocke hatte ihn heute dazu gebracht zusammenzufahren und dann fluchtartig den kleinen Hinterraum zu verlassen. Natürlich machte er sich damit bei Schrader verdächtig, doch das war immer noch besser, als wenn jemand anderes Röbers Antwort in die Finger bekam.
    Die ersten Male war er umsonst gelaufen, und auch diesmal schien es keine Nachricht des Gewürzhändlers zu sein. Ein junger, ziemlich schmächtiger Mann stand in der Offizin und blickte sich neugierig um. Böttger stieß ein Seufzen aus und ging zu ihm.
    »Guten Tag, Monsieur, was kann ich für Euch tun?«
    Der Bursche war kaum älter als er selbst, trotzdem entschied sich Böttger für diese Anrede.
    »Ich habe eine Nachricht für Johann Böttger«, antwortete der junge Mann und zog einen Umschlag aus seiner Rocktasche. Das Siegel darauf ließ keinen Zweifel ob seiner Herkunft aufkommen.
    Johann entriss ihm das Briefchen förmlich. »Habt vielen Dank!«
    Der Bursche betrachtete ihn abschätzig, aber das bemerkte er nicht mehr. Als die Türglocke ging, brach Böttger ganz vorsichtig das Siegel, denn er wollte sich nachher nicht fragen lassen müssen, warum Wachs auf dem Boden herumlag.
    Heute Nachmittag in meinem Kontor. F.R.
    Johann musste zugeben, dass er eine andere Antwort erwartet hatte, aber im Falle einer Absage hätte Röber ihn sicher nicht zu sich gebeten.
    »Was war los?«, hörte er Schrader hinter sich fragen und presste blitzartig das Papier an die Brust. Verdammt, der Kerl hatte Ohren wie ein Luchs!
    »Nichts, nur die Bitte um ein Rezept«, antwortete Johann. »Ich muss heute Nachmittag kurz weg.«
    Damit ließ er das Papier in seiner Hosentasche verschwinden und wandte sich seinem Freund zu. Dieser blickte ihn skeptisch an, doch offenbar sah er gleich, dass Johann kein weiteres Wort über den vermeintlichen Kunden verlieren wollte, also kehrte er in die Defektur zurück und füllte weiterhin Magenpulver und Gichtmittel in kleine Tüten. Johann tat es ihm gleich, hatte jetzt aber Mühe, seine Hände ruhig zu halten, die vor lauter Erwartung zitterten.

    Am Nachmittag schickte Hildegard Annalena mit einer Karaffe Wein und zwei Gläsern in Röbers Kabinett neben dem Lagerraum. Es war eigentlich Marlies’ Aufgabe, den Herrn und seine Gäste zu bedienen, aber morgens war sie erneut unpässlich gewesen.
    Annalena gefiel es überhaupt nicht, Röber servieren zu müssen. Aber sie hatte keine Wahl. Seufzend band sie sich die schmutzige Schürze ab und griff nach dem Tablett. Zwei Gläser bedeuteten immerhin, dass Röber nicht allein war und sie nicht wieder bedrängen würde.
    Als sie jedoch eintrat, fand sie Röber allein im Kabinett vor. Er trug seinen schwarzen Reitrock, dunkle Hosen und blankgewienerte hochschäftige Stiefel. Zwischen seinen Händen bog er eine lange Reitgerte. Es machte den Anschein, als wollte er nach dem Genuss des Weins ausreiten. Doch mit wem?
    »Verzeiht, aber Frau Hildegard sagte mir …«
    »Dass du mir Wein bringen sollst«, vollendete Röber ihren Satz und lächelte. Auch jetzt nahm er die Gerte nicht herunter, sondern schlug sich damit leicht auf die Handfläche. Das leise Zischen ließ Annalena erstarren. Die Narben auf ihrem Rücken prickelten unangenehm, denn ihre Haut erinnerte sich noch allzu gut, wie es war, von einem Gegenstand wie diesem geschunden zu werden.
    »Bevor ich ausreite, möchten mein Gast und ich unsere Kehlen noch ein wenig befeuchten.«
    Annalena stellte das Tablett auf das Schreibpult und wollte gerade gehen, als Röber die Gerte vorschnellen ließ und sie ihr vor die Brust hielt.
    »Lauf doch nicht gleich weg! Oder hat dich Hildegard dermaßen an der Kandare, dass du keinen Augenblick Zeit für deinen Herrn hast?«
    Während er sprach, fuhr er mit der Gerte die Kontur ihres Busens nach. Annalena wollte sofort zurückweichen, doch Röber war schneller. Er trat rasch hinter sie, so dass sie seinen Atem in ihrem Nacken spüren konnte, und schlang einen Arm um ihre

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