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Das Krähenweib

Das Krähenweib

Titel: Das Krähenweib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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zurück. Seine Hand schnellte von ihrem Schenkel an sein Ohr. Es blutete zwar nicht, aber der Schmerz ließ ihn taumelnd zurückweichen, so dass sie zur Tür flüchten konnte.
    Der Kaufmann brüllte wütend auf und jagte Annalena hinterher. Noch vor der Treppe bekam er ihr Kleid zu fassen und zerrte sie nach hinten. Ein reißendes Geräusch ertönte und seltsamerweise konnte Annalena in diesem Augenblick nur denken: Gleich wird er die Striemen sehen, gleich kennt er mein Geheimnis.
    Doch dann schleuderte er sie gegen die Wand und kam drohend auf sie zu. Sie barg in Erwartung eines Schlages ihren Kopf zwischen den Armen. Tatsächlich riss der Kaufmann die Hand hoch, doch bevor er sie niedersausen lassen konnte, ertönte plötzlich eine Stimme von der Treppe her.
    »Monsieur Röber? Seid Ihr dort oben?«
    Es war Paul, der da rief.
    Als der Schlag ausblieb, hob Annalena vorsichtig den Kopf. Röber starrte sie zornig an, die Hand noch immer erhoben. Doch dann wirbelte er herum und ging zur Treppe. Dabei griff er wieder an sein Ohr, und Annalena wünschte sich, dass es anschwellen möge und er dann von jedermann gefragt würde, was die Schwellung verursacht hatte.
    »Ich komme, mach nicht so ein Geschrei!«, rief er Paul entgegen, als er die Treppe hinunterpolterte.
    Annalena atmete tief durch, und weil ihre Beine plötzlich weich wie Butter waren, sank sie an der Wand herab.
    Was hatte sie sich nur gedacht?
    Von nun an war ihre Stellung in diesem Haus nicht mehr sicher. Röber brauchte nur Hildegard von dem Vorfall zu erzählen. Doch hätte sie denn zulassen sollen, dass er sie mit Gewalt nimmt? Auf keinen Fall! Sie hatte sich geschworen, dass sie solch eine Behandlung nie wieder erdulden würde. Sie mochte eine Henkerstochter sein, aber sie war keine Hure!
    Nachdem sie sich erholt und ihre Erscheinung – das Kleid hatte zum Glück nur einen unauffälligen Riss an der Schulternaht – wieder in Ordnung gebracht hatte, nahm sie die restliche Wäsche ab. Dabei horchte sie aufmerksam nach Schritten, doch Röber kam nicht mehr nach oben. Dafür fürchtete sie sich, nach unten zu gehen. Sie ließ sich also Zeit und trug den Korb erst nach unten, als sie den Ruf der Haushälterin hörte.

    An diesem Abend verließ der Gewürzkrämer eine Stunde nach Mitternacht das Haus. Um diese Uhrzeit trieben sich nur noch Hunde, Katzen und Ratten in der Stadt herum. Vereinzelt tönten Fidelklänge aus einem der Gasthäuser, doch diesen schenkte Röber keine Beachtung.
    Der Vorfall mit seiner Magd ärgerte ihn sehr, aber heute Nacht dachte er kaum mehr daran. Sicher, er würde ihr den Biss ins Ohr heimzahlen, irgendwann, aber an diesem Abend ging es um etwas viel Wichtigeres.
    Der junge Böttger hatte ihn zu einer Vorführung geladen, und er war nun gespannt, welches Ergebnis der Bursche ihm präsentieren würde. Sicher war es spektakulär, sonst hätte er ihn nicht eingeladen.
    Sieberts Labor befand sich in der Nähe der Stadtmauer, ganz wie es zu einem Kurpfuscher wie ihm passte. Röber hatte sich natürlich informiert und Siebert schien demnach ein recht armseliger Geselle zu sein. Indem er sich Böttger zum Freund machte, konnte er es vielleicht als dessen Assistent zu etwas bringen.
    Der einsame Schein einer Kerze im Fenster zeigte Röber die richtige Tür, an der die Reste einer Schmiererei noch schwach auszumachen waren. Außerdem klebte über den Fenstern Ruß, als hätte es hier gebrannt. Aber solange das Haus noch stand und die von ihm finanzierte Einrichtung keinen Schaden nahm, sollte ihm das egal sein.
    Siebert war derjenige, der ihm öffnete. Die Jahre und die Zeit inmitten von ätzenden Dämpfen hatten ihm kräftig zugesetzt. Sein blondes Haar begann, schütter zu werden, seine Gesichtshaut wirkte von der ständigen Hitze aufgequollen wie nasses Leder. Seine Augen waren gerötet und sein Lächeln entblößte die Lücken in seinen Zahnreihen. »Guten Abend, Monsieur Röber, wir haben Sie erwartet«, sagte er und zog katzbuckelnd den Türflügel auf.
    Röber warf einen Blick in das Laboratorium. Es war der Einrichtung anzusehen, dass sie noch nicht lange hier stand. Böttger hatte sein Geld gut angelegt.
    Die Dämpfe, die ihm entgegenwaberten, ließen ihn an die Hölle denken, so wie er sie sich als Kind immer vorgestellt hatte. Es roch nach Schwefel und anderen Substanzen, die er nicht benennen konnte. Die Wände des Raumes waren rußgeschwärzt, und außer einem Leuchter auf dem Tisch in der Mitte, der umstanden war von

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