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Das Krähenweib

Das Krähenweib

Titel: Das Krähenweib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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schlug das Herz plötzlich bis zum Hals. War Johann etwas geschehen?
    Als sie weiterliefen, hörte sie ein paar Passanten wispern: »Sie sollen eine Leiche aus dem Wasser gefischt haben, hier ganz in der Nähe.«
    Annalena wusste, dass so etwas keine Seltenheit war. Immer wieder wurden Leichen die Flussläufe entlanggespült und verfingen sich schließlich in irgendwelchen Ästen, die ihre Reise beendeten. Doch diesmal konnte sie diese Neuigkeit nicht gleichgültig hinnehmen. Immerhin hatte sie der Junge gesucht …
    Am Spreehafen angekommen konnte sie schon von weitem eine Menschenmenge ausmachen. Sie sah die Kleidung von Bürgern und Bettlern; Fischer waren dabei und nicht zu übersehen die Uniformen der Gardisten. Dazwischen standen zwei schwarz gekleidete Männer, die wie Medizi aussahen.
    Annalenas Kehle schnürte sich zusammen. Sie wollte den Jungen fragen, warum sie herkommen sollte, doch als sie sich nach ihm umschaute, war er verschwunden. Wer hatte ihn geschickt? Wer hatte ihm erzählt, dass sie die Magd vom Röber war?
    Annalena erntete ein paar Unmutsbekundungen, als sie versuchte, weiter nach vorn zu kommen. Ein paarmal wurde sie beiseite gedrängt, doch schließlich gelangte sie an eine Stelle, von der aus sie eine gute Sicht auf das Geschehen hatte.
    Dass es keine männliche Gestalt war, die da auf den Steinen lag, beruhigte sie ein wenig, doch im nächsten Moment traf sie eine böse Ahnung wie ein Schlag in den Magen.
    Ihr brauner Rock war vollkommen durchnässt, ihre Füße bleich wie Wachs. Ihr Haar klebte teilweise an ihrem Gesicht fest, einige Strähnen fielen auf den Boden. Das Gesicht war nicht zu erkennen, denn der Kopf war dem Wasser zugewandt.
    »Sie wird sich wohl mit Absicht ins Wasser gestürzt haben«, hörte sie einen der Männer in Schwarz sagen. »Ob es irgendwelche Spuren an ihrem Leib gibt, werde ich in meinem Haus überprüfen müssen.«
    Annalena fühlte sich schwindlig. Es war, als würde eine schrille Stimme ihr den Namen »Marlies« in die Ohren schreien und damit versuchen, ihr die Sinne zu nehmen. Sie griff Halt suchend um sich und erwischte einen Mann an der Jacke. Ihre Finger krallten sich fest in den Stoff, denn unter ihren Füßen war es mit einem Mal, als stünde sie auf einem unruhig schwankenden Schiff.
    »He, was soll denn das?«, fragte der Mann und trat ein Stück zur Seite.
    Ihres Haltes beraubt, gaben Annalenas Knie schließlich nach und sie fiel zu Boden. Trotz der Schwäche, die ihren Körper erfasst hatte, fühlten sich ihre Sinne merkwürdig klar an. Einer der Doktoren drehte den Kopf der Leiche nun zur Seite, so dass sie in ihr Gesicht blicken konnte. Es war aufgequollen und weiß, die Lippen waren blau, doch es war unverkennbar das von Marlies. Ihre Augen waren glasig und ein anklagender Ausdruck lag in ihnen.
    Du hast mir nicht geholfen, du hast mich sterben lassen.
    Annalena übergab sich würgend auf den Boden. Viel kam nicht, denn sie hatte noch nicht gefrühstückt, nur grüne Galle floss auf den Stein.
    Die Tote wurde jetzt auf eine Bahre gehoben, und als sich die starren Augen abwandten, ließ auch der Würgereiz nach. Alles, was blieb, war ein taubes Gefühl in ihrem Inneren. Man konnte es nicht Trauer nennen, es war eher so, als hätte sie gerade ihr eigenes Schicksal gesehen.
    Obwohl sich Annalenas Glieder wie junge Grashalme anfühlten, die bereits von einem Windstoß umgebogen werden konnten, rappelte sie sich langsam wieder auf. Ein paar andere Frauen waren ebenfalls in Ohnmacht gefallen, aber diese hatten Kavaliere, die ihnen Riechsalz unter die Nase hielten. Annalena putzte sich den Staub vom Rock und sah dann, wie sich der Arzt über die Tote beugte und ihren Bauch befühlte. Sie hatte keine Ahnung, wie gelehrte Doktoren ihre Untersuchungen durchführten, aber sie war sich sicher, dass er herausfinden würde, dass sie schwanger war.
    Als der Doktor fertig war, wies er einen Mann, der sich bislang im Hintergrund gehalten hatte, an, die Frau fortzuschaffen. Ohne seinen Namen zu kennen oder ihn zuvor schon einmal gesehen zu haben, wusste Annalena, dass es sich bei ihm um den Henker handelte. Er war ein großer Mann mit kräftigen Armen und einem blonden Haarschopf. Sein Körper steckte in einem nietenbeschlagenen Wams aus braunem Leder, und auch der Rest seiner Kleidung glich der ihres Vaters. Nun erfuhr sie auch, woher der blonde Bursche gekommen war. Er tauchte neben dem Henker auf und die Ähnlichkeit war nicht zu übersehen.
    Annalena kam

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