Das Krähenweib
Amtmann wirkte beeindruckt. Er schien zu wissen, dass die meisten Apotheker mit der Goldmacherei nichts am Hut haben und sie mit größter Skepsis betrachten. Wenn ein Mann wie Zorn, dessen Name auch in Sachsen bekannt ist, an meine Kräfte glaubte, dann würden sie wohl rechtens sein. »Nun, vielleicht sollte Er uns eine kleine Demonstration seines Könnens geben. Unser gnädiger Herr, der Kurfürst, würde es sicher zu schätzen wissen, einen solch begabten Untertanen zu haben.«
Ein Klopfen ertönte, bevor ich antworten konnte. Eigentlich hatte sich der Amtmann ausgebeten, dass uns niemand stören sollte, doch der Besucher hatte es anscheinend mit beharrlicher Aufdringlichkeit geschafft, die Wachen dazu zu bewegen, ihn durchzulassen. Der Amtmann bat ihn murrend herein, denn es konnte ja sein, dass es ein königlicher Kurier mit einem dringlichen Papier war.
Doch der Mann, der eintrat, trug einen dunklen Rock, dem der schwache Duft von Gewürzen anhing. Röber! Ich hatte geglaubt, ihn nie mehr wiederzusehen, ich dachte, dass ich ihn ebenso wie mein altes Leben in Berlin zurückgelassen hätte. Doch in beidem hatte ich mich offensichtlich getäuscht.
Ich fragte mich, was er hier zu suchen hatte, doch dann wurde mir alles klar. Ihm habe ich es zu verdanken, dass ich vorgeladen wurde. Seine Miene wirkte unbewegt, aber ich wusste, dass er sich innerlich freute, mich erwischt zu haben. Nun würde er endlich das Kopfgeld einstreichen können, das der König auf mich ausgesetzt hat.
»Monsieur Röber, was führt Euch zu mir?« Der Amtmann klang verstimmt, bestätigte mit seinen Worten allerdings meinen Verdacht.
»Wenn Ihr erlaubt, würde ich diesen Mann gern unserer gnädigen preußischen Majestät zuführen«, sagte er in schmeichelndem Ton.
Der Amtmann sah einen Moment lang so aus, als würde er seinen Vorschlag in Erwägung ziehen. Dann jedoch schüttelte er den Kopf. »Der Kerl da hat behauptet, in Sachsen gebürtig zu sein, also untersteht er nur Ihrer Majestät, dem Kurfürsten Friedrich August. Diese Stadt hier ist seine Stadt, und ich würde mich in Teufels Küche bringen, wenn ich einen Befehl des preußischen Königs über das Wohl meines Kurfürsten stellte.«
Ich wusste, was den Amtmann vorrangig zu dieser Aussage bewegte. Wenn er mich seinem Herrn übergibt, nachdem mir die Transmutation gelungen ist, wird er gewiss zu Ruhm und Ehren kommen. Außerdem würde es ihm wohl an den Kragen gehen, wenn bekannt würde, dass er mich den Preußen ausgeliefert hätte.
Röbers Augen funkelten zornig. Er blickte zu mir, als hoffte er, dass ich verlangte, mit ihm zu gehen. Doch da kann er lange warten. Der Sachsenfürst mag nicht besser sein als der Preußenkönig, doch Ersterer hatte noch keinen Preis auf mich ausgesetzt und wird mich vielleicht mit offenen Armen empfangen. Wohingegen Friedrich mich sicher bei der kleinsten Verfehlung aufknüpfen lassen würde.
»Herr Amtmann, wenn Ihr mir einen Gefallen tun wollt, schickt mich nicht zu den Preußen. Ich verspreche, ich werde unserem allergnädigsten Kurfürsten ein treuer Diener sein.«
»Dieser Mann schuldet mir Geld!«, fuhr Röber den Amtmann daraufhin an, als sei dieser Belang wichtiger als die Interessen der Herrscher.
»Nun, das müsst Ihr mit Böttger ausmachen – nachdem entschieden wurde, wohin er kommt. Jetzt wird er uns erst einmal eine Probe seines Könnens geben, und wenn diese gelingt, wird Seine Majestät, der Kurfürst, über sein Schicksal entscheiden.«
Röber knirschte mit den Zähnen, so laut, dass sogar ich es vernehmen konnte. Ich empfand heimlich Freude, obwohl ich wusste, dass mein Kopf noch lange nicht aus der Schlinge heraus war.
Um die geforderte Transmutation durchführen zu können, brauche ich ein paar Dinge, doch die wird der Amtmann sicher holen lassen, und er muss, notfalls durch seine eigene Person, auch sicherstellen, dass das Arkanum unversehrt zu mir gelangt.
Wichtiger als das ist jedoch, dass ich die geheime Zutat, die bereits beim Experiment im Zorn’schen Keller geholfen hatte, in die Finger bekomme. Es gibt nur eine Person, zu der ich genug Vertrauen habe, dass sie sie mir besorgen kann. Ich kann nur beten, dass sie es schafft, einen Weg in dieses Gemäuer zu finden.
Röber wurde nach dieser Unterhaltung einfach stehengelassen, und als man mich in meine Zelle führte, spürte ich seinen Blick wie einen Stich zwischen meinen Schulterblättern. Am liebsten würde er mich sicher auf Knien nach Berlin
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