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Das Krähenweib

Das Krähenweib

Titel: Das Krähenweib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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zurücktreiben. Aber dazu hat der Kaufmann weder die Macht noch die Kraft.
    Meine Zelle ist wesentlich kleiner als die Studentenkammer, die ich zusammen mit A. bewohnt habe. Doch irgendwie komme ich mir sicher innerhalb dieser Mauern vor. Vielleicht empfängt mich der sächsische Kurfürst freundlich, vielleicht auch nicht, aber das ist immer noch besser, als zurück nach Preußen geschleppt zu werden, um dort den Kopf zu verlieren.
    Annalena drückte sich zitternd in die Schatten der Häuser und blickte hinüber zum Wittenberger Schloss.
    Sie hatte von einigen Studenten erfahren, dass Johann dort war, die noch vor wenigen Tagen mit ihm beim Guckguck, wie das Bier hier genannt wurde, zusammengesessen hatten. Sie hatten über ihre Studienfächer und wahrscheinlich auch über das Goldmachen gesprochen. Annalena hatte das sorgenvoll beobachtet, aber gehofft, dass Johanns Gesicht hier nicht bekannt war.
    Ein Trugschluss, dachte sie bitter. Die Steine in ihrem Rücken waren noch kälter als die Luft, und ihr Atem gefror vor ihrem Mund zu einer kleinen Wolke. Sie konnte nichts dagegen tun, dass ihre Zähne klapperten. Zwei Tage saß Johann jetzt schon in Haft. Annalena fröstelte noch stärker, als sie wieder daran dachte, wie er ihr flankiert von zwei Stadtwächtern entgegengekommen war. Ihre Blicke hatten sich kurz getroffen, aber das hatte gereicht, um alles zu erklären. Das Gold hatte ihn wieder eingeholt.
    Zunächst hatte Annalena vermutet, dass einer seiner Studentenfreunde ihn verraten hatte. Als sie jedoch in der ersten Nacht hier unten, vor dem Tor des Schlosses, gestanden hatte und auf Johanns Freilassung oder zumindest eine Gelegenheit, ihn zu sehen, wartete, hatte sie drei Männer bemerkt, die aus dem Schloss kamen. Zwei davon kannte sie nicht, aber bei einem von ihnen hatte sie zunächst geglaubt, dass ihre Augen ihr einen Steich spielen würden.
    Der dritte Mann war Friedrich Röber.
    Allein die Tatsache, dass er hier war und sich nicht um die Angelegenheiten in seinem Kontor kümmerte, zeigte, dass er noch immer darauf aus war, sich das Kopfgeld zu verdienen. Vielleicht hatte es der König mittlerweile sogar erhöht. Nur woher wusste er, dass Johann hier war? Sie hätten in alle Richtungen verschwunden sein können. Sie hätten sogar nach Schlesien gehen können oder ins Ausland. Welcher Hexenkräfte hatte sich Röber bedient?
    Nachdem sie diese Entdeckung gemacht hatte, war sie schnell zu ihrem Quartier gelaufen. Unzählige Gedanken wirbelten wild durch ihren Kopf, und taten es noch lange, nachdem sie sich frierend auf das Bett in ihrer Wirtshauskammer gelegt hatte.
    Am nächsten Morgen war sie fast überzeugt, dass alles nur ein schlechter Traum war. Sie hatte gehofft, dass Johann neben ihr liegen würde, wenn sie die Augen öffnete. Doch der Platz neben ihr war kalt. Johann war immer noch im Elbturm.
    Den ganzen Tag über hatte sie also überlegt, wie es ihr gelingen konnte, in den Turm zu kommen. Inzwischen tuschelten die Wittenberger schon in den Schenken davon, dass die Preußen vor der Stadt lagen, und Annalena fürchtete, dass man ihnen Johann ausliefern würde. Schließlich war ihr eine Idee gekommen, von der sie hoffte, dass sie ihr das Schlosstor öffnen würde.
    Und nun war sie hier.
    Sie bückte sich nach dem Korb, der neben ihr stand. In Johanns Bündel hatte sie einige Münzen gefunden, von denen sie ein paar dazu verwendet hatte, einen Korb, etwas zu essen und einen Krug Wein zu kaufen. Noch einmal atmete sie tief durch, dann näherte sie sich dem Schloss. Zwei Soldaten wachten vor dem Tor. Gewiss standen sie nicht immer dort, denn von Studenten wusste sie, dass das Schloss mittlerweile nur noch Amtssitz des Kreisamtmannes Gottfried Ryssel war. Wenn der Elbeturm sonst Gefangene beherbergte, dann sicher nicht so wertvolle wie Johann.
    Die beiden Wächter bliesen sich ihren Atem in die Hände, in der Hoffnung, dass sie dadurch wärmer würden. Erst als Annalena beinahe vor ihnen stand, nahmen sie Notiz von ihr.
    »Was willst du hier?«, fuhr sie einer der Uniformierten an.
    »Ich bringe Verpflegung für den Gefangenen.«
    Die Wächter blickten sie an, als hätten sie sie nicht richtig verstanden.
    »Ich möchte zu Johann Böttger«, sagte Annalena daraufhin. »Das hier ist ein Korb von der Witwe Kirchmaier. Sie sagte, ich solle es dem armen Jungen bringen.« Der Name Kirchmaier war in Wittenberg ein Begriff, beinahe jedermann hatte den dahingeschiedenen Professor gekannt und gemocht. Auch die

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