Das Krähenweib
eisigen Ostwind, und obwohl die Fensterläden geschlossen und verriegelt waren, klapperten sie im Wind, als nähere sich der Tod auf seinem fahlen Gaul.
Er klopfte gegen die Tür, von der Farbe abblätterte und auf seinen Rock rieselte, und als hätte man nur auf seine Ankunft gewartet, wurde ihm sofort aufgetan. Zunächst konnte er nichts sehen. Wer auch immer ihn erwartete, tat das in vollkommener Dunkelheit.
Doch dann sprühten Funken und im nächsten Moment wurde eine Kerze entzündet. Die kleine Flamme vermochte den Raum nicht mit Licht zu füllen, doch immerhin beleuchtete sie die Gesichter von zwei Männern.
»Ihr seid also Röber?«, fragte einer von ihnen. Er war um einiges jünger als der Kaufmann, hatte buschige Augenbrauen und ein breites Kinn, das sicher den einen oder anderen Schlag hinnehmen konnte, ohne zu brechen.
»Ja, der bin ich. Mit wem habe ich das Vergnügen?«
»Unsere Namen tun nichts zur Sache«, entgegnete sein Gesprächspartner. »Nur so viel, wir sind vom König gesandt worden, um mit Euch über diesen Goldmacher zu sprechen. Ihr hattet vor, Euch das Kopfgeld zu verdienen, habe ich recht?«
»Ich wollte Ihrer Majestät zu ihrem Recht verhelfen.«
»Sehr löblich von Euch«, mischte sich nun der andere ein. »Seine Majestät weiß das zu schätzen, und deshalb machen wir Euch ein Angebot. Soweit wir in Erfahrung gebracht haben, hatte der Bursche eine Zeitlang Umgang mit Euch.«
Röber nickte.
»Und bevor Ihr Euch entschlossen habt, ihn dem König auszuliefern, habt Ihr ihm Unterschlupf gewährt.«
»Das ist ebenfalls richtig«, antwortete der Krämer.
»Dann würdet Ihr diesen Burschen also erkennen können, auch wenn Ihr ihn nur flüchtig unter vielen anderen Menschen seht?«
»Ich würde ihn sogar im Dunkeln noch erkennen!«, prahlte Röber, obwohl er genauso gut wie die beiden Fremden wusste, dass das maßlos übertrieben war.
»Dann seid Ihr unser Mann«, sagte darauf der erste Fremde. »Erzählt uns alles über seine Flucht aus Eurem Haus.«
Was gab es da zu erzählen? Röber zog die Augenbrauen zusammen und Ärger machte sich in ihm breit. Wenn diese beiden Männer so gut informiert waren, wussten sie gewiss auch, dass er am Boden gelegen hatte, mit einer bombastischen Beule an der Schläfe und dem Gesicht im Dreck – und im Pfeffer.
»Er ist mit einem Wagen geflohen, der von meiner Magd gelenkt wurde. Wie die ganze Sache vonstattenging, weiß ich nicht, denn das Weibsstück hat mich mit einem schweren Glas niedergeschlagen. Aber sie muss belauscht haben, wie ich meinen Gehilfen zur Wache schickte. Wie sie es angestellt haben, aus der Stadt zu kommen, weiß ich nicht.«
»Aber auch sie würdet Ihr wiedererkennen?«
Röber ballte, für die Männer unmerklich, die Fäuste. »Und ob ich sie wiedererkenne! Mit ihr verhält es sich ebenso wie mit Böttger. Beide erkenne ich wieder, selbst dann noch, wenn mich mein Verstand und mein Augenlicht verlassen haben.«
Die beiden Männer sahen sich kurz an, und das reichte ihnen bereits, um sich zu verständigen. »Wir haben Kunde, dass ein Krämerwagen südlich von Berlin gesichtet wurde. Und wir vermuten auch, dass Böttger einen Bekannten in Wittenberg hat. Sein Name ist Kirchmaier, er ist ein Freund von Kunckel von Löwenstein. Sagt Euch der Name etwas?«
Röber lächelte boshaft. Beinahe rieb er sich vorfreudig die Hände, »Kunckel ist ein Freund von Böttger. Er stand mit ihm in regem Kontakt, es ist also gut möglich …«
»Dass er bei Kirchmaier Unterschlupf sucht?«
Röber überlegte. Er hatte den Goldmacher als überlegten jungen Mann kennengelernt. Er würde es sicher zu schätzen wissen, in ein gemachtes Nest flüchten zu können. »Ich denke schon, dass er das tun würde. Wohin sollte er sonst gehen? Soweit ich von seinem Lehrherrn vernommen habe, versuchte er einmal, nach Breslau zu flüchten, aber diese Route wählt er gewiss nicht in dieser Jahreszeit. Und zu Kunckel selbst ist der Weg weit.«
»Gut, dann werden wir nach Wittenberg reisen«, sagte der zweite Mann. »Und Ihr werdet mit uns kommen.«
Röber hatte zwar nichts dagegen, selbst auf die Jagd zu gegen, er fühlte sich allerdings ein wenig überrumpelt. »Aber was wird dann aus meinem Geschäft?«
»Ihr sagtet doch etwas von einem Gehilfen, überlasst es ihm«, antwortete der erste. »Und keine Angst vor Verlusten, der König wird Eure Mithilfe bestens honorieren. Das Kopfgeld ist noch immer auf Böttger ausgeschrieben, und da ihn in Sachsen
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