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Das Kreuz der Kinder

Das Kreuz der Kinder

Titel: Das Kreuz der Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Berling
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Text an sich gebracht
hätten?! Der alte Lofti schlug die Augen noch einmal auf,
ganz langsam deutete seine Hand auf Mund und Gurgel,
um dann ermattet auf seinem Bauch niederzusinken.
Damit war er klaglos verschieden, aber die verräterischen
Zeilen hatte Lofti zuvor verschluckt, wenn wir seine letzte
Geste richtig deuteten.
Zur Sicherheit durchwühlten wir noch Kästen und Kübel
der Werkstatt. Von dem fraglichen Pergament fanden wir
keine Spur, aber in einer Schüssel, in der er wohl alle
Abfälle des edlen Materials sammelte, fand ich zuunterst
den Goldring, und zwar den ersten, den mit dem
Liebesschwur der Königin. Lofti mußte ihn bereits
angefertigt haben, als Murad den Auftrag abänderte. Also
fertigte der Juwelier den Ring ein zweites Mal. Den hatte
ich abgeholt, mit dem hatte Friedrich seinen ›Königsritt‹
gen Deutschland angetreten. Ich nahm den Erstling an
mich. Murad hielt es für ratsam, die Stadt noch in der
gleichen Nacht zu verlassen. Den Rest der Geschichte
kennt Ihr doch«, fügte Elgaine noch an, »ich würde gern
den Ring, den Ihr verwahrt, lieber Rik, bei Gelegenheit in
Augenschein nehmen.«
»Das hat nun wirklich Zeit!« intervenierte Irm, zumal
jetzt das bestellte, längst erkaltete Honiggetränk gereicht
wurde.
»Wenn Ihr gestattet«, schaltete sich der Emir ein. »Auch
ich würde gern einmal diesen Ring genauer betrachten,
was Ihr, Rik, wie ich Euch kenne, bisher sicher unterlassen
habt?!«
Rik bekam einen hochroten Kopf wie ein ertappter
Scholar. Alle lachten.
»Morgen!« gestand er verlegen dem Frager zu.
»Morgen soll sich Elgaine ausruhen«, bestimmte Irm.
»Ich werde an ihre Stelle treten!«

aus der Niederschrift von Mahdia
Über die eisige Klinge
Bericht des Daniel und der Irmgard von
Styrum
    Die Hauptmasse der Deutschen unter ihrem Führer Niklas
hält hingegen entlang der Seen des Jura gemächlich auf
Genf zu, das seine Tore verschließt, so daß sie weiter gen
Süden ziehen, wo die warmen Quellen sie zum Bade
laden. Der Kreuzzug kommt de facto zum Stillstand, die
Kinder lassen sich vom milden Herbst Savoyens täuschen.
Wein als saftige Reben gepflückt oder auch schon zum
Most vergoren, Nüsse und Kastanien tragen ein übriges
zum trügerischen Wohlbefinden bei. Vergessen sind alle
Ängste vor der Überquerung der Gebirgskette der Alpen,
statt dessen beginnt sich eine Stimmung breitzumachen,
doch völlig darauf zu verzichten und durch die Provence
zum Mittelmeer zu ziehen.
    Keine hundert Meilen trennen die Deutschen zu diesem
Zeitpunkt vom Tal der Rhone, durch das immer noch die
Nachzügler des französischen Aufgebots auf Marseille
zustrebten. Es war nicht Ripke, der Obrist, sondern Daniel,
der Legatus, der sich diesem Vorschlag vehement
entgegenstellte. Was ihn dazu trieb, verschwieg er allen,
auch Niklas. Es war wohl die Befürchtung, daß er in
Frankreich seine kleine Macht verlieren, wieder unter die
Fuchtel des Monsignore Gilbert de Rochefort geraten
könnte – zumindest unter die des ehrgeizigen Luc de
Comminges. Damals stellte ihn keiner zur Rede – und
noch heute streitet er derlei Beweggründe ab. Er setzte
sich durch, weil wider alle Vernunft auch Ripke in das
gleiche Horn stieß. Sie entschieden sich für den Übergang
beim Col du Mont-Cenis. Niklas, dem ›Heiler‹, war alles
recht, solange nur wieder Bewegung in die trägen Massen
kam, die nach wie vor völlig unzureichend ausgerüstet
waren, noch im Traum – oder benebelt vom steten
Weingenuß – daran dachten, sich zu verproviantieren.
»Ich ertrag das nicht länger!«
    Zum Zeichen seines Protestes warf der Schreiber Daniel
seine Feder hin, daß die Tinte spritzte. »Ich laß mir von
dem Fräulein von Styrum gern Ahnungslosigkeit
unterstellen, aber keine Infamie!«
    Er trampelte erregt auf seinem Schreibgerät herum. »Es
war schon zu Köln die klare Vorgabe des Niklas und
seiner Leute gewesen, daß wir über die Alpen nach Italien
ziehen, um mit dem Segen des Papstes –.«
    »Da hätte sich ja wohl der Sankt Gotthard als nächstes
angeboten –.«, unterbrach Rik spöttisch das Aufbegehren
des ›Katib‹.
    »Das müßt ausgerechnet Ihr mir vorwerfen!« schäumte
der Schreibsklave. »Wegen Eures Dünkels, wegen der
Eigensucht der Herren vom Adel, die uns zu Basel nach
Westen abdrängten, sind wir überhaupt erst in diese Lage
geraten – und das hat unnötig viel Zeit gekostet!«
»Lächerlich!«
    Irm verlangte es dringend danach, ihre

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