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Das Kreuz der Kinder

Das Kreuz der Kinder

Titel: Das Kreuz der Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Berling
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Chronistenrolle
selbst zu verteidigen. »Wo sollte es denn hinführen, wenn
die Feder sich verweigert, sobald der sie führenden Hand
das Diktum des gesprochenen Wortes nicht paßt!?«
Irm war erzürnt, aber Rik kam ihr zuvor.
     
»Das hätte Euch doch erst recht davon abhalten müssen,
jetzt noch –.«
    »Halt!« tönte da die Stimme des Emirs, und zwar hörbar
verärgert. »Ich denke, alle Beteiligten an diesem Irrsinn,
ob nun auf deutscher oder französischer Seite, ob nun
Hochadel des Abendlandes oder niederer Klerus, haben
sich so viel an Fehlverhalten, furchtbare Sünden bis hin
zum Verbrechen – zuschulden kommen lassen, daß es
keinem der Überlebenden ansteht, über den anderen zu
richten!«
    Der Emir legte eine Pause ein, schon damit sich die
Gemüter im ›Saal der Bücher‹ beruhigten. »Grundsätzlich
geht es nicht an, ya Katib Daniel, daß Ihr Euch der
Niederschrift verweigert, denn die schuldet Ihr mir! Habt
Ihr hingegen etwas Ergänzendes oder eine Berichtigung
beizutragen, dann gebt diese gefälligst anschließend zu
Protokoll – schriftlich! Das steht Euch jederzeit frei.«
    Der unsichtbar gebliebene Kazar Al-Mansur räusperte
sich. »Jeder Chronist, das gilt nicht nur für ›Armin‹ von
Styrum, ist hingegen gehalten, mit Aussagen über
Anwesende maßvoll umzugehen oder diese zuvor
abzusprechen. Ich bin durchaus gewillt, mir jede Art von
Streitgespräch anzuhören, nicht aber späte, rachsüchtige
Abrechnungen oder auch nur schlecht versteckt
Diffamierungen! – Fahrt fort, Daniel!«

aus der Niederschrift von Mahdia
Über die eisige Klinge
Bericht des Daniel und der Irmgard von
Styrum
    Erst im Angesicht der sich nähernden schneeweißen
Zacken der Seealpen tut sich Irm, ›Armin‹, von Styrum
mit dem Legaten Daniel zusammen. Gegen den
anfänglichen Widerstand des Obristen Ripke – und ohne
den ›Heiler‹ zu fragen – geben sie den Befehl an den
Kreuzzug heraus, noch einmal nach allen Seiten
auszuschwärmen, um – anstatt von der Hand in den Mund
– sich mit dauerhaftem Proviant zu versorgen, wenn
möglich auch mit warmer Kleidung und festem
Schuhwerk. Der eigentliche Grund, weswegen sich Ripke
einsichtig zeigte – oder zumindest auf die von Irm und
Daniel getroffenen Maßnahmen einzuschwenken schien,
war die recht realistische Aussicht, daß es zu einem
fürchterlichen Gedränge kommen mußte, sollten alle auf
einmal den Paß auf engstem Pfade zu erklimmen suchen.
Niklas, ›der Heiler‹, war außer sich, als er von dieser
eigenmächtigen Anordnung hörte. Er setzte beide, Obrist
wie Legatus, auf der Stelle ab, beauftragt ›Armin‹ von
Styrum, deren Beteiligung an der ›Verschwörung‹ er nicht
erkannte, mit seiner Vertretung und befiehlt seiner engsten
Leibwache, den auf ihn – nicht auf Ripke –
eingeschworenen Gardisten, unverzüglich mit ihm ins
Gebirge aufzubrechen.
    Weder Ripke noch Daniel kümmern sich um das
Verdikt, einigen sich aber darauf, daß Daniel die Nachhut
anführen soll. Ripkes Hintergedanke dabei ist, daß dem
Legaten somit alles ›Kroppzeug‹ zufällt, mit dem er sich
herumschlagen muß, vor allem, wenn er darauf besteht,
daß alle erst seinem Befehl, sich zu verproviantieren,
nachzukommen haben, bevor sie aufbrechen dürfen. Ripke
geht mit gutem Beispiel voran: Wer keine ordentliche
Ausrüstung vorweisen kann, samt einem Sack voll
haltbarer Nahrung, der wird erbarmungslos
zurückgeschickt. Ripke hat tatsächlich vor, nur mit den
Besten den Marsch durchzuführen, und geht einfach von
der Überlegung aus, daß wer sich durch Geschick, Raub
oder Diebstahl schnell mit dem Erforderlichen ›versorgt‹
hat, auch die notwendige Härte aufbringen wird. Kurz und
bündig: keine Versager!
    Dieser Auslese fällt auch Irm zum Opfer, der Ripke
persönlich zwar diese Qualifikation zuspricht, aber
›Armin‹ von Styrum hat den Krüppel Randulf nebst seiner
blinden Schwester Dörte um sich geschart sowie den
›Vetter‹ Jacov und ›Maria‹, dessen Braut. Auf ›Maria‹,
hinter der sich die Jüdin Miriam aus Worms verbirgt, hat
es Ripke seit einiger Zeit abgesehen. Nachdem er mit
seinem plumpen Werben wie einem brachialen Versuch,
sie mit Gewalt zu nehmen, bei dem zarten Wesen
abgeblitzt ist, verlangt er von ›Armin‹, ihr zu befehlen,
sich seinem Zug anzuschließen. Seine Ex-Braut lacht ihn
aus.
    Wütend setzt sich Ripke an die Spitze seines Haufens
und zieht in disziplinierter Marschordnung

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