Das Kreuz des Zitronenkraemers
unglaublich. Ein Mord? Unglaublich. Nein, nicht hier.
Das Klicken einer Kamera riss Hannes aus seinen Gedanken.
Ein Polizist fotografierte die Leiche aus jeder erdenklichen Perspektive. Andere Beamte schlichen durch den „Tatort“ und verteilten Schilder mit Nummern an irgendwelchen scheinbar relevanten Positionen. Der Bereich um die Leiche herum war mit einem rotweißen Band abgesperrt.
Männer in weißen Schutzanzügen aus Plastik untersuchten die Leiche. CSI Bekond an der Mosel, schoss es Hannes durch den Kopf.
„Herr Hannes Harenberg?“ Ein Polizist in Zivil baute sich groß vor ihm auf und sah ihn auffordernd an. Irgendetwas an dem Beamten erinnerte Hannes an eine Bulldoge. Platte, zurückgesetzte Nase und ein vorgeschobener Unterkiefer. Seine Augen klein und misstrauisch, fast aggressiv.
„Hauptkommissar Pelzer, Mordkommission, ich muss Ihnen ein paar Fragen stellen“, ließ die Bulldoge verlauten.
Hannes stand auf und wiederholte, was er bereits einem jungen Schutzpolizisten erzählt hatte. Die ganze Geschichte noch mal von vorn. Dass er hier Jagdaufseher ist und an diesem wunderschönen Sonntagmorgen auf der Nachsuche war, dass er seinen Revolver gerade gezogen und dann den Schuss gehört hatte. „Hm“, der Kommissar kratzte sich am Kopf und blätterte anschließend in einem kleinen abgenutzten Notizbüchlein. „Sie haben bei meinem Kollegen vorhin ausgesagt, dass Sie weiter unten im Wald in einer Dickung waren … “ „Genau“, unterbrach Hannes und wies mit der Hand die Richtung, „etwa 200 Meter dort hinunter …“
„Wem oder was genau haben Sie denn nachgesucht?“ Der Beamte kniff fragend die Augen zu schmalen Strichen zusammen.
„Na, einer angeschossenen Sau … ist das wichtig?“, wunderte sich Hannes.
„Und?“ Der Polizist wartete. „Was, und?“ Was wollte der Kerl eigentlich von ihm?
„Haben Sie die Spur des Tieres finden können?“
„Ja, habe ich …“
„Und wo ist der Kadaver?“, unterbrach der Kommissar unwirsch.
„Es gibt keinen Kadaver“, stammelte Hannes kleinlaut, „die Sau ist weg, als ich …“
„Und wie haben Sie eigentlich die Spur dieser angeblichen Sau verfolgt?“ Er sah Hannes, der überhaupt nichts mehr verstand, höhnisch an. „Mit Ihrer eigenen Nase erschnüffelt, nehme ich an“, gab Pelzer spöttisch von sich.
„Nein, natürlich nicht. Mein Hund hat die Spur aufgenommen … “
„Aha, Ihr Hund also!“ Er legte abermals eine Pause ein und wartete scheinbar erneut auf eine Antwort. Hannes sah ihn nur an und wusste, was nun kommen würde.
„Und wo ist ihr Hund?“, lautete dann auch prompt die erwartete Frage.
„Na abgehauen, der Sau hinterher, als der Schuss gefallen ist… “ Hannes kam sich langsam selber unglaubwürdig vor.
„Wie lange sind Sie denn hier schon Jagdaufseher?“ Hannes musste kurz überlegen. „Acht Jahre“, rechnete er aus.
„Acht Jahre“, wiederholte Pelzer unnötigerweise, „und dann treffen Sie keine Sau, die krank und verletzt genau vor ihnen steht?“
Hannes schluckte nur. Was sollte er darauf auch antworten?
„Mmh“, meinte Pelzer, „Herr Harenberg, ich muss schon sagen, dass hört sich alles ziemlich wackelig an, was Sie mir hier erzählen.“
Hannes starrte ihn an. „Ich weiß“, stammelte er, „ich kann nichts beweisen, aber ich habe … “
„Ich fasse noch mal zusammen, Sie haben keinen Hund, den Sie vorweisen können. Wie hätten Sie ohne Hund eine Spur verfolgen können? Es existiert keine Sau oder irgendetwas, was Ihre Geschichte bestätigen würde. Das einzige, was ich hier sehe, sind Sie, ihre benutzte Waffe und die Leiche.“ Er strich sich mit den Fingern übers Kinn und seufzte. Hannes brachte kein Wort mehr heraus. Worauf wollte dieser Typ eigentlich hinaus?
„Haben Sie denn irgendetwas gesehen, als Sie dann von ihrer angeblichen Suche in der Dickung hierher kamen, Herr Harenberg? Ein Auto wegfahren vielleicht, oder sonst was, was Ihnen aufgefallen wäre?“
„Ob mir was aufgefallen ist?“ So langsam ging Hannes der Kerl auf die Nerven, „Nein, eigentlich nicht. Nur die Leiche dort, über die ich fast gestolpert …“
„Kennen Sie den Mann?“, unterbrach der Kommissar. Hannes betrachtete die Leiche erneut. Langsam schüttelte er den Kopf. „Nein, dieser Mann ist mir nicht bekannt. Keine Ahnung, wer das ist. Vielleicht ein Jagdgast vom Pächter … tut mir leid, ich weiß es nicht.“
Der Beamte sah Hannes hart an. „So so, das wissen Sie also nicht...tut
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