Das Kriegsbuch
Talente.«
»Aber die Soldaten müßten doch bereits gesellschaftliche Grundgewohnheiten kennen. Sie sind Mitglieder einer Armee – sie haben Kameraden. Und sie können sprechen.«
»Das grundsätzliche Manko ist das gleiche«, erklär te der General düster. »Der Faktor, der jede richtige Ge meinschaft bestimmt, ist der Geschlechtstrieb und sei ne Erfüllung. Diese Männer jedoch haben kein sexuelles Ventil im normalen Sinne. Ursprünglich hatten wir geplant, sie zu kastrieren, aber wenn der Eingriff zu früh kommt, wirkt er sich negativ auf die angestrebte körperliche Entwicklung aus; und nach der vollen körperlichen Reifung kommt er nicht mehr in Frage – das Trauma würde das psychologische Gleichgewicht stören, auf das wir von Geburt an Wert legen. Eine homosexuelle Betätigung ist noch weniger denkbar – wir können es uns nicht leisten, irgendwelche Zuneigung zwischen den Kameraden aufkommen zu lassen. Sie sollen so zueinander stehen, als gehörte ihr Nachbar zur militärischen Ausrüstung – als wäre er ein Teil eines Mechanismus, dem sie auch angehören. Und es ist allein diese höchst unpersönliche Denkweise, die unse re Erfolge gegen den Feind ermöglicht hat.
Blieb also nur die Möglichkeit, ihnen regelmäßig Frauen zu geben, was wir auch tun. Eine Frau kann eine große Anzahl Soldaten versorgen, und das war auch die praktischste Lösung. Doch bis auf eine sehr einfache Zärtlichkeit gegenüber dem sexuellen Partner spielen Gefühle bei den Beziehungen keine Rolle. Die Männer haben einfach keine Gefühle. Sie sind jeder Art gegenseitiger Beziehung unfähig. Sie sehen die Frauen nicht einmal als Menschen an – noch sich selbst. Wir bringen ihren Frauen nicht das Sprechen bei – wozu auch?«
Einen Augenblick herrschte Schweigen, und als die Kaiserin dann das Wort ergriff, sprach sie die Gefühle aller aus. »Ich finde das alles ziemlich schrecklich, General. Die meisten von uns werden wohl nicht gewußt haben, was hier vorging.«
Chalmers stand dem General bei. »Genau, Euer Hoheit. Deshalb hat die Terra-Zentrale ihre Anweisung auch nicht auf normalem Wege übermittelt. Niemand soll jemals erfahren, was hier vorgegangen ist. Gott allein weiß, wie nahe wir der Vernichtung waren in diesem entsetzlichen Krieg. Gerettet hat uns allein das Entsetzliche, das wir hier getan haben. Aber das ist schon Vergangenheit – sei es nun gut oder schlecht. Wir haben Frieden, und die neue Devise lautet Zu sammenarbeit und Koexistenz mit den Kreekals. Unse re Soldaten würden mit einem solchen Weltbild nicht leben können, ganz abgesehen davon, daß wir sie erst gar nicht daran teilhaben lassen könnten. Man kann ihnen nicht beibringen, selbst für ihren Lebensunterhalt zu sorgen, und nachdem es nun auch mit den Kriegsgeldern aus ist, können wir es uns nicht mehr leisten, für sie aufzukommen. Bisher haben sie von den verwüsteten Welten gelebt – wo sollen sie jetzt ihren Unterhalt finden? Daß wir sie schufen, war eine entsetzliche Tat, und sie loszuwerden erfordert jetzt einen nicht minder fürchterlichen Akt.
Es gibt keine Möglichkeit, Schwerter in Pflugschare umzuschmieden – nicht in diesem Fall. Die Soldaten sind keine Menschen, sondern Waffen. Sie sind nicht anpassungsfähig – das ist ihnen nachdrücklich ausgetrieben worden.
Nein, Euer Hoheit. Panzer lassen sich vielleicht zu Traktoren umarbeiten, aber die Qualität menschlichen Stahls liegt in seiner Härte. Ein Versuch, ihn zu schmieden, ihn umzuformen, müßte auf jeden Fall da mit enden, daß wir nichts mehr hätten.«
Die Kaiserin lächelte milde. »Sie haben Ihren Standpunkt gut dargelegt, Mr. Chalmers. Aber wenn Sie Ihre Erklärungen so in Worte fassen, geraten sie doch etwas zu malerisch. Es handelt sich immerhin um Menschen, die wir also mit menschlichen Maßstäben messen sollten.«
»Es tut mir leid«, sagte Chalmers. »Ich wollte mit meinen Worten ausdrücken, daß die Männer so fest in ihre Form gepreßt worden sind, daß sie völlig zerbrechen würden, wenn man die Form wegnähme. Ich halte sie für psychologisch nicht ausreichend gewappnet, um mit einer anderen Situation fertigzuwerden als der, in der sie sich jetzt befinden. Auf keinen Fall sind sie zu selbständigem Handeln fähig. Sie handeln nur in Reaktion auf ihren Vorgesetzten, und ihre Vorgesetzten an höchster Stelle sind Menschen.«
»Verdammt, Chalmers«, schnappte der General. »Sie sprechen immer so unpersönlich über die Soldaten – dabei sind es doch
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