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Das Kriegsbuch

Das Kriegsbuch

Titel: Das Kriegsbuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Sallis (Hrsg)
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Grund dafür nicht ganz. Warum kann man die Männer nicht ins Zivilleben zurückkehren lassen?«
    Der General schwieg, und nach einer Weile ergriff Chalmers für ihn das Wort. Er hatte sich die Argumen te so oft vorgesagt, daß sie ihm nicht mehr überzeugend vorkamen, aber er ließ gleichwohl nichts aus. Er sah die Kaiserin an.
    »Wie Sie wissen, ist die kreekanische Gesellschaft einem Bienenstock vergleichbar. Ihre Soldatenwesen entstammen der umfangreichen Gruppe der Arbeitswesen der Gemeinschaft und sind vom Augenblick des Schlüpfens an auf den Kampf eingestellt. Die Menschheit hatte es vorher mit einem derart organisierten Gegner noch nicht zu tun, doch schon die Art der Auseinandersetzung machte es nötig, die Kreekals mit eigenen Mitteln zu schlagen – das heißt, in Landkämpfen auf den umstrittenen Planeten.
    Vor zweihundert Jahren begannen die Welten unter Kontrolle der Terra-Zentrale eine Kriegerklasse zu entwickeln, die den kreekanischen Soldatenwesen entsprechen sollte. Es wurden sehr viele Männer benötigt, und jedes System rekrutierte eine unabhängige Armee aus männlichen Kleinkindern, die bei der Geburt von den Eltern erworben wurden.
    Wegen des gewaltigen Personalbedarfs ist inzwischen fast der gesamte männliche Teil der Menschheit im Armeedienst gebunden. Sie alle sind von Geburt an ausgebildet, und ihre Ausbildung umfaßt zwei Teile. Der erste betrifft eine völlige Hinrichtung aller Gefühle auf den Wunsch, kreekanische Soldatenwesen zu töten. Der zweite Teil besteht in der Entwicklung der körperlichen und technischen Voraussetzungen, diesem Drang auch nachzugeben. Kurz gesagt – die Kinder werden so aufgezogen, daß sie nur von einem Gefühl beherrscht werden – der Aversion gegen die Kreekals – und daß sie nur eine Fähigkeit besitzen, nämlich Kreekals umzubringen. Sie sind also das genaue Gegenstück zum kreekanischen Soldatenwesen. Sie sind Maschinen, die nur auf ein Ziel ausgerichtet sind – und mit dem Ende des Krieges existiert dieses Ziel nicht mehr. Sie haben keinen Lebenszweck mehr.«
    Nachdem er nun alles gesagt hatte, hielt er inne. Jetzt kamen die Fragen und die Einwände, aber sein Anliegen hatte er erst einmal vorgetragen.
    »Ich sehe die Schwierigkeiten durchaus«, sagte die Herrscherin. »Aber warum? Warum hat man ihnen das angetan?«
    Chalmers setzte zu einer Antwort an, doch der General kam ihm – wie Chalmers fand, ziemlich barsch – zuvor.
    »Euer Hoheit – der Feind läßt sich gut mit einem Insektenschwarm vergleichen. Einer kleinen Aristokratie steht eine gewaltige geistlose Arbeiterklasse gegenüber. Ich sage geistlos – eigentlich meine ich aber geistig einseitig ausgerichtet. Ihr Leben besteht aus Arbeit oder – in Kriegszeiten – aus Töten. Der Unterschied ist dabei nur gering, da beide Tätigkeiten kaum Gefühl erfordern. Für die Kreekals ist der Umgang mit einer Schaufel fast dasselbe wie der Umgang mit der Waffe. Bei vernünftigen Menschen ist das anders. Einem erwachsenen Menschen das Töten beizubringen besteht nur zu einem geringen Teil darin, den Tötungsinstinkt und die Fähigkeit des Tötens in ihm zu entwickeln – die sind, wenn auch latent, ohnehin vorhanden. Eher geht es bei dem Training darum, die Gruppe sanfterer Gefühle zu unterdrücken, die sich im Laufe eines normalen Lebens entwickeln: Liebe, Ehrgeiz, gesellschaftliche Instinkte und so weiter. Und darin besteht das Problem. Wenn wir der instinktiven Feindseligkeit der Kreekals etwas entgegensetzen wollten, war es nicht praktisch, auf vernünftige Männer zurückzugreifen, deren Lebensart ihnen jede Art von Kriegsführung mit einem absolut leidenschaftslosen Gegner zuwider gemacht hatte. Himmel, es war nicht nur nicht praktisch, es war einfach nicht machbar! Wir mußten von Grund auf neu anfangen, und wir brauchten eine Menge Soldaten.«
    »Aber könnte man sie nicht umlernen lassen, General?«
    »Nein. In dieser Beziehung sind sie uns verloren, Euer Hoheit. Natürlich haben wir uns eingehend damit beschäftigt. Sie sind wie die Überlebenden, die wir manchmal auf angeblich durch Krankheit völlig ent völkerten Kolonialwelten finden. Verlassen wie Kin der, sind sie ganz allein aufgewachsen und treiben sich in der Wildnis herum. Wenn sie dann schließlich wie der in die Zivilisation gebracht werden, können sie sich nicht umstellen. Vielleicht lernen sie ein paar Worte, ein paar einfache Verrichtungen – aber sie bleiben Untermenschen. Sie bleiben ohne gesellschaftliche

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