Das Kriegsbuch
einen hochlehnigen Stuhl gesetzt, einen Plastikordner im Schoß. Zwischen den beiden Männern, an der Seite des Tisches, saß eine Frau in einem Ledersessel und beugte sich gespannt vor.
»Wir erfuhren vom Ende des Krieges auf dem üblichen Wege, Mr. Chalmers«, sagte der General. »Ich verstehe daher den Grund Ihres Besuches nicht recht.« Ein feindseliger Unterton schwang in seiner Stimme.
Chalmers hustete und warf der Frau einen entschuldigenden Blick zu. »Eigentlich bin ich in anderer Angelegenheit hier, General. Die Terra-Zentrale hat mich geschickt, um der Kaiserin gewisse diplomatische Aspekte des Krieges nahezubringen, die nach unserer Ansicht für eine normale Übermittlung nicht geeignet waren. Sie hat vorgeschlagen, daß wir Ihnen die Sache vortragen, da Sie gewissermaßen dem Problem näherstehen.« Er schaute bedeutungsvoll zum Fenster hinaus.
General Blackwood, der sich nicht die Mühe mach te, diesen Blick zu interpretieren, beugte sich langsam vor. »Kommen Sie zur Sache.«
»Nun, wie Sie wissen, beruht der Frieden nicht auf einer Kampfentscheidung. Wir haben vielmehr ein dauerndes Übereinkommen getroffen. Der Krieg ist im letzten Jahr derart ausgeartet, daß seine Fortsetzung die völlige Vernichtung beider Seiten – auch der Kreekals – bedeutet hätte. Ich nehme nicht an, daß Ihnen das be kannt ist, aber der Kampf war von den Kolonialplane ten bereits in die Heimatsysteme getragen worden.« Er blätterte in seinem Ordner, holte eine Photographie hervor und betrachtete sie vorsichtig. »Wir mußten entsetzliche Verluste hinnehmen. Im letzten Monat haben die Kreekals mit einem Großteil ihrer Flotte das terranische System angegriffen. Die Erde wurde zwar gerettet, aber um das zu erreichen, mußten wir die Verteidigungssphäre des Systems drastisch verengen. Und dabei wurde der Mars geopfert.«
Er ließ den glänzenden Abzug über die Tischplatte gleiten, und der General nahm ihn beiläufig auf und betrachtete eine hellgelb gleißende Scheibe vor einer sternenbesetzten Schwärze. Er hob den Blick und sah Chalmers an.
»Ich darf annehmen, daß das nicht die natürliche marsianische Albedo ist.«
»Das ist keine Reflexion, General, ganz und gar nicht. Als die Aufnahme gemacht wurde, war die Planetenoberfläche immer noch weißglühend – zwei Tage nach dem Angriff. Der Planet wurde mit Höllenbomben förmlich eingedeckt. Natürlich gab es keine Überlebende – zwei Milliarden Tote.«
»Ich möchte annehmen, daß wir uns gerächt haben«, sagte der General, der an einer Antwort eigentlich gar nicht interessiert war – vor allen Dingen nicht jetzt. Er hatte es nur gesagt, weil es von ihm erwartet wurde.
»Wir haben natürlich sofort einen Vergeltungsschlag gegen das feindliche Heimatsystem gerichtet. Dabei wurde die Kreekal-Sonne ausgelöscht.«
»Und damit war’s dann aus, nicht wahr? Der Krieg seither war nur noch etwas, das nichts mehr am Ausgang ändern konnte – eine kleine Formalität am Rande, während die Bedingungen ausgehandelt wurden, wie?«
»Es tut mir leid, General. Ich kann Ihre Erbitterung verstehen, aber die wird jetzt auch nichts mehr ändern, ja?«
General Blackwood wußte, was nun kam, und er sah die Kaiserin ausdruckslos an. Dann wandte er sich Chalmers zu. »Allein meine Armee hat in den letzten Wochen mehrere Millionen Soldaten verloren, Mr, Chalmers. Das ist keine Kleinigkeit. Kommen Sie endlich zum Kern der Sache.«
»Der Kern der Sache ist, verdammt nochmal, daß die Menschheit fünf Milliarden Soldaten auf dem Hals hat, ohne daß es weitere Kriege gäbe. Das Terra- Kommando hat angeordnet, daß die Soldaten zu vernichten sind.«
Der General nickte und sah auf die Tischplatte. »Ja, ich dachte mir schon, daß es darauf hinauslaufen wür de. Aber warum hat man Sie geschickt?«
»Die Terra-Zentrale war der Meinung, daß ein Befehl dieser Art auf dem normalen Wege etwas ungewöhnlich wirken würde. Man dachte, daß die Angelegenheit bei einer persönlichen Übermittlung … äh, nun …« Chalmers stockte, verlegen gemacht durch die Worte, die er jetzt vorbringen mußte. »Man dachte, daß es dadurch weniger unmenschlich wäre.«
Der General lachte rauh, bedauerte seine Grausamkeit jedoch sofort. Er beneidete Chalmers nicht um seine Pflicht. Es wurde ihm bewußt, daß die Kaiserin etwas zu ihm sagte.
»Können Sie uns das nicht erklären, General?« frag te sie. »Mr. Chalmers hat uns versichert, daß die Maßnahme nötig wäre, aber wir verstehen den
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