Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Kriegsbuch

Das Kriegsbuch

Titel: Das Kriegsbuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Sallis (Hrsg)
Vom Netzwerk:
Anzug, wie ihn unsere ersten Befreier später während ihres ganzen Aufenthalts auf der Erde trugen.
    In einer Sprache, die niemand verstehen konnte, hielt der Fremde einen genau einstündigen Vortrag; die Worte kamen mit betäubender Lautstärke aus einem riesigen Mund etwa auf halber Höhe seiner sieben Meter großen Gestalt. Der Außerirdische wartete anschließend höflich auf eine Antwort, und als er keine bekam, zog er sich in das Schiff zurück.
    Jene Nacht, die erste unserer Befreiung! Oder sollte ich sagen: die erste Nacht unserer ersten Befreiung? Jedenfalls – jene Nacht! Stellt euch unsere Vorfahren vor, wie sie ihren primitiven Beschäftigungen nachgingen, wie sie Eishockey spielten, vor den Fernsehern saßen, Atome spalteten, Fische fingen, Werbeveranstaltungen besuchten, eidesstattliche Erklärungen unterzeichneten – all die unglaublichen Dinge, die die alte Zeit – im Gegensatz zu der atemberaubenden majestätischen Einfachheit der Gegenwart – in eine derart erschreckende Anzahl von Details zerfallen ließen.
     
    Die große Frage war natürlich: Was hatte der Außerirdische gesagt? Hatte er von der Menschheit verlangt, sich zu ergeben? Hatte er verkündet, daß er nur friedli che Handelsinteressen habe, und war er nach Angabe eines von seinem Standpunkt aus vernünftigen Angebotes – zum Beispiel auf die nördliche Planeteneiskappe – in sein Schiff zurückgekehrt, damit wir seine Bedingungen einigermaßen ungestört besprechen konnten? Oder hatte er vielleicht nur angekündigt, der neu bestellte Botschafter einer freundlich gesonnenen intelligenten Rasse zu sein, und verlangt, daß wir ihn zur Überreichung seiner Beglaubigungsunterlagen an die zuständige Behörde verwiesen?
    Dies alles nicht zu wissen, war nervenaufreibend.
    Da die Entscheidung bei den Diplomaten lag, war es schließlich die letzte Möglichkeit, auf die man sich spät in der Nacht als die wahrscheinlichste einigte, und schon früh am nächsten Morgen wartete eine Delegati on der Vereinten Nationen unter dem Bauch des bewegungslos schwebenden Sternenschiffes. Die Delegation hatte Weisung, bis an die Grenzen ihrer linguistischen Fähigkeiten vorzustoßen und die Außerirdischen willkommen zu heißen. Als zusätzliches Zeichen guten Willens erhielten alle militärischen Flugzeuge im Luftraum um das große Schiff den Befehl, nur maximal eine Atombombe mitzuführen und eine kleine weiße Flagge zu zeigen – neben dem UNO-Banner und den Farben des jeweiligen Heimatlandes. Auf diese Weise rüsteten sich unsere Vorväter für die größte Herausforderung der Geschichte.
    Als der Außerirdische einige Stunden später erschien, trat die Delegation vor ihn hin, verbeugte sich und bat ihn in den drei offiziellen Sprachen der Vereinten Nationen – Englisch, Französisch und Russisch –, diesen Planeten als sein Zuhause zu betrachten. Er hör te sich ernsthaft an, was sie zu sagen hatten, und spulte dann noch einmal seine Rede vom Vortag herunter, die ihm offensichtlich ebenso bedeutungsvoll erschien, wie sie für die Vertreter der Weltregierung unverständlich war.
    Zum Glück entdeckte ein gelehrter junger Inder im Sekretariat eine verdächtige Ähnlichkeit zwischen der Rede des Außerirdischen und einem halb vergessenen bengalischen Dialekt, dessen Besonderheiten ihm einmal Kopfzerbrechen bereitet hatten. Wie wir jetzt alle wissen, liegt der Grund hierfür in der Tatsache, daß beim letzten Besuch der Außerirdischen die fortschrittlichste Zivilisation der Erde in einem feuchten Tal in Bengalen zu finden gewesen war; man hatte damals umfangreiche Wörterbücher erstellt, damit die Verständigung zwischen den Erdbewohnern und späteren Expeditionen keine Schwierigkeiten mehr bereitete.
    Ich greife meiner Geschichte jedoch vor, wie je mand, der gern erst die saftigen Wurzeln ißt, ehe er sich dem trockenen Stiel zuwendet. Laßt mich einen Augenblick verweilen und zu Atem kommen. Hei-ho, das war wahrlich ein gewaltiges Erlebnis für unsere Rasse.
    Sir, Sie bleiben bitte ruhig sitzen und hören zu. Sie sind noch nicht alt genug, die Geschichte zu erzählen. Ich erinnere mich noch gut, ganz deutlich erinnere ich mich daran, wie mein Vater sie erzählt hat und davor sein Vater. Sie werden wie ich warten, bis Sie an der Reihe sind; Sie werden mir zuhören, bis das Land zu hoch steht zwischen den Wasserlöchern und mich aus dem Leben drängt.
    Dann können auch Sie sich auf dem saftigsten Fleckchen Vegetation niederlassen und der sorglos

Weitere Kostenlose Bücher