Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das kritische Finanzlexikon

Das kritische Finanzlexikon

Titel: Das kritische Finanzlexikon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günter Wierichs
Vom Netzwerk:
Amerikanern schlicht und einfach mehr zu beziehungsweise man hat irgendwie immer noch großen Respekt vor Uncle Sam.
    Die zweite Erklärung hängt mit der Schuldenstruktur zusammen. Eine in puncto Schuldenbeziehungen relativ abgeschottete Gesellschaft hat kaum Probleme hinsichtlich einer Kollektivpleite. Erst wenn viele externe Gläubiger auf der Matte stehen und ihre Forderungen einklagen, wird es brenzlig. In diesem Zusammenhang hat Japan gute Karten; hinter mehr als 90 Prozent des Schuldenberges stehen japanische Gläubiger.
    Griechenland hat in allen Belangen Pech. Vertrauen in seine wirtschaftliche Kraft genießt das Land kaum noch. Dafür haben, neben den sicherlich vorhandenen strukturellen Wirtschafts- und Gesellschaftsproblemen (wie etwa die völlig ausgeuferte Steuerhinterziehung), nicht zuletzt etliche populistische Medienkampagnen gesorgt. Und die Beschwörung der Formel, dass Griechenland schließlich die »Wiege der europäischen Demokratie« sei, hilft aktuell leider auch nicht weiter. Mit militärischer Potenz kann das Land am Peloponnes ebenfalls keinen großen Staat machen. Und zu guter (oder schlechter) Letzt sind die Griechen durch die Einbindung in die Gemeinschaftswährung Euro sehr stark von ausländischen Gläubigern abhängig. Großgläubiger sind – über etliche Anleihenkäufe (vgl. → quantitative easing ) – die → Europäische Zentralbank sowie über den → Rettungsschirm die anderen Euroländer.

Staatsverschuldung
    Es gibt Menschen, die rufen gerne die Internetseite vom Bund der Steuerzahler auf. Besonders die Schuldenuhr hat es ihnen angetan. Im Juni 2013 zeigt die Uhr den atemberaubenden Wert von 2 058 187 090 846 an. Allerdings nur für den Bruchteil einer Sekunde, denn die Zahlen ändern sich mit affenartiger Geschwindigkeit. Über das Tempo der Veränderung gibt eine weitere Digitalanzeige Auskunft; dort kann man sich davon überzeugen, dass pro Sekunde ein dreistelliger Schuldenbetrag hinzukommt: satte 870 Euro. Rechts daneben erfährt man dann noch etwas über die Staatsschulden pro Kopf: 25 429 Euro schulterte jeder Bundesbürger im November 2012 – vom Neugeborenen bis zum Greis. Was für eine Bürde!
    Tatsächlich?
    Man täte gut daran, auch andere Internetseiten aufzurufen, vor allem solche, in denen Angaben zur Entwicklung der Vermögen in Deutschland gemacht werden. Dann würde man nämlich erfahren, dass wir inzwischen über ein Vermögen von fast 10 Billionen Euro verfügen. Nach Abzug von Kreditschulden verbleiben immer noch 8,5 Billionen. Dabei sind Möbel, Schmuck oder Kunstgegenstände noch nicht einmal mit eingerechnet.
    Allein das Geldvermögen der Deutschen ist in den letzten 20 Jahren um etwa 3 Billionen Euro gestiegen und beläuft sich aktuell auf mehr als 5,3 Billionen Euro. Stellt man der plakativ herausgestellten Schuldenuhr des Bundes der Steuerzahler eine Reichtumsuhr 5 mit einer Anzeige der Geldvermögensmehrung gegenüber, so zeigt sich, dass sich zurzeit deren Zählwerk um etwa 6 440 Euro pro Sekunde vorwärtsbewegt. Dagegen ist die Schuldenuhr geradezu lahm. Die Entwicklung von Staatsschulden und Vermögensbeständen (die sich in anderen Ländern ganz ähnlich darstellt wie in Deutschland 6 ) macht eines deutlich: Viele Staaten haben sich vor allem durch eine neoliberal gefärbte laxe Steuerpolitik (→ Neoliberale ) in die aktuelle Lage gebracht. Die Lüge bei der angeblich so schrecklichen Staatsverschuldung besteht darin, dass man sich immer nur auf die Ausgabenseite fixiert und die Einnahmenseite außen vor lässt. Genau hier sollte man jedoch genauer hinschauen, denn alle Regierungen, ob Rot-Grün, Schwarz-Rot oder Schwarz-Gelb, haben im Zuge ihrer strikten neoliberalen Politik kräftige Steuersenkungsprogramme aufgelegt:
    • In den letzten Jahren wurde der Spitzensteuersatz systematisch abgesenkt. Er fiel seit 1999 von 53 Prozent auf nunmehr 42 Prozent (beziehungsweise 45 Prozent in Form der »Reichensteuer«, die ab einem zu versteuernden Einkommen von mehr als 250 000 Euro greift).
    • Die Steuerbelastung auf Kapitaleinkünfte sank rapide. Zinsen, Dividenden und Spekulationsgewinne werden inzwischen deutlich geringer besteuert als Arbeitseinkünfte (vgl. → Jubel und → Quellensteuer ).
    • Die Vermögensteuer wurde 1997 in Deutschland abgeschafft. Europaweit existiert sie derzeit nur noch in wenigen Ländern.
    • Auch für das Wohlergehen von Unternehmen wurde viel getan. So sank der Körperschaftsteuersatz auf 15 Prozent, mit der

Weitere Kostenlose Bücher