Das kritische Finanzlexikon
Rückmeldung: »Wertentwicklung im letzten Jahr: ….. Prozent«. Steht dort ein Plus zusammen mit einer hohen Zahl, gratuliert er dem Fondsmanager, bei Minuswerten verflucht er ihn. Ansonsten bleibt die Finanzwelt dem Laien verschlossen; die Fondsmanager bleiben unter sich.
Ja, die Fondsmanager. Fest vereint im Glauben an die Vorhersagbarkeit wirtschaftlicher Ereignisse kaufen sie fortlaufend neue, vielversprechende Werte und stoßen die underperformers ab. Immer mit der Benchmark, ihrer Rendite-Vergleichsgröße (vgl. → DAX ) im Nacken.
Leider wird regelmäßig festgestellt, dass die Benchmark wieder mal besser war. Nur eine Minderheit der Fondsmanager schlägt den Index. Und wenn er ihn einmal geschlagen hat, wenn er ihn sogar zehn Mal hintereinander geschlagen hat, bedeutet dies noch lange nicht, dass er beim elften Mal wieder als Sieger aus dem Duell hervorgehen wird. Vielleicht lauert der nächste Schwarze Schwan schon an der Ecke.
Die Sache mit den Schwarzen Schwänen (vgl. → Finanzanalysten ) ist in diesem Zusammenhang besonders witzig, denn es gibt inzwischen »Schwarze-Schwäne-Fonds«, die darauf getrimmt sind, von unvorhergesehenen Ereignissen zu profitieren. Auch sie bedienen sich selbstverständlich modernster Technik. Ihre Computer durchsuchen mittels mathematischer Modelle die Finanzmärkte nach Anzeichen für Turbulenzen. (Meist haben sie dabei gut zu tun.) Sind solche Anzeichen identifiziert worden, setzt man → Derivate ein, zum Beispiel einen → put auf einen Index (vgl. → DAX ) oder eine Aktie. Das kann zeitweilig gut gehen. Aber es sagt ja nichts über die dann tatsächlich eintretenden Ereignisse und somit über die zu erwartenden Erfolge in der Zukunft aus. Die Programme sind just so gut wie die zugrunde liegenden Algorithmen. Und die basieren – klar, auf Vergangenheitserfahrungen! Ändern sich die Rahmenbedingungen durch das Auftreten eines neuen Schwarzen Schwans, versagt Kollege Computer zunächst. Der neue Schwarze Schwan bereichert dann den Algorithmus wieder um einen neuen Baustein – und so weiter. Irgendwie sehr zirkulär, das Ganze.
Zurück zu den Fondsmanagern. Weil diese meist weniger erfolgreich sind als Indizes, hat sich – was wieder ein Beweis für die Kreativität der Finanzbranche ist – in der letzten Zeit ein neuer Fondstyp etabliert, der exchange traded fund (ETF). Ein ETF bildet die Benchmark, also einen → Index , etwa den DAX, den Dow Jones oder den Nikkei, einfach nach. ETF sind kostenmäßig günstiger als aktiv verwaltete Fonds, denn man spart die Vergütung für das Management. Es gibt logischerweise kein Fondsmanagement, weil sich keiner über eine individuelle Zusammensetzung des Fonds Gedanken machen muss. Die Gewichtung des Indexes gibt die Kauf- und Verkaufsentscheidungen vor. Der Index also, jenes mathematische Kunstprodukt, das ursprünglich nur informatorischen Charakter hatte, bestimmt Entscheidungen von hoher finanzieller Tragweite.
Wer mit aktiv gemanagten Fonds Geld verliert, kann sich über den Fondsmanager, diesen Versager, ärgern. Wer bei ETF sein Geld verliert, findet so leicht keinen Sündenbock. Dafür hat er den Weg in den Renditekeller im Gleichschritt mit dem Index vollzogen. Wahrlich ein schwacher Trost.
G
Geld hat keine Substanz
Kann es eine Garantie für Sparer geben? Anders gefragt: Wie sicher ist eine Einlage? Und was ist Geld überhaupt? Auf jeden Fall scheint es sich um eine höchst flexible Knetmasse zu handeln, denn man spricht ja sowohl von Geldschöpfung als auch von Geldvernichtung . Letztere wird nicht nur vermutet, wenn in windige Unternehmen oder Projekte investiert wird; auch im Zusammenhang mit Ländern wie Griechenland und Island taucht dieser martialische Begriff auf.
Garantie
Es war eine ungewöhnliche Erklärung, die Bundeskanzlerin Angela Merkel am 5. Oktober 2008 abgab.
Die Bundesregierung sagt am heutigen Tag, dass wir nicht zulassen werden, dass die Schieflage eines Finanzinstituts zu einer Schieflage des gesamten Systems wird. Deshalb wird auch mit Hochdruck daran gearbeitet, die Hypo Real Estate zu sichern.
Wir sagen außerdem, dass diejenigen, die unverantwortliche Geschäfte gemacht haben, zur Verantwortung gezogen werden. Dafür wird die Bundesregierung sorgen. Das sind wir auch den Steuerzahlern in Deutschland schuldig. Wir sagen den Sparerinnen und Sparern, dass ihre Einlagen sicher sind. Auch dafür steht die Bundesregierung ein.
Was war geschehen?
Zwei Wochen zuvor war Lehman Brothers
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