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Das kritische Finanzlexikon

Das kritische Finanzlexikon

Titel: Das kritische Finanzlexikon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günter Wierichs
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pleitegegangen. Die Finanzkrise, die bis dahin nur vor sich hin schwelte, war endgültig in Deutschland angekommen. Die Hypo Real Estate (HRE) mit Sitz in München traf es besonders hart. Für viele Kleinanleger weltweit war Lehman jedoch ungleich schwerer verdaulich: Sie hatten Lehman-Zertifikate gekauft.
    Die Pleite eines so großen Players wie Lehmann hatte kein Berater oder Finanzvermittler auf seinem Merkzettel. Zu diesem Zeitpunkt wies diese Investmentbank (→ Investmentbanking ) eine Bilanzsumme von knapp 700 Milliarden Dollar auf und nahm den vierten Platz unter den fünf großen amerikanischen Investmentbanken ein, hinter Goldman Sachs, Morgan Stanley, Merrill Lynch und vor Bear Stearns. Aber sie war eingetreten, und sie löste einen Flächenbrand aus. Das angeblich so solide deutsche Bankwesen blickte in einen Abgrund. Jetzt musste der Staat ran.
    Die Erklärung von Frau Merkel war nur ein erster Schritt; er sollte dazu dienen, die Gemüter zu beruhigen. Einen einklagbaren Anspruch beinhaltete die Erklärung nicht. Dazu war sie auch viel zu schwammig formuliert. Angela Merkel hatte den »Sparerinnen und Sparern« mitgeteilt, »dass ihre Einlagen sicher sind.«
    Und die Einlagen auf Girokonten? Festgelder? Sparbriefe? Tatsache ist, dass keine Bundesregierung aus dem Stand heraus in der Lage wäre, als Feuerwehr einzuspringen, wenn es einen echten Banken-Run geben sollte. Kundeneinlagen in Höhe von deutschlandweit etwa 3 100 Milliarden Euro können nicht komplett garantiert werden. Selbst bei einer Beschränkung auf Spareinlagen bliebe die stattliche Summe von gut 600 Milliarden Euro – ein Volumen, bei dem jeder Finanzminister kollabieren würde, wenn es denn zum Haftungsfall käme.
    Jetzt müssen wir uns – unabhängig von vollmundigen politischen Erklärungen – die Frage stellen, wer beziehungsweise was unsere Spargroschen dann nun garantiert.
    Zunächst einmal gibt es die sogenannte Basisdeckung. Seit 1998 ist aufgrund des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes (EAEG) europaweit für in Deutschland tätige Banken (mit Ausnahme der Sparkassen und Kreditgenossenschaften) die Mitgliedschaft in einer Entschädigungseinrichtung vorgeschrieben, die für eine Basisdeckung sorgt. Diese beläuft sich, nachdem man sukzessive immer wieder den Betrag erhöht hat, derzeit auf 100 000 Euro je Kunde. Darüber hinaus gibt es den »Einlagensicherungsfonds des Bundesverbandes deutscher Banken e.V.« (umgangssprachlich auch »Feuerwehrfonds« genannt), der durch Beiträge der privaten Banken gespeist wird und Einlagen von Nichtbanken bis zu 30 Prozent des haftenden Eigenkapitals der jeweiligen Bank garantiert. (Wobei »Garantie« auch hier nicht ganz wörtlich genommen werden kann: Würde es zu einem run auf Privatbanken kommen, wäre das finanzielle Polster des Fonds wohl schnell aufgebraucht.)
    Von der Entschädigungseinrichtung sind deutsche Sparkassen und Kreditgenossenschaften befreit, da sie der so genannten Institutssicherung angehören. Sie geht über die Basisdeckung hinaus und besagt, dass bei Zahlungsschwierigkeiten einer Sparkasse oder Kreditgenossenschaft die anderen Institute des entsprechenden Sektors Liquiditätshilfen gewähren und somit das gefährdete Institut vor einer Zahlungsunfähigkeit bewahren. Gerät eine Sparkasse in Schieflage, springt der vom Sparkassensektor gebildete Haftungsverbund ein, bei Schwierigkeiten einer Genossenschaftsbank (Volks- oder Raiffeisenbank) hilft der Genossenschaftliche Haftungsverbund aus. Diese Institutssicherung geht auch in Bezug auf die gesicherten Anlageformen noch einen Schritt weiter, denn nicht nur Einlagen, sondern auch Forderungen aus Schuldverschreibungen werden garantiert. Traurigerweise gilt allerdings auch hier: Bei einer echten Bankenpanik stießen die Systeme wohl ebenfalls schnell an ihre Grenzen.
    Wir halten fest: Die »Merkel-Garantie« ist rechtlich nicht einklagbar. Basisdeckung, Feuerwehrfonds und Institutssicherung beruhen zwar auf vertragsrechtlich abgesicherten Konstruktionen, würden aber bei einer (gar nicht mehr so ganz unwahrscheinlichen) Kernschmelze des Bankwesens versagen. Alle Fonds und Sicherungsinstrumente wären dann quasi die berühmten »Nackten«, denen man nicht mehr in die Tasche greifen könnte.

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