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Das krumme Haus

Das krumme Haus

Titel: Das krumme Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Motiv wüsste ich allerdings nicht. Wenn sie es getan hat, dann wohl aus keinem anderen Grund, als weil sie glaubte, selbst für Gerechtigkeit sorgen zu müssen. Ein solcher Mensch ist sie.«
    »Ist sie denn ebenfalls erpicht darauf, dass Brenda einen guten Verteidiger erhält?«
    »Ja. Das könnte bei ihr aber eine Gewissensfrage sein. Wenn sie die Täterin ist, will sie keinesfalls, dass ein anderer Mensch für ihr Vergehen büßt.«
    »Aber hätte sie dem Kind etwas antun können?«
    »Unvorstellbar«, erwiderte ich gedehnt. »Das erinnert mich übrigens an etwas, das Josephine gesagt hat, und ich komm und komm nicht darauf, was es war. Es muss etwas sein, das zu der ganzen Sachlage nicht passt. Wenn ich nur darauf käme…«
    »Lass nur, es wird dir schon noch einfallen. Hast du sonst noch etwas auf dem Herzen?«
    »Ja. Was weißt du über Kinderlähmung, Dad? Beeinflusst die Krankheit den Charakter?«
    »Du denkst wohl an Eustace?«
    »Ja. Je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr scheint es mir glaubhaft, dass auch Eustace nicht auszuschalten wäre. Er liebte seinen Großvater nicht. Er ist höchst sonderbar und launisch, meistens sehr finster. Er ist nicht ganz normal. Ihm traue ich ohne Weiteres zu, dass er Josephine niederschlagen würde, wenn sie etwas wüsste – und es ist gut möglich, dass sie etwas weiß. Ja, das Kind weiß etwas. Sie machte immer Notizen…« Ich unterbrach mich. »Himmel, was für ein Dummkopf bin ich doch!«
    »Was ist los?«, fragte mein Vater neugierig.
    »Jetzt weiß ich, was nicht stimmt. Taverner und ich nahmen doch an, dass man in Josephines Zimmer die Briefe gesucht hat. Ich dachte, sie hätte sie an sich genommen und in der Dachkammer versteckt. Aber sie sagte mir neulich, Laurence hätte sie dort versteckt. Sie sah ihn vom Speicher kommen, schnüffelte dann dort herum und fand die Briefe. Natürlich hat sie sie gelesen. Sie muss sie gelesen haben! Aber sie ließ sie, wo sie waren.«
    »Nun, und?«
    »Verstehst du nicht? Es ist ausgeschlossen, dass man in Josephines Zimmer die Briefe gesucht hat. Es muss etwas anderes gewesen sein.«
    »Und zwar…«
    »Das kleine Notizbuch, in das sie immer ihre ›Entdeckungen‹ eintrug. Das hat man gesucht! Übrigens glaube ich nicht, dass man es gefunden hat. Ich glaube, Josephine hat es noch. Aber wenn sie es noch hat…«
    Ich stand auf.
    »Wenn sie es noch hat«, fiel mein Vater ein, »ist sie immer noch in Gefahr. Wolltest du das sagen?«
    »Ja. Sie wird erst außer Gefahr sein, wenn sie in der Schweiz ist. Du weißt ja, dorthin will man sie schicken.«
    »Geht sie gern fort?«
    Ich überlegte.
    »Das möchte ich bezweifeln.«
    »Dann wird sie sich wahrscheinlich wehren. Jedenfalls hast du Recht, sie ist in Gefahr. Du solltest lieber wieder hinfahren.«
    »Aber was soll ich denken?«, rief ich verzweifelt. »Eustace? Clemency?«
    Mein Vater sagte freundlich: »Meiner Meinung nach weisen alle Tatsachen in eine einzige Richtung. Es wundert mich, dass du es nicht selbst siehst. Ich…«
    Glover trat ein.
    »Entschuldigung, Mr Hayward«, sagte er zu mir. »Sie werden am Telefon verlangt. Miss Leonides wünscht Sie zu sprechen. Es sei dringend.«
    Angst umkrallte mein Herz. War Josephine abermals einem Anschlag zum Opfer gefallen? Und hatte der Mörder diesmal keinen Fehler gemacht?
    Ich eilte zum Telefon.
    »Sophia? Hier ist Charles.«
    Sophias Stimme klang hart, aber dahinter verbarg sich Verzweiflung.
    »Charles, es ist noch nicht vorbei. Der Mörder ist immer noch hier.«
    »Wieso? Was meinst du? Was ist los? Ist es… Josephine?«
    »Nein, Nannie.«
    »Nannie?!«
    »Ja, eine Tasse Kakao – Josephines Kakao. Sie trank ihn nicht, sondern ließ ihn auf dem Tisch in der Halle stehen. Nannie fand es schade, ihn einfach fortzugießen. Deshalb trank sie ihn.«
    »Die arme Nannie… Geht es ihr sehr schlecht?«
    Sophias Stimme brach.
    »Ach, Charles, sie ist tot.«

24
     
    U nd wieder war es wie in einem Albtraum.
    Das dachte ich, als ich mit Taverner von London abfuhr. Es war eine Wiederholung unserer früheren Fahrt. Taverner fluchte in Abständen. Was mich betrifft, so sagte ich von Zeit zu Zeit überflüssigerweise: »Brenda und Laurence sind also unschuldig.«
    Hatte ich jemals wirklich an die Schuld der beiden geglaubt? Es wäre so angenehm gewesen. Dann wäre man den anderen Möglichkeiten entronnen, den viel düstereren Möglichkeiten…
    Brenda und Laurence hatten sich ineinander verliebt, hatten sich sentimentale Liebesbriefe

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