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Das Kuckucksei

Das Kuckucksei

Titel: Das Kuckucksei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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wirst. Heute nachmittag werden wir im Trainingsraum eine Runde üben.«
    »Du wirst mich umbringen.«
    »Ich werde es locker angehen, Elritze.« Duun starrte auf ihn herab, und das Gesicht hatte einen zwiespältigen Ausdruck, teils gutgelaunt, teils böse, mit diesem ewigen höhnischen Lächeln. »Du schaffst es.«
    (Freut er sich jetzt über mich? Habe ich einen Test bestanden?) »Duun, sie haben mich ...«
    Duun hob die rechte Hand, hob deren einsame Finger. Sei still, wollte er damit sagen. (Ich will nicht, daß du redest.)
    »Sie ...«
    »Es ist nicht geschehen.«
    »Verdammt, ich ...«
    » Es ist nicht geschehen . Sei still!«
    Dorns Puls wurde schneller. Er lag da und blickte in Duuns narbiges Gesicht, in diesen Blick, den kein Blinzeln unterbrach. Das Herz klopfte ihm heftig an die Rippen. (Was machst du mit mir? Was machst du mit mir, Duun-hatani?)
     
    »Du bist langsam, Dorn. Mach schneller!«
    Dorn versuchte es. Er warf sich herum und verlor das Gleichgewicht, sprang rückwärts, um sich zu retten, als die verhüllte Klinge vor seinem Bauch entlangfuhr. Er spürte, wie sie ihn streifte, wirbelte davon und riß die eigene Klinge hoch, um das abzuwehren, was folgte. Duun gebot Halt und hockte sich hin. Dorn setzte sich und wischte sich das Gesicht ab.
    »Ich gehe. Ich bringe es zurück.«
    »Du wirst weiterüben«, sagte Duun.
    »Was - ›weiterüben‹?« (Hat sich etwas verändert? Was stimmt hier nicht?) Weiterüben hörte sich endgültig an.
    »An drei von fünf Morgen wirst du lernen. An jedem zweiten Tag gehst du wieder in dieses Zimmer dort. Das ist auch eine Art Lernen.«
    »Duun ...«
    »... worüber wir gar nicht diskutieren werden.«
    »Duun, ich kann es nicht!«
    » Du kannst es nicht? «
    Dorn zuckte zusammen. Er umklammerte die Knie mit den Armen. »Hast du es auch getan? Hast du das auch erlebt?«
    »Wir werden nicht darüber reden. Jeden zweiten Tag wirst du dich dem stellen. Dir wird klar sein, daß du dich dem aussetzen mußt; und du wirst von allein hingehen und höflich zu den Meds sein. Dies ist das einzige Mal, daß ich dir das sage. Wenn du wirklich anfängst zu leiden, werden sie es nur noch einmal in fünf Tagen machen. Aber das ist eine Entscheidung, die die Meds aus medizinischen Gründen treffen werden, und nicht du mit deinen ungeschulten Launen.«
    » Für immer? Für den Rest meines Lebens?«
    Duun zögerte. Er zögerte selten bei seinen Antworten, obwohl es durchaus vorkam, daß er erst nachdachte. Diesmal dauerte die Pause eine Minute, und Duun machte ein finsteres Gesicht. »Es ist ein Test, Elritze. Du wirst dabei nicht versagen, hörst du? Ich werde dir nicht sagen, wie lange er dauert. Du wirst diese Angelegenheit auch nicht durch die Tür dort bringen. Nächstes mal schläfst du dich in der medizinischen Abteilung aus. Wenn du auf eigenen Füßen nach Hause gehen kannst, wirst du es tun; und du wirst hereinkommen, egal zu welcher Zeit, und sagen: ›Hallo, Duun, ich bin zu Hause, was machen wir jetzt?‹ So, wie du es jeden Tag machst. Sagot war weich und ließ dich gewähren, und ich hätte dich auf der Stelle zurückschicken sollen, anstatt dich zu hätscheln. Du kannst vom Leben nicht erwarten, daß es dich hätschelt.«
    »Auch nicht von den Meds, Duun! Es tut weh , es ... Ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll. Duun, hilf mir, sag mir um der Götter willen, wie ich damit umgehen soll!«
    »Akzeptiere es! Mit Würde. Nimm es an! Mit aller Kraft und Schlauheit, über die du verfügst.«
    »Habe ich heute versagt?«
    »Nein«, sagte Duun. »Nein, du warst wunderbar. Du kannst stolz auf dich sein. Du hast es fertiggebracht, daß viele Leute glücklich über dich sind, Leute, denen du noch nicht begegnet bist. Aber wir werden nicht mehr darüber reden. Du kommst stets wieder nach Hause und brauchst dann nicht davon zu sprechen. Wir werden tun, was wir immer getan haben. Ich denke, das wird dich freuen.«
    »Du wirst mich nicht anschreien?«
    Zum zweiten Mal wirkte Duun erstaunt, und das war noch seltener. »Nein, Elritze, ich werde dich nicht anschreien.«

ELFTES KAPITEL
    »Guten Morgen«, sagte Sagot.
    Dorn ging über den Sand durchs ganze Zimmer bis dorthin, wo Sagot saß, wo sie auch schon das erste Mal gesessen hatten. Er ging zu der Erhebung ihr gegenüber, setzte sich auf die Kante, ließ die Füße baumeln und verschränkte die Hände im Schoß. Sagots Gesicht war das einer Fremden, die alles hinter den Augen zurückhielt, hinter einer gealterten Maske aus

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