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Das Kultur-Spiel

Das Kultur-Spiel

Titel: Das Kultur-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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bei Männern höher als bei Apices und bei Frauen höher als bei den beiden anderen Geschlechtern. Das Gleiche gelte für die Raten bei Selbstmord, der illegal sei.
    Flere-Imsaho dirigierte Gurgeh zu einem Krankenhaus. Es sei typisch, sagte der Roboter. Wie das Viertel, sei es in etwa repräsentativ für die ganze Stadt. Es wurde von einer karitativen Gesellschaft betrieben, und viele der Leute, die dort arbeiteten, erhielten keine Bezahlung. Der Roboter meinte, jeder werde ihn für einen Minan-Jünger halten, der ein Mitglied seiner Herde besuchen wolle, aber das Personal war sowieso zu beschäftigt, um stehen zu bleiben und jedem, den es dort sah, Fragen zu stellen. Gurgeh durchwanderte das Krankenhaus in einem Zustand der Benommenheit.
    Da waren Menschen mit fehlenden Gliedmaßen, wie er sie in den Straßen gesehen hatte, und da waren Menschen, die merkwürdige Farben angenommen hatten oder mit Schorf und wunden Stellen bedeckt waren. Manche waren steckendünn; graue Haut spannte sich über Knochen. Andere lagen da und rangen nach Atem oder erbrachen sich hinter dünnen Schirmen, stöhnten oder murmelten oder schrien. Gurgeh sah Menschen, die noch voller Blut waren und darauf warteten, behandelt zu werden, Menschen, die sich zusammenkrümmten und Blut in Schüsseln husteten, und andere, die in Metallbetten festgeschnallt waren und den Kopf von einer Seite auf die andere warfen, Schaum auf den Lippen.
    Überall lagen Menschen, auf einem Bett nach dem anderen, einer Liege nach der anderen, einer Matratze nach der anderen, und überall waren auch die alles durchdringenden Gerüche nach verfaulendem Fleisch, scharfen Desinfektionsmitteln und Körperausscheidungen.
    Es war eine durchschnittlich schlimme Nacht, informierte der Roboter ihn. Das Krankenhaus war ein bisschen voller als üblich, weil kürzlich mehrere Schiffe mit Kriegsversehrten von glorreichen Siegen des Imperiums zurückgekehrt waren. Auch war es die Nacht, in der die Leute bezahlt wurden, und am nächsten Tag brauchten sie nicht zu arbeiten, und so folgten sie der Tradition, sich zu betrinken und in Schlägereien zu geraten. Dann fing die Maschine an, Zahlen abzuspulen, über Säuglingssterblichkeit und Lebenserwartung, prozentuale Verteilung der Geschlechter, Krankheitsarten und ihre Verbreitung in den verschiedenen Gesellschaftsschichten, Durchschnittseinkommen, die Verbreitung von Arbeitslosigkeit, Pro-Kopf-Einkommen als Verhältniswert zu der Gesamtbevölkerung in bestimmten Gebieten, Geburtensteuer und Todessteuer und die Geldstrafen für Abtreibungen und nicht genehmigte Geburten. Sie sprach von Gesetzen, die den Geschlechtsverkehr regelten, über Unterstützungen durch karitative Gesellschaften und die Suppenküchen und Nachtasyle und Erste-Hilfe-Kliniken der religiösen Organisationen. Die ganze Zeit prasselten Zahlen und Daten und Statistiken und Prozentsätze auf Gurgeh nieder, und er bekam kaum ein Wort davon mit. Er wanderte nur in dem Gebäude umher – es kam ihm wie Stunden vor –, entdeckte dann eine Tür und ging hinaus.
    Er stand in einem kleinen Garten an der Rückseite des Krankenhauses, dunkel und staubig und verlassen, von allen Seiten eingemauert. Aus den schmierigen Fenstern fiel gelbes Licht auf das graue Gras und die geborstenen Pflastersteine. Die Maschine sagte, es gebe immer noch Dinge, die sie ihm zeigen wolle. Er müsse unbedingt den Ort sehen, wo die Obdachlosen schliefen, sie glaube, ihn als Besucher in ein Gefängnis bringen zu können…
    »Ich will auf der Stelle nach Hause!«, rief Gurgeh und warf die Kapuze zurück.
    »Gut!« Der Roboter zog ihm die Kapuze wieder hoch. Sie stiegen lange Zeit senkrecht in die Höhe, bevor sie die Richtung zum Hotel und zum Modul einschlugen. Der Roboter schwieg. Gurgeh blieb ebenfalls stumm. Er betrachtete die große Galaxis der Lichter der unter seinen Füßen vorüberziehenden Stadt.
    Sie erreichten das Modul. Die Dachtür öffnete sich für sie, als sie niedersanken, und die Lichter gingen an, nachdem sie sich wieder geschlossen hatte. Der Roboter nahm Gurgeh den Mantel ab und löste den Antigrav-Harnisch, was bei Gurgeh ein seltsames Gefühl der Nacktheit zurückließ.
    »Es gibt noch eines, das ich Ihnen zeigen möchte«, sagte der Roboter. Er flog den Korridor zum Wohnraum entlang. Gurgeh folgte ihm.
    Flere-Imsaho schwebte in der Mitte des Raums. Der Schirm war eingeschaltet und zeigte einen Apex und einen Mann beim Kopulieren. Hintergrundmusik erklang. Die Einrichtung war

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