Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Kultur-Spiel

Das Kultur-Spiel

Titel: Das Kultur-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
Vom Netzwerk:
vielen Lichter brannten schwach, ausgelaugt von der ruhigen blauen Weite des Himmels. Ein Posten am Eingang zum Treppenhaus hustete und stampfte mit den Füßen, aber Gurgeh konnte ihn nicht sehen.
    Er kehrte in das Modul zurück und legte sich aufs Bett. Er lag im Dunkeln, ohne die Augen zu schließen. Dann schloss er die Augen, drehte sich auf die Seite und versuchte zu schlafen. Es ging nicht, und ebenso wenig konnte er sich dazu bringen, etwas zu drüsen, das ihn einschlafen lassen würde.
    Endlich stand er auf und ging in den Wohnraum, wo sich der Schirm befand. Er bat das Modul, die Spielkanäle einzuschalten, und sah sich lange Zeit sein eigenes Spiel gegen Bermoiya an, ohne sich zu bewegen oder zu sprechen und ohne ein einziges Molekül einer gedrüsten Droge in seinem Blutkreislauf.

Ein Gefängniskrankenwagen stand vor dem Konferenzzentrum. Gurgeh stieg aus dem Flugzeug und ging geradenwegs in den Spielsaal. Pequil musste rennen, um mit ihm Schritt zu halten. Der Apex verstand den Fremden nicht; er hatte auf dem Flug vom Hotel zum Konferenzzentrum nicht reden wollen, während Leute in einer solchen Situation für gewöhnlich gar nicht aufhörten zu quasseln… Und irgendwie schien er überhaupt keine Angst zu haben, obwohl Pequil sich das nicht erklären konnte. Wenn er den unbeholfenen, im Grunde unschuldigen Alien nicht besser gekannt hätte, dann hätte er geglaubt, in diesen missfarbenen, haarigen, spitzen Zügen Zorn zu lesen.
    Lo Prinest Bermoiya saß auf einem Schemel dicht vor dem Brett des Ursprungs. Gurgeh stand auf dem Brett selbst. Er kratzte sich den Bart mit einem langen Finger, verrückte zwei Figuren. Bermoiya machte seine Züge. Als es dann lebhafter zuging – der Alien versuchte verzweifelt, sich aus seiner hoffnungslosen Situation herauszuwinden –, stellte der Richter für die meisten seiner Züge Amateurspieler an. Der Alien blieb auf dem Brett, machte seine Züge selbst, lief hin und her wie ein riesiges dunkles Insekt.
    Bermoiya begriff nicht, worauf der Fremde hinauswollte. Er ging anscheinend ohne Plan und Ziel vor, und mehrere Züge von ihm waren entweder dumme Fehler oder sinnlose Opfer. Bermoiya putzte ein paar von den versprengten Truppen des Gegners weg. Nach einer Weile kam ihm der Gedanke, der Mann habe vielleicht doch eine Art von Plan, aber wenn dem so war, musste es ein sehr obskurer sein. Vielleicht versuchte der Mann, durch irgendeinen Punktgewinn das Gesicht zu wahren, solange er noch ein Mann war.
    Wer konnte wissen, was für seltsame Richtlinien das Verhalten eines Alien in einem solchen Moment bestimmten? Seine Züge blieben unzusammenhängend, unbegreiflich. Sie machten eine Pause zum Lunch, dann spielten sie weiter.
    Bermoiya setzte sich nach der Pause nicht wieder auf den Schemel. Er blieb neben dem Brett stehen, versuchte herauszubekommen, was für einen gerissenen, unbegreiflichen Plan der Alien haben mochte. Ihm war jetzt, als spiele er gegen einen Geist; ihm war, als kämpften sie auf getrennten Brettern gegeneinander. Er bekam den Mann einfach nicht in den Griff. Seine Figuren entschlüpften ihm ständig, bewegten sich, als habe der Mann den nächsten Zug seines Gegners vorausgesehen, bevor dieser selbst daran gedacht hatte.
    Was war mit dem Alien passiert? Er hatte gestern ganz anders gespielt. Erhielt er tatsächlich Hilfe von außerhalb? Bermoiya merkte, dass ihm der Schweiß ausbrach. Dazu bestand kein Grund; er hatte immer noch einen guten Vorsprung, hatte immer noch den Sieg in Reichweite, und doch begann er plötzlich zu schwitzen. Er sagte sich, das sei nicht weiter schlimm, nur die Nebenwirkung der Mittel zur Stärkung der Konzentration, die er beim Lunch eingenommen hatte.
    Bermoiya machte ein paar Züge, die ihm zeigen sollten, was da vor sich ging, die ihm den eigentlichen Plan des Alien, falls er einen hatte, enthüllen sollten. Kein Ergebnis. Bermoiya versuchte es mit weiteren erkundenden Gesten, legte sich durch den Versuch ein bisschen mehr fest. Gurgeh griff auf der Stelle an.
    Bermoiya hatte hundert Jahre damit zugebracht, Azad zu lernen und zu spielen, und die Hälfte dieser Zeit hatte er sein Amt in Gerichten sämtlicher Instanzen ausgeübt. Er hatte oftmals Ausbrüche von Gewalttätigkeit bei eben verurteilten Kriminellen erlebt und Spiele beobachtet – auch daran teilgenommen –, in denen es zu Zügen von großer Plötzlichkeit und Wildheit kam. Aber die nächsten paar Züge des Alien waren barbarischer und wilder als alles, was

Weitere Kostenlose Bücher