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Das Kultur-Spiel

Das Kultur-Spiel

Titel: Das Kultur-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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verwüsten wollte – aber sein Brett-Imperium war erledigt.
    Ihre Blicke begegneten sich. Gurgeh sah an Nicosars Gesichtsausdruck, dass es dem Kaiser noch nicht völlig klar war. Doch andererseits las der Apex auch in Gurgehs Zügen und erkannte wahrscheinlich die Veränderung in dem Mann, spürte das Gefühl des Sieges… Gurgeh senkte die Augen vor diesem schlimmen Anblick, wandte sich ab und ging aus der Halle.
    Es gab keinen Beifall, keine Gratulationen. Niemand sonst konnte es sehen. Flere-Imsaho war wie immer besorgt, ging ihm wie immer auf die Nerven. Doch auch er hatte nichts erkannt, und er erkundigte sich auch noch, wie das Spiel Gurgehs Meinung nach laufe. Gurgeh log. Die Begrenzungsfaktor meinte, langsam gewinne er die Führung.
    Er machte sich nicht die Mühe, es ihr zu erzählen. Allerdings hätte er von dem Schiff mehr erwartet.
    Er aß allein. Sein Gehirn war leer. Den Abend verbrachte er mit Schwimmen in einem Pool tief innerhalb der Burg, aus dem Felsvorsprung gehauen, der das Gebäude trug. Er war allein, alle anderen waren zu den Türmen und höheren Zinnen hinaufgestiegen oder hatten sich einen Luftwagen genommen, um am Himmel das ferne Glühen im Westen zu sehen, wo der Großbrand begonnen hatte.

Gurgeh schwamm, bis er sich müde fühlte. Dann trocknete er sich ab, zog eine Hose, ein Hemd und eine leichte Jacke an und machte einen Spaziergang um die Zwischenmauer der Burg.
    Die Nacht war dunkel unter einer Wolkendecke, die großen Zunderpflanzen, höher als die Außenmauern, schlossen das ferne Licht des sich nähernden Großbrandes aus. Kaiserliche Leibwächter waren draußen und passten auf, dass niemand das Feuer vorzeitig entfachte. Gurgeh musste nachweisen, dass er nichts bei sich trug, womit er einen Funken oder eine Flamme hätte erzeugen können, bevor sie ihm erlaubten, die Burg zu verlassen. Dort wurden die Fensterläden bereitgemacht, und die Gänge waren feucht von der Überprüfung der Sprinkler-Anlage.
    Die Zunderpflanzen knarrten und raschelten in der windlosen Finsternis, boten der Luft neue, zundertrockene Oberflächen. Schichten von Rinde lösten sich von den großen Schoten mit brennbarer Flüssigkeit ab, die unter den obersten Zweigen hingen. Die Nachtluft war gesättigt von dem berauschenden Geruch ihres Saftes.
    Über der alten Festung lag eine ehrfurchtsvolle Stille, die sogar Gurgeh als merkliche Veränderung auffiel. Das Rauschen der landenden Luftwagen, die von einem durch Berieselung geschützten Waldstück zur Burg zurückkehrten, erinnerte Gurgeh daran, dass bis Mitternacht jeder innerhalb der Mauern sein sollte. Er ging zurück, trank die Atmosphäre stiller Erwartung in sich hinein wie etwas Kostbares, das nicht lange dauern konnte und vielleicht nie mehr wiederkehren würde.
    Trotz allem war er nicht müde. Die angenehme körperliche Ermattung nach dem Schwimmen war zu einer Art Hintergrundkribbeln in seinem Körper geworden, und als er nun auf der Treppe zu seinem Stockwerk war, hielt er nicht an, sondern stieg weiter, auch als das Horn die Mitternacht verkündete.
    Gurgeh landete endlich auf einer hohen Zinne unter einem gedrungenen Turm. Der runde Laufgang war feucht und dunkel. Gurgeh sah nach Westen, wo ein trübes, faseriges rotes Glühen den Rand des Himmels erhellte. Der Großbrand war noch weit entfernt, unterhalb des Horizonts, und die Wolkendecke reflektierte die Flammen wie einen blassen künstlichen Sonnenuntergang. Ungeachtet dieses Lichts war sich Gurgeh der Tiefe und Stille der Nacht bewusst, die sich rund um die Burg niedersenkte. Er fand eine Tür in dem Turm und stieg zu seiner mit Pechnasen versehenen obersten Plattform hinauf. An die Steinmetzarbeiten gelehnt, blickte er nach Norden, wo die niedrigen Hügel lagen. Er lauschte dem Tropfen eines leckenden Sprinklers irgendwo unter ihm und dem kaum hörbaren Rascheln der Zunderpflanzen, die sich zu ihrer eigenen Vernichtung rüsteten. Die Hügel waren ganz unsichtbar. Gurgeh gab den Versuch auf, sie auszumachen, und wandte sich wieder diesem kaum gekrümmten Band dunklen Rots im Westen zu.
    Irgendwo in der Burg erklang ein Horn, dann noch eins und noch eins. Andere Geräusche kamen hinzu, ferne Rufe und Laufschritte, als erwache die Burg wieder. Was mochte da vorgehen? Von Osten her kam Wind auf. Gurgeh spürte plötzlich die nächtliche Kühle und zog seine dünne Jacke fester um sich.
    Die Traurigkeit, die er während des Tages empfunden hatte, war nicht ganz von ihm gewichen, sie war

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