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Das Kultur-Spiel

Das Kultur-Spiel

Titel: Das Kultur-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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in der behandschuhten Hand, lächelte es traurig an. Gurgehs Eingeweide schmerzten, seine Hände zitterten. Er hatte einen seltsam metallischen Geschmack im Mund, und zuerst glaubte er, das Implantat käme aus irgendeinem Grund nach oben. Doch dann erkannte er, das war es nicht, und zum ersten Mal in seinem Leben erfuhr er, dass Angst tatsächlich einen Geschmack hat.
    Nicosar stieß einen unhörbaren Seufzer aus und baute sich vor Gurgeh auf, sodass er dem Mann die Sicht verstellte. Langsam hob er das Schwert.
    Roboter!, dachte Gurgeh. Aber der war nichts mehr als eine rußige Schramme an der hinteren Wand.
    Schiff! Aber das Implantat unter seiner Zunge rührte sich nicht, und die Begrenzungsfaktor war noch Lichtjahre weit entfernt. Die Spitze des Schwertes war wenige Zentimeter von Gurgehs Bauch entfernt. Sie begann, sich zu heben, wanderte langsam über Gurgehs Brust auf seinen Hals zu. Nicosar öffnete den Mund, als wolle er etwas sagen. Doch dann schüttelte er den Kopf wie in Verzweiflung und warf sich vorwärts.
    Gurgeh stieß dem Kaiser beide Füße in den Bauch. Nicosar krümmte sich; Gurgeh wurde rückwärts von seinem Schemel geworfen. Das Schwert zischte über seinen Kopf weg.
    Der Schemel krachte auf den Boden, Gurgeh rollte weiter und sprang auf. Nicosar stand gebückt, umklammerte aber immer noch das Schwert. Er schwankte auf den Mann zu, schlug mit dem Schwert um sich, als stünden unsichtbare Feinde zwischen ihnen. Gurgeh rannte, erst zur Seite, dann quer über das Brett, strebte auf den Ausgang zu. Hinter ihm, draußen vor den Fenstern, loderte das Feuer über den um sich schlagenden Zunderpflanzen so hell, dass die schwarzen Rauchwolken nicht mehr zu sehen waren. Die Hitze war eine körperliche Kraft, ein Druck auf der Haut und den Augen. Gurgeh trat auf eine Figur, die der Sturm über das Brett gerollt hatte. Er rutschte aus und fiel.
    Nicosar stolperte hinter ihm her.
    Die Abschirmanlage winselte, dann summte sie. Rauch entströmte ihr. Blaue Blitze umspielten wütend die hängenden Geräte.
    Nicosar bemerkte es nicht. Er warf sich vorwärts, während Gurgeh sich abstieß. Die Klinge grub sich in das Brett, Zentimeter vom Kopf des Menschen entfernt. Gurgeh rappelte sich hoch und sprang über einen erhöhten Abschnitt des Brettes. Nicosar trampelte ihm ohne Rücksicht auf Hindernisse hinterher.
    Die Abschirmanlage explodierte. In einem Funkenregen fiel sie von der Decke auf das Brett, mitten in das vielfarbene Terrain, ein paar Meter vor Gurgeh, der gezwungen war, anzuhalten und sich umzudrehen. Er stand Nicosar gegenüber.
    Etwas Weißes raste durch die Luft.
    Nicosar hob das Schwert über den Kopf.
    Die Klinge brach, abgeschnitten von einem flackernden gelbgrünen Feld. Nicosar spürte, dass das Gewicht des Schwertes sich veränderte, und blickte ungläubig nach oben. Die Klinge baumelte nutzlos in der Luft, gehalten von der kleinen weißen Scheibe, die Flere-Imsaho war.
    »Ha, ha, ha!«, übertönte die Stimme des Roboters das Kreischen des Windes.
    Nicosar warf den Schwertgriff nach Gurgeh. Ein grüngelbes Feld fing ihn, schleuderte ihn auf Nicosar zurück. Der Kaiser duckte sich. In einem Sturm von Rauch und wirbelnden Blättern torkelte er über das Brett. Die Zunderpflanzen peitschten die Luft. Weiße und gelbe Blitze sprangen zwischen ihren Stämmen hindurch, und die Flammenmauer über ihnen fraß sich auf die Burg zu.
    »Gurgeh!«, sagte Flere-Imsaho, plötzlich dicht vor seinem Gesicht, »’runter und zusammenrollen! Jetzt!«
    Gurgeh tat, wie ihm gesagt wurde, ging in die Hocke, schlang die Arme um seine Schienbeine. Der Roboter schwebte über ihm. Gurgeh sah rings um sich den Dunst eines Feldes.
    Die Mauer aus Zunderpflanzen brach, die Flammen griffen von hinten hindurch, schüttelten die Bäume, rissen an ihnen. Gurgeh war, als schrumpfe sein Gesicht von der Hitze bis auf die Schädelknochen ein.
    Eine Gestalt erschien vor den Flammen. Es war Nicosar, in der Hand eine der großen Laser-Pistolen, mit denen die Leibwächter bewaffnet gewesen waren. Er stand neben den Fenstern, hielt die Waffe mit beiden Händen und zielte sorgfältig auf Gurgeh. Gurgeh sah auf die schwarze Schnauze der Waffe, in den daumendicken Lauf. Sein Blick wanderte zu Nicosars Gesicht hoch. Der Apex drückte den Abzug.
    Dann sah Gurgeh in sein eigenes Gesicht.
    Er starrte sein eigenes verzerrtes Gesicht gerade so lange an, dass er erkannte, Jernau Morat Gurgeh blickte in der Sekunde, die ihm den Tod hätte bringen

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