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Das Kultur-Spiel

Das Kultur-Spiel

Titel: Das Kultur-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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vortragen?«
    Der Schiedsrichter stand am Rand des Brettes zwischen zwei stämmigen Leibwächtern. Er wirkte verängstigt und grimmig zugleich. Als sein Blick auf Gurgeh fiel, sah er durch ihn hindurch. »Ich habe das Gefühl«, flüsterte Gurgeh, »dass es gar nichts nützen würde.«
    »Ich auch. Möchten Sie, dass ich das Schiff herbeirufe?«
    »Kann es vor dem Feuer da sein?«
    »Gerade noch.«
    Gurgeh brauchte nicht lange nachzudenken. »Tun Sie das!«, sagte er.
    »Signal abgegangen. Sie wissen noch, wie Sie mit dem Implantat umzugehen haben?«
    »Ganz genau.«
    »Großartig«, meinte Flere-Imsaho säuerlich. »Eine Hochgeschwindigkeitsentführung aus einer feindlichen Umgebung mit Grauzonen-Effektoren. Das hat mir gerade noch gefehlt.«
    Die Halle war voll, die Türen wurden geschlossen. Der Schiedsrichter sah vorwurfsvoll zu dem Oberst der Garde hinüber, der bei Nicosar stand. Der Offizier reagierte mit einem ganz knappen Nicken. Der Schiedsrichter kündigte an, das Spiel werde fortgesetzt.
    Nicosar machte zwei unlogische Züge. Gurgeh konnte nicht erkennen, worauf der Kaiser hinauswollte. Er musste etwas im Schilde führen, aber was? Anscheinend hatte es nichts mit einem Versuch zu tun, das Spiel zu gewinnen. Gurgeh versuchte, Nicosars Blick einzufangen, aber der Apex weigerte sich, ihn anzusehen. Gurgeh rieb sich über die Risse an Lippe und Wange. Ich bin unsichtbar, dachte er.
    Die Zunderpflanzen schwankten und schüttelten sich draußen im Sturm. Ihre Blätter hatten ihre maximale Größe erreicht. Vom Sturm gepeitscht, verschwammen sie, verschmolzen miteinander, als stehe vor den Burgmauern ein einziger riesiger, trübgelber zitternder Organismus. Gurgeh nahm wahr, dass die Leute in der Halle sich unruhig bewegten, miteinander murmelten, Blicke auf die immer noch ungeschützten Fenster warfen. Die Leibwächter hatten mit schussbereiten Waffen an den Ausgängen Posten bezogen.
    Nicosar machte bestimmte Züge, platzierte die Elemente-Karten auf bestimmte Positionen. Gurgeh kam immer noch nicht dahinter, welchen Sinn das alles hatte. Der Sturm tobte hinter den klappernden Fenstern so laut, dass er die Stimmen der Menschen in der Halle vollständig übertönte. Der Geruch des flüchtigen Saftes der Zunderpflanzen durchdrang die Luft. Ein paar trockene Fetzen ihrer Blätter hatten irgendwie den Weg in die Burg gefunden und schwebten und tanzten und wirbelten in Luftströmen innerhalb der großen Halle.
    Hoch an dem steindunklen Himmel draußen erhellte ein brennendes orangefarbenes Glühen die Wolken. Gurgeh begann zu schwitzen. Er trat ans Brett, machte ein paar beantwortende Züge, versuchte, aus Nicosar eine Aussage herauszulocken. Auf der Zuschauergalerie rief jemand etwas und wurde zum Schweigen gebracht. Die Leibwächter standen stumm und wachsam an den Türen und um das Brett. Der Oberst, mit dem Nicosar vorhin gesprochen hatte, hielt sich in der Nähe des Kaisers. Als Gurgeh zu seinem Schemel zurückkehrte, meinte er, Tränen auf den Wangen des Offiziers zu sehen.
    Nicosar hatte gesessen. Jetzt stand er auf, nahm vier Elemente-Karten und schritt bis zum Mittelpunkt des gemusterten Terrains vor.
    Gurgeh wollte losbrüllen oder aufspringen, wollte irgendetwas tun. Aber er fühlte sich wie angewurzelt, wie festgenagelt. Die Gardisten in der Halle spannten die Muskeln. Die Hände des Kaisers zitterten sichtbar. Draußen peitschte der Sturm die Zunderpflanzen, als sei er ein bewusstes, gehässiges Wesen. Ein orangefarbener Speer sprang über die Wipfel und sank langsam außer Sicht.
    »Oh, liebe heilige Scheiße«, flüsterte Flere-Imsaho. »Es ist nur noch fünf Minuten von uns entfernt.«
    »Was?« Gurgeh warf der Maschine einen Blick zu.
    »Fünf Minuten«, wiederholte der Roboter mit realistischem Schlucken. »Eigentlich wäre noch fast eine Stunde Zeit. Es kann nicht so schnell vorangekommen sein. Sie haben eine neue Feuerfront entfacht.«
    Gurgeh schloss die Augen. Er spürte das Klümpchen unter seiner papiertrockenen Zunge. »Das Schiff?« Er öffnete die Augen wieder.
    Der Roboter schwieg sekundenlang. »… keine Chance.« Seine Stimme klang flach, resigniert.
    Nicosar bückte sich. Er legte eine Feuer-Karte auf ein Wasser-Symbol, das bereits in einer Falte des hohen Terrains seinen Platz gefunden hatte. Der Oberst der Garde drehte den Kopf um eine Winzigkeit zur Seite. Sein Mund bewegte sich, als blase er ein Staubkörnchen von dem hohen Kragen seiner Uniform.
    Nicosar richtete sich auf, sah

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