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Das Kultur-Spiel

Das Kultur-Spiel

Titel: Das Kultur-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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sich um, horchte anscheinend nach etwas, hörte jedoch nur das Heulen des Sturms.
    »Ich habe soeben einen Infraschall-Puls registriert«, sagte Flere-Imsaho. »Das war eine Explosion, einen Kilometer weiter nördlich. Der Aquädukt.«
    Hilflos sah Gurgeh zu, wie Nicosar langsam zu einer anderen Stelle des Brettes schritt und wieder eine Karte auf eine andere legte, Feuer auf Luft. Der Oberst sprach abermals in das Mikrophon an seiner Schulter. Die Burg bebte; eine Reihe von Erschütterungen durchlief die Halle.
    Die Figuren auf dem Brett vibrierten. Leute standen auf, fingen an zu rufen. Die Glasscheiben zerbrachen in ihren Rahmen, klirrten auf die Steinplatten, ließen die kreischende Stimme des brennenden Sturms in einem Hagel flatternder Blätter in die Halle eindringen. Eine Flammenkette loderte über den Wipfeln der Bäume auf und füllte den unteren Rand des kochenden schwarzen Horizonts mit Feuer.
    Die nächste Feuer-Karte wurde platziert – auf Erde. Es war, als verlagere sich die Burg unter Gurgehs Füßen. Der Wind brauste in die Fenster, rollte wie eine absurde, nicht aufzuhaltende Invasion leichtere Figuren über das Brett, riss an den Roben des Schiedsrichters und seiner Helfer. Leute drängten sich von den Galerien, fielen übereinander, um zu den Ausgängen zu gelangen, wo die Leibwächter ihre Waffen gezogen hatten.
    Der Himmel war voller Feuer.
    Nicosar platzierte die letzte Feuer-Karte auf das Geister-Element ›Leben‹ und sah Gurgeh dabei an.
    »Das sieht die ganze Zeit schlimmer und schlimmer… grrriiiiie!«, quietschte Flere-Imsaho. Seine Stimme brach. Gurgeh fuhr herum und sah die klobige Maschine zitternd in der Luft hängen, umgeben von einer leuchtenden Aura grünen Feuers.
    Die Gardisten begannen zu schießen. Die Türen der Halle wurden aufgerissen, und die Leute drängten hinaus. Aber plötzlich waren die Gardisten überall auf dem Brett selbst, schossen auf die Galerien und die Bänke, schleuderten Laserstrahlen in die fliehenden Menschenmengen, fällten die schreienden, um sich schlagenden Apices, Frauen und Männer in einem Sturm flackernden Lichts und erschütternder Detonationen.
    »Grrraaaaak!«, kreischte Flere-Imsaho. Sein Gehäuse glühte stumpfrot und begann zu qualmen. Gurgeh war wie gelähmt. Nicosar stand, umgeben von seinen Leibwächtern, fast in der Mitte des Brettes und lächelte Gurgeh zu.
    Das Feuer raste über die Zunderpflanzen. Die Halle leerte sich; die letzten Verwundeten taumelten durch die Türen. Flere-Imsaho hing in der Luft, er glühte gelb, orange, weiß, er begann zu steigen, ließ dabei Tropfen geschmolzenen Materials auf das Brett fallen, war plötzlich in Rauch und Flammen gehüllt. Dann sauste er durch die Halle, als werde er von einer großen unsichtbaren Hand vorwärtsgerissen. Er knallte gegen die hintere Wand und explodierte in einem blendenden Blitz und einer Explosion, die Gurgeh fast von seinem Schemel geworfen hätte.
    Die Leibwächter um den Kaiser verließen das Brett, stiegen über die Bänke und Galerien und töteten die Verwundeten. Gurgeh ignorierten sie. Die Schüsse hallten durch die Gänge, die in den Rest der Burg führten, wo die Toten in ihren bunten Kleidern dicht wie ein obszöner Teppich lagen.
    Nicosar schlenderte langsam zu Gurgeh hinüber, blieb stehen, um mit seinen Stiefeln ein paar Azad-Figuren aus dem Weg zu schieben, trat einen kleinen, prasselnden Feuersee aus, den Flere-Imsaho mit seinem geschmolzenen Abfall hervorgerufen hatte. Nicosar zog fast beiläufig das Schwert.
    Gurgeh umklammerte die Armlehnen seines Sitzes. Draußen tobte das Inferno über den Himmel. Blätter wirbelten wie ein trockener, endloser Regen durch die Halle. Nicosar blieb vor Gurgeh stehen. Der Kaiser lächelte. Er rief durch den Sturm: »Überrascht?«
    Gurgeh konnte kaum sprechen. »Was haben Sie getan? Warum?«, krächzte er.
    Nicosar zuckte mit den Schultern. »Ich habe das Spiel zur Realität gemacht, Gurgeh.« Er sah sich in der Halle um, betrachtete das Gemetzel. Sie waren jetzt allein; die Leibwächter hasteten durch die ganze Burg und töteten.
    Die Gefallenen lagen überall auf dem Fußboden und den Galerien, hingen über den Bänken, waren in Ecken zusammengesunken. Ihre Roben waren gefleckt von den dunklen Brandlöchern der Laserstrahlen. Rauch stieg von dem gesplitterten Holzwerk und den kokelnden Kleidern auf. Ein widerlich süßlicher Geruch nach verbranntem Fleisch füllte die Halle.
    Nicosar wog das schwere, zweischneidige Schwert

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