Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Kultur-Spiel

Das Kultur-Spiel

Titel: Das Kultur-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
Vom Netzwerk:
können, nichts als ziemlich überrascht und mehr als nur ein bisschen dumm drein… Dann verschwand das Spiegelfeld, und er hatte wieder Nicosar vor sich.
    Der Apex stand an genau der gleichen Stelle. Jetzt schwankte er leicht. Aber irgendetwas war verkehrt. Etwas hatte sich verändert. Es war ganz offensichtlich, nur kam Gurgeh nicht darauf, was es war.
    Der Kaiser schaukelte langsam auf den Fersen zurück. Seine Augen starrten leer zu der rußfleckigen Decke, von der die Abschirmanlage heruntergefallen war. Dann erfasste ihn der heiße Luftstrom von den Fenstern. Er kippte langsam wieder nach vorn, auf das Brett zu. Die schwere Pistole in seinen behandschuhten Händen raubte ihm das Gleichgewicht.
    Da sah Gurgeh es, das saubere, ein klein wenig rauchende schwarze Loch, gerade so groß, dass ein Daumen hineingepasst hätte, in der Stirn des Apex.
    Nicosars Leiche schlug krachend auf das Brett. Figuren flogen nach allen Seiten.
    Das Feuer brach durch.
    Der Damm aus Zunderpflanzen gab den Flammen nach und wurde von einer gewaltigen Woge blendenden Lichts und einem Hitzestoß, der wie ein Hammer zuschlug, ersetzt. Das Feld um Gurgeh wurde dunkel, und die Halle und das ganze Feuer verblassten. Weit weg in seinem Hinterkopf war ein seltsames summendes Geräusch, und er fühlte sich leer und erschöpft.
    Danach hörte das alles auf, und es war nichts mehr als Dunkelheit.

Gurgeh öffnete die Augen.
    Er lag auf einem Balkon unter einem vorspringenden Überhang aus Stein. Der Boden um ihn war sauber gefegt worden, aber überall sonst lag eine zentimeterdicke Decke aus dunkelgrauer Asche. Es war dämmerig. Die Steine unter ihm fühlten sich warm an; die Luft war kühl und rauchig.
    Er fühlte sich gut. Keine Schläfrigkeit, kein Kopfweh.
    Er setzte sich auf. Etwas fiel von seiner Brust, rollte über die gefegten Steine in den grauen Staub. Er hob es auf. Es war das Orbital-Armband, leuchtend und unbeschädigt und immer noch seinem mikroskopischen Tag-Nacht-Zyklus folgend. Gurgeh steckte es in die Jackentasche. Er überprüfte sein Haar, seine Augenbrauen, seine Jacke. Nichts war angesengt.
    Der Himmel war dunkelgrau, am Horizont schwarz. Auf der einen Seite hing eine kleine, schwach purpurne Scheibe am Himmel. Das musste die Sonne sein. Gurgeh stand auf.
    Die graue Asche wurde von tintenschwarzem Ruß bedeckt, der wie gefärbter Schnee von der dunklen Wolkendecke fiel. Gurgeh ging über die von der Hitze verworfenen, abblätternden Pflastersteine bis zum Rand des Balkons. Die Brüstung war hier abgefallen; er hielt sich von der äußeren Kante fern.
    Die Landschaft hatte sich verändert. Statt der goldenen Mauer aus Zunderpflanzen, die den Blick über die Zwischenmauer hinaus verwehrt hatte, war da nichts als Erde, schwarz und braun und wie gebacken, voll von großen Rissen und Brüchen, die die dünne graue Asche und der Rußregen noch nicht gefüllt hatten. Die öde Wüste erstreckte sich bis zum fernen Horizont. Leichte Rauchwölkchen stiegen immer noch von den Rissen im Boden auf, erhoben sich wie die Geister von Bäumen, bis der Wind sie erfasste. Die Zwischenmauer war geschwärzt und versengt und zeigte an einigen Stellen Lücken.
    Die Burg selbst sah mitgenommen aus wie nach einer langen Belagerung. Türme waren eingestürzt, und viele Wohn- und Büroräume und Säle waren in sich zusammengebrochen. Hinter ihren von den Flammen zernarbten Fenstern war nichts als Leere zu sehen. Rauchsäulen wanden sich träge wie biegsame Fahnenstangen zum Gipfel der zerbröckelnden Festung hinauf, wo der Wind sie einfing und zerfetzte.
    Gurgeh ging um den Balkon, durch den weichen schwarzen Schnee aus Ruß zu den Fenstern der vorgebauten Halle. Seine Füße machten kein Geräusch. Die Rußflocken brachten ihn zum Niesen, und seine Augen juckten. Er betrat die Halle.
    Die Steine bewahrten die trockene Hitze noch; es war, als schreite er in einen weiten, dunklen Ofen. Innerhalb des großen Spielsaals, zwischen den undeutlichen Trümmern von verbogenen Trägern und heruntergefallenen Steinmetzarbeiten lag das Brett, verzerrt und verbeult und gerissen, die Regenbogenfarben zu Grau- und Schwarztönen reduziert, die sorgfältig ausbalancierte Topographie von hohem und niedrigem Terrain durch die Zufallshebungen und -Senkungen des Feuers zur Absurdität verkehrt.
    Verbeulte, ausgeglühte Träger und Löcher im Fußboden und in den Wänden zeigten, wo die Zuschauergalerien gewesen waren. Die Abschirmanlage, die von der Decke der Halle

Weitere Kostenlose Bücher