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Das Kultur-Spiel

Das Kultur-Spiel

Titel: Das Kultur-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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und machten dich neu.
(»He, mein Junge, jetzt geht es um dich und unsere Dolchgeschosse,
Vorstoß und Geschwindigkeit und blutiges Geheimnis:
Der Weg zum Herzen eines Menschen führt durch seine Brust!«)
Sie hielten dich für ihr Spielzeug,
Wildes Kind; der Rückstoß aus weiter Ferne,
Der Sache dienlich, weil
Utopia wenige Krieger hervorbringt.
Aber du wusstest, dass deine Gestalt einen Strich
Durch jeden ausgeklügelten Plan machte,
Und da du unser Spiel aufrichtig betrieben hast,
Durchschautest du unser stümperhaftes Flickwerk
Und die unberechenbaren Drüsen
Zu deinem eigenen Zweck, in Gebeinen.
- Das Reservoir dieser kultivierten Leben
Bestand nicht aus Fleisch,
Und was wir lediglich wussten,
Das spürtest du
Mit dem ganzen Mark deiner verdrehten Zellen.
    Rasd-Coduresa Diziet Embless Sma da’Marenhide.
c/o SC, Jahr 115 (Erde, Khmer-Kalender).
Marain-Original, eigene Übersetzung. Unveröffentlicht.

 
Prolog
     
     
    »Jag mir, was ist Glück?«
    »Glück? Glück… ist aufzuwachen, an einem strahlenden Frühlingsmorgen, nach einer kräftezehrenden ersten Nacht mit einer schönen… leidenschaftlichen… mehrfachen Mörderin.«
    »… Scheiße, das ist alles?«
     
    In seiner Hand lag das Glas wie etwas Gefangenes, das Licht ausschwitzte. Die Flüssigkeit, die es enthielt, war von der gleichen Farbe wie seine Augen und schwappte träge im Sonnenlicht unter seinem verhangenen Blick, wobei die schimmernde Oberfläche des Getränks Glanzlichter wie Adern flüssigen Goldes auf sein Gesicht warf.
    Er leerte das Glas in einem Zug, dann betrachtete er es forschend, während der Alkohol sich seinen Weg durch die Kehle bahnte. Seine Kehle kitzelte, und er hatte das Gefühl, als kitzle ihn das Licht in den Augen. Er drehte das Glas zwischen den Händen, bewegte es behutsam und geschmeidig, anscheinend hingerissen von der Derbheit des Fußes und der seidigen Glätte der ungeschliffenen Teile. Er hielt es hoch ins Licht der Sonne, und seine Augen zogen sich zu schmalen Schlitzen zusammen. Das Glas funkelte wie hundert winzige Regenbogen; winzige verzerrte Bläschen in dem schlanken Stiel glänzten golden vor dem blauen Himmel und drehten sich in einer geriffelten Doppelschnecke umeinander.
    Er senkte das Glas langsam, und sein Blick fiel auf die schweigende Stadt. Er blinzelte über die Dächer und Zinnen und Türme, weit hinaus über die massigen Formen der Bäume, die die spärlichen, staubigen Parks kennzeichneten, und hinaus über die gezackte Linie der Stadtmauern auf die blassen Ebenen und die rauchblauen Hügel, die dahinter im Hitzedunst unter einem wolkenlosen Himmel schimmerten.
    Ohne die Augen von dem Anblick abzuwenden, holte er plötzlich mit dem Arm aus und warf das Glas über die Schulter zurück, hinter sich in den kühlen Saal, wo es in der Dunkelheit verschwand und zerschellte.
    »Du Schwein«, sagte eine Stimme nach einer kurzen Pause. Die Stimme klang sowohl gedämpft als auch nuschelnd. »Ich dachte, das wäre schwere Artillerie. Ich hätte fast in die Hose gemacht. Möchtest du, dass hier alles voller Scheiße ist?… O verdammt, ich habe außerdem ins Glas gebissen… mmm… Ich blute.« Es entstand erneut eine Pause. »Hast du gehört?« Die gedämpfte, nuschelnde Stimme nahm ein wenig an Lautstärke zu. »Ich blute… Möchtest du, dass der Boden mit Scheiße und blauem Blut bedeckt ist?« Ein kratzendes, klirrendes Geräusch war zu hören, danach folgte Stille. Und dann noch mal:
    »Du Schwein!«
    Der junge Mann auf dem Balkon wandte sich von der Aussicht über die Stadt ab und ging wieder hinein in den Saal, nur leicht unsicher auf den Beinen. Der Boden war mit einem jahrtausendealten Mosaik ausgelegt, das in jüngerer Zeit mit einer durchsichtigen, kratzsicheren Schicht überzogen worden war, um die winzigen Keramikteilchen zu schützen. In der Mitte des Saals stand ein wuchtiger, kunstvoll gearbeiteter Esstisch, umringt von Stühlen. Entlang der Wände standen verstreut weitere kleine Tische, außerdem noch mehr Stühle, niedrige Truhen und Kommoden mit Schubladen sowie hohe Vitrinen, alle aus dem gleichen dunklen, schweren Holz gefertigt.
    Einige der Wände waren mit verblassten, aber immer noch eindrucksvollen Gemälden bedeckt, vorwiegend Darstellungen von Kriegsschlachten; an anderen Wänden, die nur weiß gestrichen waren, prangten gewaltige alte Waffen; hunderte von Speeren und Messern, Schwertern und Schilden, Piken und Keulen, Wurfschlingen und Pfeilen, alle gleichmäßig angeordnet

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