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Das Kultur-Spiel

Das Kultur-Spiel

Titel: Das Kultur-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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zu einem der riesigen Kamine in der Halle zu schreiten. Er hievte sich auf den breiten Sims hinauf, von wo aus er angestrengt eine der alten Waffen anstarrte, die an der Wand angebracht waren; ein gewaltiges Gewehr mit weiter Mündung, verziertem Schaft und offenem Abzugsmechanismus. Er unternahm den Versuch, die Donnerbüchse von dem Mauerwerk zu lösen, doch sie war zu gut befestigt. Nach einer Weile gab er auf und sprang wieder zu Boden, wo er etwas schwankend landete.
    »Hast du etwas gesehen?«, sagte die Stimme wieder voller Hoffnung.
    Der junge Mann ging mit behutsamen Schritten vom Kamin auf eine Ecke des Saals zu, zu einer langen, prunkvollen Anrichte. Ihre Platte war voll gestellt mit einem Durcheinander von Flaschen, ebenso wie ein beträchtlicher Teil des Fußbodens ringsum. Er wühlte sich durch die Sammlung von vorwiegend zerbrochenen, vorwiegend leeren Flaschen, bis er eine fand, die unversehrt und voll war. Als er sie ergattert hatte, ließ er sich vorsichtig zu Boden nieder, öffnete die Flasche, indem er ihren Hals am Bein eines neben ihm stehenden Stuhls abschlug, und kippte sich die Hälfte des Flascheninhalts, die er nicht über seine Kleidung geschüttet oder über den Mosaikboden verspritzt hatte, in den Mund. Er hustete und spuckte, stellte die Flasche ab und stieß sie beim Aufstehen mit dem Fuß unter die Anrichte.
    Er taumelte zu einer anderen Ecke des Saals und dort zu einem hohen Haufen von Kleidung und Feuerwaffen. Er befreite ein Gewehr aus einem Gewirr von Riemen, Hüllen und Munitionsgürteln und begutachtete die Waffe, dann warf er sie wieder auf den Haufen. Er schob einige hundert kleine leere Magazine zur Seite, um zu einem anderen Gewehr zu gelangen, doch dann verschmähte er auch dieses. Er hob noch zwei weitere auf, prüfte sie und warf sich eins davon über die Schulter, während er das andere auf eine mit einem Teppich bedeckte Truhe legte. Er fuhr mit seiner Untersuchung der Waffen fort, bis er sich drei Gewehre umgehängt hatte und die Truhe mit allerlei Zubehörteilen bedeckt war. Er schob das Zeug von der Truhe in eine grobe, ölverschmierte Tasche und ließ diese zu Boden fallen.
    »Nein«, sagte er.
    Während er sprach, ertönte ein dumpfes Rumoren von unbestimmbarer Herkunft und Art, etwas, das eher aus dem Boden denn aus der Luft zu kommen schien. Die Stimme unter dem Tisch murmelte etwas.
    Der junge Mann ging hinüber zu den Fenstern und legte die Gewehre zu Boden.
    Er blieb eine Weile dort stehen und sah hinaus.
    »He!«, sagte die Stimme unter dem Tisch. »Hilf mir mal beim Aufstehen, ja? Ich bin unterm Tisch.«
    »Was machst du denn unter dem Tisch, Cullis?«, sagte der junge Mann, während er sich niederkniete, um die Gewehre zu überprüfen; er klopfte auf Anzeigenskalen, drehte an Rädchen, änderte Einstellungen und blinzelte durch Visiere.
    »Ach, dies und das; du weißt schon.«
    Der junge Mann lächelte und ging hinüber zum Tisch. Er griff hinunter und zog mit einem Arm einen großen, rotgesichtigen Mann heraus. Bekleidet war dieser mit einer Feldmarschalljacke, die ihm eine Nummer zu groß war; er hatte sehr kurz geschnittenes graues Haar und nur ein echtes Auge. Der große Mann streckte die Hand aus, damit der andere ihm hochhelfen würde; er stand vorsichtig auf und wischte sich das eine oder andere Stückchen Glas von der Jacke. Er dankte dem jungen Mann, indem er langsam mit dem Kopf nickte.
    »Welche Zeit haben wir überhaupt?«, fragte er.
    »Was? Du lallst so schrecklich.«
    »Zeit. Sag mir die Zeit.«
    »Es ist Tag.«
    »Aha.« Der große Mann nickte bedächtig. »Genau wie ich angenommen hatte.« Cullis beobachtete den jungen Mann, der zum Fenster und den Waffen zurückging, dann schob er sich von dem großen Tisch weg; mit einiger Mühe gelangte er zu dem Tischchen, auf dem der große Wasserkrug stand, der mit dem Gemälde eines alten Segelschiffes geschmückt war.
    Er hob den Krug hoch, wobei er leicht schwankte, kippte ihn über seinem Kopf um, blinzelte, wischte sich mit den Händen durchs Gesicht und schlug den Kragen seiner Jacke hoch.
    »Aah!«, sagte er. »Jetzt geht’s mir besser.«
    »Du bist betrunken«, sagte der junge Mann, ohne sich von den Gewehren abzuwenden.
    Der ältere Mann dachte darüber nach.
    »Es ist dir beinah gelungen, das wie eine Kritik klingen zu lassen«, erwiderte er würdevoll, pochte auf sein künstliches Auge und blinzelte ein paar Mal. Er drehte sich so gezielt wie möglich um, der gegenüberliegenden Wand zu,

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