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Das Kultur-Spiel

Das Kultur-Spiel

Titel: Das Kultur-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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Bett und ging zu dem Podest auf der anderen Seite des Raums. Sie zog die leicht wogenden, durchsichtigen Vorhänge auf und holte mit Schwung den Riemen eines Fernglases von einem Haken am Rahmen. Er lag da und beobachtete sie, wie sie das Glas an die Augen hob und den oberen Teil des Hügels absuchte.
    »Ist noch da«, sagte sie. Ihr Stimme war weit weg. Er schloss die Augen.
    »Dann gehen wir heute rauf. Vielleicht am Nachmittag.«
    »Ja, das sollten wir.« Weit weg.
    »Also gut.«
    Wahrscheinlich hatte sich das blöde Tier überhaupt nicht verfangen; es war eher anzunehmen, dass es in einen geistesabwesenden Winterschlaf verfallen war. Das taten sie, wie er gehört hatte; sie hörten einfach auf zu essen, sahen geradeaus und starrten mit ihren großen, dumpfen Augen irgendetwas an, bis sie sie schläfrig schlossen und in eine Art Koma fielen, ganz beiläufig. Wenn der erste Regen fiel oder sich ein Vogel auf ihnen niederließ, wachten sie wahrscheinlich auf. Vielleicht saß es aber tatsächlich fest; die Krih hatten ein dickes Fell, mit dem sie sich im Gebüsch verhedderten oder an Ästen hängen blieben, sodass sie nicht mehr weiterkamen. Sie würden heute hinaufgehen; es herrschte eine gute Sicht, und etwas körperliche Betätigung, die nicht überwiegend in der Horizontalen stattfand, würde ihm ohnehin gut tun. Sie würden sich ins Gras legen und sich unterhalten und auf das im Dunst glitzernde Meer blicken, und vielleicht müssten sie das Tier befreien oder es aufwecken, und sie würde sich mit einem Gesichtsausdruck um es kümmern, der ihm, wie er wusste, signalisierte, dass er sie nicht stören durfte, und am Abend würde sie schreiben, und ein neues Gedicht würde entstehen.
    Als namenloser Geliebter war er in viele ihrer neueren Gedichte eingegangen, obwohl sie wie üblich vermutlich den ganzen Stapel irgendwann wegwerfen würde. Sie hatte gesagt, dass sie ein Gedicht speziell über ihn schreiben würde, eines Tages, wenn er ihr vielleicht mehr über sein Leben erzählt hätte.
    Das Haus ächzte, seine Teile verschoben sich gegeneinander, wankend und fließend, Licht verteilend und dämpfend; die unterschiedliche Dichte der Gardinen und Vorhänge, die die Wände und Unterteilungen der Behausung bildeten, raschelten wie undeutlich erlauschte Gespräche.
    Weit entfernt hob sie eine Hand zu den Haaren und zog an einigen Strähnen, während sie mit einem Finger Papiere auf einem Schreibtisch hin und her schob. Er beobachtete sie. Ihr Finger rührte in dem, was sie am Tag zuvor geschrieben hatte, spielte mit dem Pergament, bewegte es langsam im Kreis; es bog und drehte sich, beobachtet von ihr, beobachtet von ihm.
    Das Fernglas hing mit schlaffen Riemen an ihrem Handgelenk, vergessen, und er ließ einen ausgiebigen, langen Blick über sie schweifen, wie sie da im Gegenlicht stand; Füße, Beine, Hinterteil, Bauch, Oberkörper, Busen, Schultern, Hals; Gesicht und Kopf und Haare.
    Der Finger bewegte sich über die Schreibtischplatte, wo sie am Abend ein Gedicht über ihn schreiben würde; er würde es heimlich abschreiben für den Fall, dass sie nicht zufrieden damit wäre und es wegwerfen würde. Und während sein Verlangen wuchs und ihr ruhiges Gesicht keine Bewegung des Fingers wahrnahm, war einer von ihnen nur etwas Vorübergehendes, nur ein gepresstes Blatt zwischen den Seiten des Tagebuchs des anderen, und in was sie sich hineingeredet hatten, darüber konnten sie auch schweigen.
    »Ich muss heute etwas arbeiten«, sagte sie zu sich selbst.
    Es entstand eine Pause.
    »He?«, sagte er.
    »Hmm?« Ihre Stimme war weit weg.
    »Lass uns ein wenig Zeit vergeuden, hmm?«
    »Ein hübscher Euphemismus, mein Herr«, sinnierte sie gedankenverloren.
    Er lächelte. »Komm und hilf mir, dass mir bessere einfallen.«
    Sie lächelte ebenfalls, und sie sahen einander an.
    Es entstand eine lange Pause.

 
Sechs
     
     
    Leicht schwankend und sich am Kopf kratzend stützte er das Gewehr wie einen Stock auf den Boden der Feldkammer, wobei er die Waffe am Lauf hielt, und blinzelte einäugig und vor sich hinmurmelnd in die Mündung.
    »Zakalwe«, sagte Diziet Sma, »wir haben achtundzwanzig Millionen Leute und eine Trillion Tonnen Raumschiff zwei Monate vom Kurs umgeleitet, um dich rechtzeitig nach Voerenhutz zu bringen; ich würde es begrüßen, wenn du warten würdest, bis die Arbeit erledigt ist, bevor du dein Gehirn in die Luft pustest.«
    Er drehte sich um und sah Sma und die Drohne den hinteren Teil der Feldkammer

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