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Das Kultur-Spiel

Das Kultur-Spiel

Titel: Das Kultur-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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sich in das Spiel zurück. Zum Teil war es Glück, zum Teil ein Können, das er sich in diesem Umfang nicht einmal selbst zugetraut hatte. Das Spiel steuerte immer noch auf einen Volles-Gitter-Sieg zu, und immer noch hatte das Mädchen die Wahrscheinlichkeit für sich. Aber Gurgehs Position sah zumindest weniger hoffnungslos aus. Jemand brachte ihm ein Glas Wasser und etwas zu essen. Er erinnerte sich vage eines Gefühls der Dankbarkeit.
    Das Spiel ging weiter. Die Zuschauer wechselten. Das Gitter war sein Schicksal; die kleinen Kugeln mit ihren geheimen Schätzen und Bedrohungen wurden zu lauter Päckchen des Lebens und des Todes, zu einzelnen Punkten der Wahrscheinlichkeit, über die man Vermutungen anstellen, aber nicht genau Bescheid wissen konnte, bis sie angegriffen, geöffnet und betrachtet wurden. Die ganze Realität schien an diesen winzigen, bedeutungsvollen Bündeln zu hängen.
    Gurgeh wusste nicht mehr, welche in seinem Körper erzeugten Drogen ihn überfluteten, und er konnte nicht wissen, was das Mädchen benutzte. Er hatte jedes Gefühl für die Zeit und die eigene Person verloren.
    Ein paar Züge lang ließ bei beiden die Konzentration nach, und das Spiel ging schleppend voran. Dann erwachte es zu neuem Leben. Gurgeh kam ganz langsam, ganz allmählich zu Bewusstsein, dass sich in seinem Kopf ein unmöglich komplexes Modell der Partie befand, undurchdringlich dicht, unglaublich vielschichtig.
    Er sah sich das Modell an, drehte es.
    Das Spiel veränderte sich.
    Er erkannte einen Weg zum Sieg. Das Volle Gitter blieb eine Möglichkeit. Jetzt seine. Es hing alles davon ab, ob… Eine weitere Drehung. Ja, er würde gewinnen. Das stand beinahe fest. Aber das genügte ihm nicht mehr. Das Volle Gitter winkte verführerisch, quälte ihn mit seiner Verlockung…
    »Gurgeh?« Boruelal schüttelte ihn. Er sah auf. Über den Bergen lag ein Schimmer der Morgendämmerung. Boruelals Gesicht war grau und nüchtern. »Gurgeh, eine Pause. Ihr spielt seit sechs Stunden. Sind Sie einverstanden? Eine Pause, ja?«
    Er blickte durch das Gitter auf das blasse, wächserne Gesicht des kleinen Mädchens. Er blickte in einer Art Benommenheit ringsum. Die meisten Leute waren gegangen. Die Papierlaternen waren ebenfalls verschwunden; es tat ihm irgendwie Leid, das kleine Ritual verpasst zu haben, bei dem man die brennenden Lampions von der Terrasse ins Wasser warf und sie zum Wald hinunterschwimmen sah.
    Boruelal schüttelte ihn von neuem. »Gurgeh?«
    »Ja, eine Pause. Ja, natürlich«, krächzte er. Steif und unter Schmerzen stand er auf: Seine Muskeln protestierten, seine Gelenke knarrten.
     
    Chamlis musste in seiner Eigenschaft als Schiedsrichter bei dem Spielgitter bleiben. Das Morgengrauen verbreitete sich über den Himmel.
    Jemand reichte Gurgeh heiße Suppe. Er trank sie, aß ein paar Crackers und spazierte eine Weile durch die stillen Arkaden, wo ein paar Leute schliefen oder immer noch saßen und sich unterhielten oder zu leiser Konservenmusik tanzten. Er beugte sich über die Balustrade an dem kilometertiefen Abgrund, schluckte und kaute, benommen und leer von dem Spiel, das sich irgendwo in seinem Kopf ständig wiederholte.
    Die Lichter der Städte und Dörfer auf der nebelverhangenen Ebene unten, jenseits des Halbkreises, den der dunkle Regenwald bildete, wirkten blass und unsicher. Ferne Berggipfel leuchteten rot und nackt.
    »Jernau Gurgeh?«, fragte eine leise Stimme.
    Er blickte über die Ebene. Der Roboter Mawhrin-Skel schwebte einen Meter von seinem Gesicht entfernt. »Mawhrin-Skel«, sagte er.
    »Guten Morgen.«
    »Guten Morgen.«
    »Wie läuft das Spiel?«
    »Gut, danke. Ich glaube, jetzt werde ich gewinnen – im Grunde bin ich mir ziemlich sicher. Aber ich habe außerdem eine Chance…«, er merkte, dass er lächelte, »spektakulär zu gewinnen.«
    »Tatsächlich?« Mawhrin-Skel blieb vor ihm über dem Abgrund schweben. Er hielt seine Stimme leise, obwohl niemand in der Nähe war. Die Felder hatte er ausgeschaltet. Seine Oberfläche zeigte eine merkwürdige, scheckige Mischung aus Grautönen.
    »Ja.« Gurgeh erklärte ihm kurz, was es mit einem Volles-Gitter-Sieg auf sich hatte.
    Der Roboter verstand es. »Sie haben also bereits gewonnen, aber Sie könnten das Volle Gitter gewinnen, was in der Kultur noch nie jemand getan hat, ausgenommen bei Vorführungen, um zu beweisen, dass es möglich ist.«
    »Das ist richtig!« Gurgeh nickte, den Blick auf die lichtgesprenkelte Ebene gerichtet. »Das ist richtig.« Er

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