Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Kultur-Spiel

Das Kultur-Spiel

Titel: Das Kultur-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
Vom Netzwerk:
an Kleidern und Haaren, mehrere der Papierlaternen ruckten und zitterten und fielen herunter. Blätter und Nachtblüten rieselten von den Arkaden unmittelbar über der Stelle, wo Mawhrin-Skel geschwebt hatte.
    Chamlis Amalk-ney, rot vor Glück, kippte sein Gehäuse, um in den dunklen Himmel hinaufzusehen, wo in der Wolkendecke kurz ein kleines Loch entstand. »Ach du meine Güte«, flötete er. »Was meinst du – habe ich etwas gesagt, das ihn aufgeregt hat?«
    Gurgeh lächelte und setzte sich an das Spiel. »War das Absicht, Chamlis?«
    Amalk-ney verbeugte sich mitten in der Luft vor den anderen Robotern und vor Boruelal. »Nicht ganz.« Er wandte sich Olz Hap zu, die Gurgeh an dem Spielgitter gegenübersaß. »Ah… als Kontrast: ein blondes Menschenkind.«
    Das Mädchen errötete, senkte den Blick. Boruelal übernahm die Vorstellung.
    Abräumen wird in einem dreidimensionalen Gitter gespielt, das innerhalb eines metergroßen Würfels gespannt ist. Die traditionellen Substanzen stammen von einem bestimmten Tier des Ursprungsplaneten, getrocknete Sehnen für das Gitter, Stoßzahn-Elfenbein für den Rahmen. Das Spiel, das Gurgeh und Olz Hap benutzten, war synthetisch.
    Beide hängten sie ihre Schirme ein, griffen nach den Beuteln mit hohlen Kugeln und farbigen Perlen – Nussschalen und Steine im Original –, wählten Perlen, steckten sie in Kugeln. Die Schiedsrichter-Roboter vergewisserten sich, dass niemand eine Chance hatte, zu sehen, welche Perlen in welche Kugeln wanderten. Dann nahmen der Mann und das Mädchen jeder eine Hand voll der kleinen Kugeln und platzierten sie an verschiedenen Stellen innerhalb des Gitters. Das Spiel hatte begonnen.
     
    Sie war gut. Gurgeh war beeindruckt. Olz Hap war impulsiv, aber raffiniert, mutig, aber nicht dumm. Sie hatte außerdem eine Menge Glück. Aber es gibt solches und solches Glück. Manchmal kann man es riechen, dass die Sache gut läuft und wahrscheinlich weiter gut laufen wird, und man richtet seine Züge danach aus. Läuft die Sache dann tatsächlich gut, macht man einen gewaltigen Gewinn. Hält das Glück nicht an, nun, dann ist man eben den Weg gegangen, der die größte Wahrscheinlichkeit für sich hatte.
    Das Mädchen hatte an dem Abend diese Art von Glück. Sie stellte die richtigen Vermutungen über Gurgehs Steine an und nahm ihm mehrere starke Perlen in schwachen Verkleidungen. Sie sah Züge voraus, die er in den Vorhersagekugeln verschlossen hatte, und sie ignorierte seine verlockenden Fallen und Finten.
    Irgendwie kämpfte er weiter, begegnete jedem Angriff mit verzweifelten, improvisierten Verteidigungen, aber das waren rein taktische Maßnahmen, zu sehr aus dem Stegreif getroffen. Er bekam keine Zeit, eine Aufstellung zu entwickeln oder eine Strategie zu planen. Er reagierte, folgte, antwortete. Er hätte lieber die Initiative gehabt.
    Es dauerte einige Zeit, bis ihm klar wurde, wie tollkühn das Mädchen war. Sie strebte ein Volles Gitter an, die gleichzeitige Wegnahme von jedem noch übrigen Stein im Spielraum. Sie versuchte nicht einfach zu gewinnen, sie wollte einen Coup landen, der nur einer Hand voll der größten Spieler jemals gelungen war, und soviel Gurgeh wusste, gehörte keiner von ihnen zur Kultur. Gurgeh konnte es kaum glauben, aber genau das hatte sie vor. Sie unterminierte die Position von Steinen, ohne sie wegzunehmen, dann zog sie sich wieder zurück. Sie drang in die Gassen seiner Schwächen ein und wartete dort ab.
    Natürlich bot sie ihm damit eine Chance zum Kontern, zu einem noch größeren Sieg und sogar zu dem sensationellen Ergebnis, das sie selbst erzielen wollte, wenn seine Hoffnung darauf auch bei weitem geringer war. Aber dieses Selbstvertrauen! Die Erfahrung, ja, die Arroganz, die hinter einem solchen Vorgehen steckten!
    Er betrachtete das schmächtige Mädchen mit dem ruhigen Gesicht durch das Gitter dünner Drähte und kleiner, darin aufgehängter Kugeln und konnte nicht umhin, ihren Ehrgeiz, ihre überragenden Fähigkeiten und ihr Selbstbewusstsein zu bewundern. Sie spielte für die große Geste und für die Galerie. Sie wollte sich nicht mit einem schlichten Sieg zufrieden geben, ungeachtet der Tatsache, dass es ein Sieg über einen berühmten, geachteten Spieler wäre. Und Boruelal hatte gemeint, sie könne sich von ihm eingeschüchtert fühlen! Nun, gut für sie.
    Gurgeh beugte sich vor, kratzte sich den Bart, vergaß die Leute, die sich jetzt auf dem Balkon drängten und ihnen stumm zusahen.
    Irgendwie kämpfte er

Weitere Kostenlose Bücher