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Das Kultur-Spiel

Das Kultur-Spiel

Titel: Das Kultur-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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anderen.
    »Natürlich sind sie das«, sagte Livueta. »Sie haben keine Nerven und Gehirne, nicht wahr?«
    »Das meine ich nicht«, entgegnete er und zerknüllte das Blatt zwischen den Händen. »Ich meine, sie sind eine blöde Erfindung. Diese Verschwendung in jedem Herbst! Wenn ein Baum seine Blätter behielte, brauchte er sich nicht immer wieder neue wachsen zu lassen; ein solches Exemplar würde größer werden als alle anderen, es wäre der König der Bäume.«
    »Aber die Blätter sind schön«, bemerkte Darckense.
    Elethiomel schüttelte den Kopf und tauschte einen Blick mit Cheradenine. »Mädchen!«, schnaubte er und lachte.
     
    Er hatte vergessen, welches andere Wort es für Krater gab; es gab noch ein anderes Wort für Krater, für einen großen vulkanischen Krater; ganz bestimmt gab es noch ein anderes Wort, ohne Zweifel und mit Sicherheit gab ein anderes Wort dafür. Ich habe es nur für ein paar Minuten hier abgelegt, dachte er, und irgendein Schwein hat es geklaut, so ein Mistvieh… Wenn ich es nur wieder finden würde… Vor ein paar Minuten habe ich es hier abgelegt…
    Wo war der Vulkan?
    Der Vulkan war auf einer großen Insel auf einem Binnenmeer, irgendwo.
    Er ließ den Blick ringsum über die fernen Höhen der Kraterwände schweifen und versuchte sich zu erinnern, wo dieses Irgendwo war. Wenn er sich bewegte, tat ihm die Schulter weh, wo ihn einer der Räuber mit dem Messer erwischt hatte. Er hatte versucht, die Wunde zu schützen, indem er die Wolken von Fliegen verscheucht hatte, aber es war ziemlich sicher, dass sie bereits ihre Eier dort abgelegt hatten.
    (Nicht zu dicht beim Herzen; immerhin trug er sie noch immer dort, und es würde eine Weile dauern, bis die Zerstörung so weit fortgeschritten war. Bis dahin wäre er tot, bevor sie ihren Weg zu seinem Herzen und zu ihr finden würden.)
    Aber warum nicht? Nur zu, seid mir willkommen, kleine Maden, tut euch gütlich, nehmt reichlich; sehr wahrscheinlich bin ich sowieso tot, bis ihr ausschlüpft, und ich erspare euch den Schmerz und die Pein meiner Versuche, euch herauszukratzen… Liebe kleine Maden, süße kleine Maden. (Süßes kleines Ich; ich bin derjenige, der aufgegessen wird.)
    Er hielt inne und dachte über den Teich nach, die kleine Pfütze, die er umkreiste wie ein gefangener Felsen. Er befand sich an der tiefsten Stelle einer kleinen Senke, und es schien ihm, als versuche er ständig, von dem stinkenden Wasser und dem Schlamm wegzukommen wie auch von den Fliegen, die um ihn herumwimmelten, und dem Vogelkot, durch den er andauernd kroch… Er schaffte es nicht; offenbar landete er aus irgendeinem Grund immer wieder hier, aber er dachte viel ans Wegkommen.
    Der Teich war flach, verschlammt, steinig und stinkig; er war über das normale Maß hinaus widerlich und faulig und aufgebläht durch all den kranken Auswurf und das Blut, das er in ihn vergossen hatte; er wollte weggehen, weit, weit weg von ihm. Dann würde er einen Sturmtrupp von Himmelsbombern herschicken.
    Er kroch wieder weiter, schleppte sich um den Teich herum, scheuchte Kotkügelchen und Insekten auf und schwenkte an einer Stelle in Richtung See ab, dann kam er zurück, zurück an den Punkt, von dem er ausgegangen war; er hielt an und starrte gebannt auf den Teich und den Felsen.
    Was hatte er getan?
    Den Einheimischen geholfen, wie gewöhnlich. Als ehrlicher Berater, der die Übergeschnappten im Zaum und die Leute bei Laune hielt; später wurde er Anführer einer kleinen Armee. Doch sie hatten vermutet, dass er sie betrügen und die von ihm ausgebildete Armee als Basis für seine eigene Macht benutzen würde. So geschah es, dass ausgerechnet am Abend ihres Sieges, genau zu der Stunde, als sie endlich das Allerheiligste stürmen wollten, sie auch einen Schlag gegen ihn durchführten.
    Man hatte ihn in den Verbrennungsraum gebracht und nackt ausgezogen; er hatte entkommen können, doch Soldaten kamen die Treppe heruntergepoltert, und er musste in eine andere Richtung davonrennen. Er war gezwungen, in den Fluss auszuweichen, da sie ihn eingekesselt hatten. Beim Untertauchen wäre er fast ohnmächtig geworden. Die Strömung erfasste ihn, und er trieb träge wirbelnd dahin…
     
    Er erwachte am Morgen, unter dem Kurbelhaus auf einer großen Flussschaluppe; er hatte keine Ahnung, wie er dorthin geraten war. Das Schiff zog ein Seil hinter sich her, das von der Reling ins Wasser hing, und er konnte nur vermuten, dass er daran hochgeklettert war. Sein Kopf schmerzte.
    Er nahm

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