Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Kultur-Spiel

Das Kultur-Spiel

Titel: Das Kultur-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
Vom Netzwerk:
haben Menschen es noch nie für nötig gehalten, eine Rechtfertigung zu suchen, um eine andere Spezies als minderwertig anzusehen.«
    Beychae schwieg eine Weile, dann sagte er: »Zakalwe, ist es dir jemals in den Sinn gekommen, dass die Kultur an all diesen Dingen nicht so uninteressiert sein könnte, wie du es dir vorstellst und wie sie behauptet?«
    »Nein, das ist mir nie in den Sinn gekommen«, sagte er, obwohl Beychae den Eindruck hatte, dass der Mann geantwortet hatte, ohne zuvor nachzudenken.
    »Sie möchten, dass alle so sind wie sie selbst, Cheradenine. Sie betreiben keine Gebietsumwandlung, also wollen sie auch nicht, dass andere es tun. Es gibt auch Argumente dafür, weißt du; eine wachsende Vielfalt der Spezies erscheint den Leuten oft wichtiger als die Erhaltung einer unverdorbenen Wildnis, auch ohne die Schaffung von neuem Lebensraum. Die Kultur glaubt felsenfest an das Empfindungsvermögen der Maschinen, deshalb meinen sie, alle anderen müssten auch daran glauben, aber ich nehme an, sie sind außerdem der Ansicht, dass jede Zivilisation von ihren Maschinen geleitet werden sollte. Das wollen erheblich weniger Leute. Der Gedanke einer speziesübergreifenden Toleranz ist – das gebe ich zu – wieder etwas anderes, aber selbst in dieser Hinsicht scheint die Kultur manchmal darauf zu beharren, dass eine gezielte Vermischung nicht nur geduldet werden kann, sondern sogar wünschenswert ist, fast eine Pflicht. Und wieder: Wer kann sagen, dass das richtig ist?«
    »Man braucht also einen Krieg… Wofür? Um die Luft zu reinigen?« Er betrachtete den Helm des Anzugs.
    »Nein, Cheradenine, ich möchte dir nur zu bedenken geben, dass die Kultur nicht ganz so objektiv ist, wie sie selbst glaubt zu sein, und wenn das der Fall ist, dann ist ihre Einschätzung hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit eines Krieges gleichermaßen fragwürdig.«
    »Es finden zur Zeit auf einem Dutzend Planeten kleinere Kriege statt, Tsoldrin. Die Leute sprechen in aller Öffentlichkeit vom Krieg, entweder von den Möglichkeiten, ihn zu vermeiden, oder davon, wie er eingegrenzt werden könnte oder wie es vielleicht nicht dazu kommen könnte… Aber er wird kommen, das riecht man. Du solltest mal die Nachrichtensendungen empfangen, Tsoldrin. Dann weißt du Bescheid.«
    »Nun, dann ist der Krieg also unvermeidlich«, sagte Beychae und blickte über die bewaldete Ebene und die Hügel jenseits des Observatoriums. »Vielleicht ist es nur eine Frage… der Zeit.«
    »Quatsch«, sagte er. Beychae sah ihn erstaunt an. »Es gibt eine Redeweise: ›Der Krieg ist eine lange Klippe.‹ Man kann der Klippe ganz ausweichen, man kann an ihrer Kante entlanggehen, solange man die Nerven dazu hat, man kann sich sogar dafür entscheiden hinunterzuspringen, und wenn man nur ein kurzes Stück fällt, bevor man an einem Vorsprung hängen bleibt, dann kann man wieder hinaufklettern. Wenn man nicht schlichtweg von einer Invasion überfallen wird, gibt es immer die Wahl unter mehreren Möglichkeiten, und selbst dann gibt es wahrscheinlich etwas, das einem entgangen ist – eine Wahl, die man nicht getroffen hat –, wodurch die Invasion von vornherein vermieden worden wäre. Ihr Leute habt noch immer die Wahl. Es steht noch nichts unausweichlich fest.«
    »Zakalwe«, sagte Beychae. »Du überraschst mich. Ich hatte gedacht, du…«
    »Du hast gedacht, ich befürworte den Krieg?«, unterbrach er ihn, während er aufstand und ein kleines trauriges Lächeln seine Lippen umspielte. Er legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Du hast deine Nase zu lange in Bücher gesteckt, Tsoldrin.« Er entfernte sich, vorbei an den steinernen Gerätschaften. Beychae senkte den Blick auf den Helm, der auf den Steinplatten lag, dann folgte er ihm.
    »Du hast Recht, Zakalwe. Der Lauf der Dinge geht schon seit langem an mir vorbei. Ich kenne vermutlich nicht einmal die Hälfte der Leute, die heutzutage an der Macht sind, und weiß nicht, welche Politik gemacht wird und wie die Balance zwischen den verschiedenen Bündnissen aussieht… Also kann sich die Kultur doch wohl kaum in einer so verzweifelten Lage befinden, dass sie glaubt, ausgerechnet ich könnte eine Veränderung der wie immer gearteten Verhältnisse bewirken, oder?«
    Er drehte sich um und sah Beychae ins Gesicht. »Tsoldrin, die Wahrheit ist, dass ich es nicht weiß. Denke nicht, ich hätte über all das nicht auch nachgedacht. Es könnte sein, dass du – als Symbol sozusagen – wirklich der entscheidende Faktor sein

Weitere Kostenlose Bücher