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Das Kultur-Spiel

Das Kultur-Spiel

Titel: Das Kultur-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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gesagt und sich eine schreckliche Erinnerungslast aufgeladen, und all die Namen, die ihn vielleicht begraben würden…
    »Bleiben Sie unten«, sagte er ruhig. »Der Schlag ist jetzt überflüssig geworden.« Er legte den Handapparat weg und verließ schnell den Raum, huschte über die Hintertreppe, weg vom Haupteingang zu seinen Gemächern, wo er bereits Tumult hörte.
    Weitere Explosionen erschütterten die Zitadelle und wirbelten rings um ihn herum Staub auf, während die Blendmauer immer wieder bebte. Er fragte sich, wie es wohl in den regionalen Hauptquartieren sein mochte, auf welche Weise sie fallen mochten und ob der Angriff zur Gefangennahme der Hohepriester tatsächlich so unblutig verlaufen würde, wie Sma gehofft hatte. Doch noch während er sich Gedanken darüber machte, wurde ihm bewusst, dass es ihm eigentlich inzwischen gleichgültig geworden war.
    Er verließ die Zitadelle durch einen Hinterausgang und betrat die große freie Fläche des Promenadeplatzes. Die kleinen Feuer brannten noch immer vor den Zelten der Flüchtlinge. In der Ferne schwebten Wolken aus Staub und Rauch langsam in den grauen Morgenhimmel über der Blendmauer. Er konnte von seinem Standpunkt aus einige Lücken in der Mauer erkennen. Die Leute in den Zelten wachten allmählich auf und kamen heraus. Von den Mauern der Zitadelle hinter und über ihm hörte er das Knallen von Gewehrschüssen.
    Ein schwereres Geschoss wurde von der durchbrochenen Blendmauer her abgefeuert; eine gewaltige Explosion erschütterte den Boden und riss ein großes Loch in das Felsmassiv der Zitadelle; eine Lawine aus Stein donnerte auf den Paradeplatz und begrub ein Dutzend Zelte unter sich. Er fragte sich, welche Art von Munition der Panzer wohl abfeuern mochte; er schätzte, dass es sich um etwas handelte, das sie bis heute Morgen noch nicht gehabt hatten.
    Er ging weiter in die Zeltstadt hinein, während immer mehr Leute erschienen, die sich den Schlaf aus den Augen blinzelten. Vereinzelte Schüsse kamen weiterhin von verschiedenen Stellen der Zitadelle; die gewaltige Staubwolke rollte von dem großen Durchbruch, wo die hohe Mauer eingestürzt war, über den Paradeplatz. Ein weiterer Schuss wurde in der Nähe der Blendmauer abgegeben; eine weitere bodenerschütternde Detonation folgte, die eine ganze Seite der Zitadelle zum Einstürzen brachte; die Steine wurden aus der Mauer geschleudert und polterten in ihrem eigenen Staub weiter, als ob sie erleichtert wären, wieder zur Erde zurückkehren zu dürfen.
    Das Feuer von den Brustwehren der Zitadelle hatte etwas nachgelassen, während sich der Staub verzog und das Morgengrauen langsam heller wurde und die verängstigten Leute sich vor den Zelten aneinander klammerten. Unterdessen wurde von den durchbrochenen Ringmauern aus heftig weitergeschossen, ebenso wie vom Paradeplatz im Innern der Zeltstadt aus.
    Er ging weiter. Niemand hielt ihn auf; offenbar nahm kaum jemand von ihm Notiz. Er sah, wie Soldaten zu seiner Rechten von der Ringmauer stürzten und in den Staub fielen. Er sah die Leute kreuz und quer durcheinander rennen. Er sah die Soldaten der Imperiums-Armee, die in der Ferne auf einem Panzer näher rückten.
    Er wanderte durch die in Gruppen zusammenstehenden Zelte, ging rennenden Leuten aus dem Weg, sprang mit weiten Schritten über einige der schwelenden Feuer. Die großen Durchbrüche in der Ringmauer und der Zitadelle selbst rauchten im zunehmenden grauen Licht, das soeben anfing, Farbe anzunehmen, da der Himmel rosarot und blau loderte.
    Manchmal glaubte er unter den Leuten, die an ihm vorbeiströmten, Babies umklammernd und Kinder hinter sich herziehend, jemanden zu entdecken, den er kannte, und mehrfach war er drauf und dran, sich umzudrehen und eine Person anzusprechen, die Hand auszustrecken, um den Sturm von Gesichtern, die an ihm vorbeihuschten, aufzuhalten, ihnen etwas zuzurufen…
    Plötzlich dröhnten Flugzeuge über dem Ganzen, zerrissen die Luft über der Ringmauer und ließen zylindrische Gebilde auf die Zelte fallen, die in Flammen und sehr schwarzem Rauch aufgingen. Er sah brennende Menschen, hörte Schreie, roch verbranntes Fleisch. Er schüttelte den Kopf.
    Entsetzte Leute rempelten ihn an, prallten gegen ihn, warfen ihn einmal sogar um; er musste Stöße und schrille Rufe und Schreie und Flüche aushalten. Die Flugzeuge kamen im Tiefflug zurück, und er war der Einzige, der aufrecht blieb und weiterging, während alle anderen sich zu Boden warfen. Er beobachtete Wirbel und

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