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Das Kultur-Spiel

Das Kultur-Spiel

Titel: Das Kultur-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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Haus zu zielen, und endlich sah er, wie es hochgehoben wurde und in der Luft explodierte. Die Trümmer gingen rings um den Panzer nieder; Erde und Holz und zerfetzte Strohbündel regneten herab.
    Die Nacht unter dem Bunker war warm und drückend, da die Tageshitze durch das Gewicht der Wolken darüber eingefangen und zu Boden gedrückt wurde und an der Haut des Landes klebte wie ein schweißgetränktes Hemd. Vielleicht drehte der Wind, denn er glaubte, den Geruch von Gras und Heu in der Luft wahrzunehmen, der hunderte von Kilometer weit von der weiten Prärie ins Land getrieben worden war, von einem längst erlahmten Wind, sodass der alte Duft allmählich abgestanden roch. Er schloss die Augen und lehnte die Stirn an die raue Betonwand des Bunkers, unter dem Schlitz, durch den er gespäht hatte; seine Finger auf der harten, körnigen Oberfläche waren leicht gespreizt, und er spürte, wie sich das warme Material in sein Fleisch drückte.
    Manchmal wünschte er sich nichts anderes, als dass alles vorbei wäre, und zu diesem Ziel wäre ihm offenbar jeder Weg recht gewesen. Das Ende war das Entscheidende, einfach und anspruchsvoll und verführerisch, und so ziemlich alles wert. Das brachte seine Gedanken auf Darckense, gefangen auf dem Schiff, festgehalten von Elethiomel. Er wusste, dass sie ihren Vetter nicht mehr liebte; das war eine flüchtige Episode der Jugend gewesen, etwas, das sie in der Pubertät gebraucht hatte, um der Familie eine vermeintliche Kränkung heimzuzahlen, da diese ihrer Meinung nach Livueta den Vorzug gab. Es mag ihr damals wie Liebe vorgekommen sein, doch er vermutete, sie wusste inzwischen auch, dass es nicht so war. Er glaubte, dass Darckense in Wirklichkeit eine widerwillige Geisel war; viele Leute waren überrumpelt worden, als Elethiomel die Stadt angriff; allein die Schnelligkeit des Überfalls hatte die Hälfte der Bevölkerung in die Falle gehen lassen, und Darckense hatte das Pech gehabt, bei dem Versuch erwischt zu werden, sich im Chaos des Flughafens aus dem Staub zu machen; Elethiomel hatte Agenten zur Überwachung auf sie angesetzt.
    Ihretwegen musste er also den Kampf fortsetzen, obwohl sich der Hass gegen Elethiomel in seinem Herzen beinahe erschöpft hatte, der Hass, der ihn während der vergangenen Jahre zum Kampf getrieben hatte, der sich jetzt aber dem Ende zuneigte, einfach abgenutzt durch den zermürbenden Verlauf des langen Krieges.
    Wie konnte Elethiomel so etwas tun? Selbst wenn er sie nicht mehr liebte – und das Ungeheuer behauptete, dass Livueta seine wirkliche Leidenschaft sei –, wie konnte er sie benutzen wie eins von vielen Projektilen, die in dem höhlenartigen Magazin des Schlachtschiffes lagerten?
    Und was wurde von ihm als Reaktion darauf erwartet? Sollte er Livueta gegen Elethiomel benutzen? Sich auf die gleiche Ebene der schlitzohrigen Grausamkeit herablassen?
    Bereits jetzt gab Livueta ihm, nicht Elethiomel, die Schuld an allem, was passiert war. Was sollte er nur tun? Sich ergeben? Schwester gegen Schwester austauschen? Einen wahnwitzigen, verhängnisvollen Fluchtversuch unternehmen? Schlichtweg angreifen?
    Er hatte versucht zu erklären, dass nur eine lange Belagerung einen Erfolg garantieren könnte, doch er hatte seine Argumente so oft vorgebracht, dass er sich allmählich fragte, ob er Recht hatte.
    »Sir?«
    Er drehte sich um und sah die dunklen Gestalten der Kommandeure hinter sich. »Was ist?«, fragte er unwirsch.
    »Sir« – es war Swaels – »Sir, vielleicht sollten wir uns jetzt auf den Weg machen, zurück zum Hauptquartier. Die Wolke zieht von Osten heran, und es ist nicht mehr lang bis zum Morgengrauen… Es ist nicht gut, wenn wir zwischen den niedrigen Rängen angetroffen werden.«
    »Das weiß ich«, sagte er. Er sah hinaus auf die dunklen Umrisse der Staberinde und spürte, wie er leicht zusammenzuckte, als ob er erwartete, dass sie aus ihren riesigen Kanonen flammende Geschosse schleudern würde, direkt auf ihn. Er zog eine Metallabdeckung über den Schlitz im Beton. Eine Sekunde lang war es sehr dunkel im Bunker, dann knipste jemand das grelle gelbe Licht an, und sie alle standen da und blinzelten in die Helligkeit.
     
    Sie verließen den Bunker; der lange Konvoi von gepanzerten Mannschaftswagen wartete in der Dunkelheit. Eine gemischte Gruppe von Ordonnanzen und jungen Offizieren nahm zackig Haltung an, rückte Mützen zurecht, salutierte und öffnete Türen.
    Er stieg in den Wagen und nahm auf der mit einem Fell bedeckten hinteren

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