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Das Kultur-Spiel

Das Kultur-Spiel

Titel: Das Kultur-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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bei so etwas muss man vorsichtig sein. Unsere azadischen Freunde kommen nicht darüber hinweg, dass wir gar keine Flagge, kein Symbol haben, und der hiesige Vertreter der Kultur – Sie werden ihn heute Abend kennen lernen, wenn er nicht vergisst, sich zu zeigen – meinte, es sei zu schade, dass die Musikkapellen hier keine Kultur-Hymne spielen können, wenn unsere Leute herkommen. Deshalb pfiff er ihnen das erste Lied vor, das ihm in den Sinn kam, und das haben sie in den letzten acht Jahren bei Empfängen und Zeremonien gespielt.«
    »Ich dachte doch, eine der Melodien zu erkennen«, räumte Gurgeh ein.
    Der Roboter hob seine Arme an und nahm weitere Verbesserungen vor. »Ja, aber das erste Lied, das dem Mann einfiel, war ›Ihr könnt mich mal‹. Kennen Sie den Text?«
    »Ah.« Gurgeh grinste. »Das Lied. Ja, das könnte peinlich werden.«
    »Und ob! Wenn sie es herausfinden, werden sie uns wahrscheinlich den Krieg erklären. Der übliche Kontakt-Missgriff.«
    Gurgeh lachte. »Und ich habe immer geglaubt, Kontakt sei so gut organisiert.« Er schüttelte den Kopf.
    »Schön zu wissen, dass etwas funktioniert«, murmelte der Roboter.
    »Nun, ihr habt dieses ganze Imperium sieben Jahrzehnte lang geheim gehalten. Das hat auch funktioniert.«
    »Das war mehr Glück als Verstand«, sagte Flere-Imsaho. Er schwebte nach vorn, überprüfte die Robe. »Wollen Sie wirklich Insignien haben? Wir könnten welche improvisieren, wenn Sie sich dann glücklicher fühlen.«
    »Bemühen Sie sich nicht.«
    »Auch gut. Wir werden Ihren vollen Namen benutzen, wenn Sie heute Abend beim Ball angekündigt werden; er klingt einigermaßen eindrucksvoll. Die Leute hier können nicht begreifen, dass es bei uns keinen Rang gibt. Sie werden deshalb vielleicht ›Morat‹ als eine Art Titel benutzen.« Der kleine Roboter senkte sich herab und befestigte einen losen Goldfaden am Saum. »Letzten Endes ist das nur gut; sie sind, was die Kultur betrifft, sozusagen blind, nur weil es unmöglich ist, die Kultur in ihren eigenen hierarchischen Begriffen zu definieren. Sie nehmen uns nicht ernst.«
    »Was für eine Überraschung.«
    »Hmm. Ich habe das Gefühl, das ist alles Teil eines Plans. Sogar dieser pflichtvergessene Vertreter – Verzeihung, Gesandter – ist darin einbezogen. Sie auch, glaube ich.«
    »Glauben Sie?«, fragte Gurgeh.
    »Sie werden aufgebaut, Gurgeh.« Der Roboter stieg bis zu seinem Kopf hoch und bürstete ihm das Haar ein bisschen zurück. Gurgeh wiederum fegte das lästige Feld von seiner Stirn. »Kontakt hat dem Imperium mitgeteilt, Sie seien ein As von einem Spieler, und man rechne damit, dass Sie bis auf die Oberst-Bischof-Juniorminister-Ebene aufsteigen werden.«
    »Was?«, rief Gurgeh entsetzt. »So hat man es mir nicht erzählt!«
    »Mir auch nicht«, sagte der Roboter. »Ich habe es von allein herausgefunden, als ich mir vor einer Stunde eine Nachrichten-Zusammenfassung angesehen habe. Man benutzt Sie, Mann. Kontakt will das Imperium in die Irre führen und verwendet Sie zu diesem Zweck. Zuerst beunruhigt man die Leute hier, indem man ihnen erzählt, Sie könnten ihre besten Spieler schlagen, und dann, wenn Sie – wie es wahrscheinlich kommen wird – in der ersten Runde ausscheiden, hat man das Kaiserreich in der Meinung bestärkt, die Kultur sei nichts als ein Witz. Wir verstehen überhaupt nichts, wir sind leicht zu demütigen.«
    Gurgeh sah den Roboter mit zusammengekniffenen Augen an. »In der ersten Runde, meinen Sie?«, fragte er.
    »Oh. Verzeihung.« Der kleine Roboter wackelte ein bisschen in der Luft. Er wirkte verlegen. »Sind Sie beleidigt? Ich bin davon ausgegangen… nun, ich habe Sie spielen sehen… ich meine…« Er verstummte.
    Gurgeh zog die schwere Robe aus und ließ sie auf den Fußboden fallen. »Ich werde ein Bad nehmen«, verkündete er. Die Maschine zögerte, dann hob sie die Robe auf und verließ die Kabine schnell. Gurgeh setzte sich auf die Bettkante und kratzte sich den Bart.
    Tatsächlich hatte die Maschine ihn nicht beleidigt. Er hatte seine eigenen Geheimnisse; er war sicher, dass er in dem Spiel besser abschneiden würde, als Kontakt erwartete. In den letzten hundert Tagen auf der Begrenzungsfaktor hatte er nicht sein Bestes gegeben. Zwar hatte er nicht versucht zu verlieren und nicht absichtlich Fehler gemacht, aber er hatte sich auch nicht so konzentriert, wie er es bei den kommenden Spielen zu tun beabsichtigte.
    Er wusste selbst nicht genau, warum er sich verstellte. Doch irgendwie

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